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Pestizidprozess: Entscheidung über Klage gegen Geschäftsführer des oekom verlags wird weiterhin erwartet

Nach der Verhandlung über eine mögliche Anklageerhebung gegen den Geschäftsführer des oekom verlags, Jacob Radloff, sowie mehrere Vorstandsmitglieder des Umweltinstituts München steht das Ergebnis noch aus. Es bleibt also abzuwarten, ob sich neben oekom-Autor Alexander Schiebel (»Das Wunder von Mals«) und Karl Bär, Agrarreferent am Münchner Umweltinstitut, weitere Personen im sogenannten »Pestizidprozess« vor Gericht verantworten müssen. ­­­­­ ­­­­ ­

Schiebel, Radloff und das Umweltinstitut München waren bereits 2017 aufgrund ihrer Kritik am Pestizideinsatz im Südtiroler Apfelanbau vom Südtiroler Landesrat für Landwirtschaft und damaligen stellvertretenden Landeshauptmann Arnold Schuler angezeigt worden. Während gegen Alexander Schiebel und Karl Bär vom Umweltinstitut inzwischen Klage wegen übler Nachrede erhoben wurde, hatte die Staatsanwaltschaft Bozen im Falle aller übrigen Anzeigen zunächst einen Antrag auf Einstellung aus Mangel an Beweisen für die von den Klägern unterstellte Mittäterschaft an »erschwerter Verleumdung« gestellt. Landesrat Schuler legte dagegen Widerspruch ein, weshalb es am heutigen Tag vor Gericht in Bozen zu einer Anhörung kam.

Jacob Radloff gab heute vor Gericht eine spontane persönliche Erklärung ab. Darin bewertet er die Anzeige gegen die Beklagten als schweren Angriff auf die Meinungsfreiheit: »Ich stehe voll und ganz zu meiner Verantwortung als Verleger, aber ich verstehe beim besten Willen nicht, warum ich hier in Bozen vor Gericht stehen soll. Die Entscheidung, die Diskussion über Südtirols Pestizidproblem auf die juristische Ebene zu verlagern, ist mir vollkommen unverständlich.«

Radloff später zur Verhandlung: »Mein Beruf als Verleger birgt viele Risiken, und schon oft musste ich mich damit auseinandersetzen – seien es ökonomische Risiken oder ideologische Auseinandersetzungen – aber noch nie in all den Jahren musste ich mich vor Gericht dafür verantworten. Alexander Schiebel geht es in seinem Buch eigentlich um eine politische Frage, nämlich wie Landwirtschaft ohne gravierende Schäden für Mensch und Umwelt gestaltet werden kann. Wie wir mit dieser uns alle betreffenden Frage umgehen, sollte Bestandteil der demokratischen Auseinandersetzung sein – und nicht in Strafprozessen verhandelt werden.«

Ebenfalls zur Verhandlung am Bozener Landesgericht stand heute, ob auch gegen aktive und ehemalige Vorstände des Umweltinstituts München Anklage erhoben wird. Das Umweltinstitut initiierte im Jahr 2017 eine öffentlichkeitswirksame Kampagne zur Aufklärung über den hohen Pestizideinsatz in Südtirol, auf die Landesrat Arnold Schuler und über 1300 Obstbauern aus der Region mit Anzeigen wegen übler Nachrede reagierten. Auch in diesen Fällen steht die Entscheidung des Gerichts aus.

Den Betroffenen der »Pestizidprozesse« in Bozen drohen bei einer Niederlage nicht nur eine Haft- oder Geldstrafe, sondern auch mögliche Schadensersatzforderungen von der Landesregierung und den Nebenklägern in Millionenhöhe und damit der finanzielle Ruin.

­In seinem Buch »Das Wunder von Mals. Wie ein Dorf der Agrarindustrie die Stirn bietet« stellt Alexander Schiebel die Vordenker*innen, Aktivist*innen und Bio-Landwirt*innen aus Mals vor und begleitet aus dokumentarischer wie persönlicher Sicht die Geschichte ihres Kampfes für eine pestizidfreie Gemeinde. Bis heute ist ihm eines völlig unverständlich: Warum werden die Menschen in Mals, die pestizidfrei leben und umweltschädigende Produktionsweisen nicht hinnehmen wollen und vor Ort aktiv nach zukunftsweisenden Alternativen suchen, mit so viel Aufwand bekämpft? ­­­­­ ­­­­

­Alexander Schiebel: »Das Wunder von Mals. Wie ein Dorf der Agrarindustrie die Stirn bietet«, 256 S., Softcover, ISBN: 978-3-96006-014-7, 19 Euro / 19,60 Euro (A). Auch als E-Book verfügbar. ­­­

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