Bauen & Wohnen

Digitale Preisverleihung würdigt die Preisträger 2020

In diesem Jahr ist alles anders: Vieles kann leider nicht wie gewohnt als Präsenzveranstaltung, sondern meist „nur“ digital durchgeführt werden. Auch Heinze hatte eine große Preisverleihung im Rahmen des jährlich stattfindenden Heinze ArchitekTOUR Kongresses geplant. Situationsbedingt konnte auch diese nur virtuell, aber dennoch in einem feierlichen Rahmen stattfinden.

Die Preisverleihung fand auch digital regen Anklang und war nicht weniger emotional – mit „goldenen“ Trophäen und viel Lob von der Jury.

Die Preise und die Jury

Bevor die Preisträger im Folgenden ausführlich vorgestellt werden, gibt es einen kurzen Rückblick.

Ende September kam die Jury – Titus Bernhard, Alexander Bonte und Jan Kleihues – in herrlicher Location direkt an der Spree in Berlin zusammen und diskutierte über die insgesamt hohe Qualität der Einreichungen, die ihnen ihre Entscheidungen nicht einfacher machten.

40.000 Euro Gesamtpreisgeld wurden ausgelobt, die an insgesamt 15 Preisträger vergeben wurden: sechs AWARD-Preise im Bereich Wohnungsbau, einen Sonderpreis Nachhaltigkeit, der von SenerTec unterstützt wurde. Darüber hinaus wurden drei Nachwuchspreise für Studierende verliehen.

Eine Fachjury, die sich aus den BIM-Experten Dipl.-Ing. Hanns Ziegler von Staab Architekten, Peter Knoch von der ECM Spectrum GmbH und Nils Krause von hammeskrause Architekten zusammensetzte, entschied über die beiden Sonderpreise BIM, die Gira gesponsert hatte.

Neben der Jury hatte Heinze auch die Besucher auf heinze.de aufgefordert, mit ihrem Voting für die schönsten Objekte abzustimmen – und zwar über die drei Publikumssieger.

Es ist ein schwieriges Jahr und gerade darum freuen wir uns ganz besonders über die rege Beteiligung und danken den Sponsoren Gira, Roma, Salto Systems, SenerTec und Wicona für ihre Unterstützung des Heinze ArchitektenAWARDs sowie allen Teilnehmern für ihre tollen und einzigartigen Projekte.

Sieger der Kategorie "Einfamilien- und Zweifamilienhäuser"

Messner

noa* network of architecture

Jurybegründung

„Den Dialog mit der Tradition suchen, sich aber gleichzeitig von ihr lösen, um die eigene Identität, eine neue Lebensweise und einen neuen Wohnraum zu definieren. Inspiriert durch Erinnerungen an eine Kindheit im Hochgebirge.“ So beschreibt der Architekt Stefan Rier, der zusammen mit Lukas Rungger das Büro noa* gegründet hat, den Entwurfsansatz zu seinem eigenen Haus am Fuße der Seiser Alm in Völs am Schlern in Südtirol. Aus dieser geradezu klassischen „Querelle des Anciens et des Modernes“ gelingt den Architekten im Ringen zwischen Tradition und persönlichem Ausdruck ein schier unmöglicher Spagat. Es ist ein architektonischer Wurf, dessen außerordentliche Qualität und intellektuelle Raffinesse sich tatsächlich erst auf den zweiten Blick erschließt. Dieses Haus verbindet Bescheidenheit und Einfachheit in der Anmutung mit schwelgerischem Luxus und Reichtum in der Raumerfindung. Eine präzise, folgerichtige städtebauliche Einfügung verbindet sich mit einer spielerischen, opulenten, ja extravaganten Ausstattung. Dabei gestalten die Architekten dieses Spannungsfeld divergierender Kräfte nicht als einfache Dichotomie zwischen innen und außen. Vielmehr drängen die frei im Raum aufgehängten Kammern des Innenraums in den Zwischenraum der membranartig umgedeuteten Holzkonstruktion der Fassade des Stadels. Im Inneren des auf diese Weise über vier Geschosse frei sich aufspannenden Innenraums wandert das Auge zwischen theatralisch drapierten Vorhängen über mannigfaltige wie Objekte inszenierte Ausstattungselemente, welche die Architekten als Reminiszenzen verstanden wissen wollen. Auch hier kontrastieren die Logik und Stringenz der Rauminszenierung mit dem sentimentalen, manchmal auch fast manierierten Gehalt der Objekte. Da das Haus einen Vorgängerbau ersetzt, ist dieses Einfamilienhaus auch kein Landfresser, sondern tatsächlich eine lebendige und eigenständige Fortschreibung der überlieferten Südtiroler Bautradition. Die als einfache Holzkonstruktion errichtete Baufigur fügt sich nahtlos in ihre Umgebung ein.

Die Jury versteht diese architektonische Tour de Force als Ringen um eine Individualität, die nicht auf Kosten der Gemeinschaft gehen will. Aller Eigenwilligkeit zum Trotz – oder vielmehr gerade hierdurch – ist ein Haus entstanden, welches eine allgemeine Relevanz und Beispielhaftigkeit erreicht. Dies ist den Heinze ArchitektenAWARD in der Kategorie „Einfamilien- und Zweifamilienhäuser" wert.
https://www.heinze.de/…

Sieger der Kategorie "Einfamilien- und Zweifamilienhäuser"

Seniorengerechtes Wohnen in einer ehemaligen Scheune

Karlheinz Beer Büro für Architektur und Stadtplanung

Jurybegründung

Sie werden kaum mehr genutzt und sind zunehmend vom Abriss bedroht: die alten Scheunen aus dem 19. Jahrhundert, die in der nördlichen Oberpfalz vielerorts bis heute den Charakter der Ortschaften prägen.

In der Stadt Kemnath ist es dem Architekten Karlheinz Beer auf faszinierende Art gelungen, eine dieser Natursteinscheunen langfristig durch eine Wohnnutzung zu sichern. Die Jury ist begeistert von der konzeptionellen Kühnheit und Stringenz, mit der der Architekt diese Neudefinition vollzogen hat.

Die neuen Wohnräume sind wie ein Haus im Haus als Holzständerbau in den Sandsteinbau eingesetzt. Dadurch wurde es zum einen möglich, die Scheune in ihrer Substanz, Detaillierung und ihrem Ausdruck würdiger Alterung unangetastet zu lassen. Zum anderen ist es gelungen, durch Eisspeicher, Wärmetauscher und hocheffiziente Dämmung des eingeschobenen Neubaus vollständig auf fossile Brennstoffe zu verzichten. Zwischen der Intarsie und den mächtigen Bestandsmauern der Scheune bilden sich beidseitig zwei längliche Räume ab, die sich nach außen und innen öffnen sowie Tageslicht über längslaufende Oberlichter erhalten. Durch diese loggienartige Raumkonstruktion entsteht eine ganz eigentümliche Beziehung zwischen innen und außen, welche den einmaligen Charme dieser ungewöhnlichen Lösung ausmacht.

Dieser einfache, intelligente und schöne Bau ist uns den Heinze ArchitektenAWARD in der Kategorie „Einfamilien- und Zweifamilienhäuser“ wert.

https://www.heinze.de/architekturobjekt/seniorengerechtes-wohnen-in-einer-ehemaligen-scheune/12816341/

Sieger der Kategorie "Mehrfamilienhäuser und Geschosswohnungsbauten"

Casa Rossa Chemnitz
bodensteiner fest Architekten BDA Stadtplaner PartGmbB

Jurybegründung

Im Jahr 1980 erschien der erste Band der Reihe „Das Berliner Mietshaus (1740–1989)“ der Architekturhistoriker Jonas Geist und Klaus Klüvers. Es ist keine Übertreibung zu behaupten, dass es dieser wissenschaftlichen Untersuchung zu verdanken ist, dass dieser Bautyp des 19. Jahrhunderts gegen die Anfeindungen der klassischen Moderne rehabilitiert werden konnte. Heute, noch einmal 40 Jahre später, beweisen uns die Architektin Annette Fest und der Architekt Christian Bodensteiner, wie zeitlos, universell und richtungweisend dieser Bautyp auch heute noch ist. Ihre einfache wie radikale Idee besteht darin, ein solch typisches Mietshaus in der Chemnitzer Gießerstraße von der nach Jahren der Vernachlässigung maroden Putzverkleidung zu befreien. Gewissermaßen „Stripped to the Bones” wird die faszinierende typologische Einfachheit und Klarheit des Gebäudes plötzlich wieder für unsere heutigen Augen lebendig. Die neue Fassung, bestehend aus einer hellen, transparenten Lasur des Ziegelmauerwerks, öffnet die Augen für die Würde dieses bald 300 Jahre alten Bautyps.  Auch bezogen auf die Grundrisse der Wohnungen erweist sich in der Neudefinition durch bodensteiner fest einmal mehr die unglaubliche Wandlungsfähigkeit und universelle Brauchbarkeit dieses Typs. Die Arbeit der Architekten besteht im Grunde lediglich darin, die wenigen Elemente dieses Bautyps in ihrer Wirkung und Funktion zu bestätigen: Die straßenseitige Fassade mit ihrer neuen Fassung, die tragende Mittelwand, welche hier die offenen „Bricklofts“ der Straßenseite von den verputzten Räumen der Hofseite trennt. Das faszinierende Treppenhaus, dessen Handwerkskunst durch den Verzicht auf eine Putzfassung sichtbar wird, und schließlich die Hoffassade, welche sich, wie immer bei diesem Bautyp, ganz der Funktion unterordnet: in diesem Fall einem energetisch anspruchsvollen Gesamtkonzept.

https://www.heinze.de/…

Sieger der Kategorie "Mehrfamilienhäuser und Geschosswohnungsbauten"

Wohn- und Geschäftshäuser an der Oststraße

Architekten Wannenmacher + Möller GmbH

Jurybegründung

Der Neubau der drei Wohn- und Geschäftshäuser an der Bielefelder Oststraße wirft für die Jury eine wichtige Frage auf: die Frage, was architektonische Qualität im eigentlichen Sinn ausmacht.

Dieses kleine Ensemble ist auf geradezu herausfordernde Weise unaufgeregt und selbstverständlich. Es ist gewissermaßen eine Architektur, die ganz bei sich selbst bleibt. Die Architekten Wannenmacher + Möller haben Häuser entworfen, bei denen sich das eine wie selbstverständlich aus dem anderen ergibt. Hier ist alles Haltung und nichts Pose. Es regiert kein ostentativer Gestaltungswille, sondern eine Sachlichkeit, die zwar nüchtern ist, jedoch keineswegs charakterlos wirkt. Die Sachlichkeit, also das Bemühen um die Sache, wird in jedem Detail spürbar: in der sauberen Setzung der drei Gebäude zueinander und zu dem umgebenden Stadtraum, in der sorgfältigen Disposition der Grundrisse und in der einfachen wie raffinierten Motivik der Fassade, in der aus einem einfachen Grundelement durch Reihung verschiedene Fenstergrößen und schließlich Fassadenbilder je nach Ausrichtung und Bedeutung abgebildet werden.

Wir erkennen eine konservative Architektur in dem Sinne, als sie Werte bewahren will und nicht die Bilder einer Geschichte. Sie ist zeitlos, weil sie sich nicht von kurzlebigen Strömungen vereinnahmen lässt, und sie ist konsequent – von ihrer ursprünglichen Setzung bis hin zur Ausbildung im Detail.

Was also ist architektonische Qualität?

Die Jury gratuliert den Architekten Wannenmacher + Möller zum Heinze ArchitektenAWARD in der Kategorie „Mehrfamilienhäuser und Geschosswohnungsbauten“.

https://www.heinze.de/…

Sieger der Kategorie "Sonderwohnungsbauten"

Haselnusshof Stiegler

Dürschinger Architekten BDA

Jurybegründung

Der Haselnusshof Stiegler ersetzt einen durch Brand verloren gegangenen Dreiseithof in Cadolzburg bei Fürth. Beim Wiederaufbau ging es nicht nur um die funktionelle Planung eines modernen, neuen Bauernhofs, sondern auch um die existenzielle Sicherstellung der anstehenden Haselnussernte und deren Verarbeitung.

Dürschinger Architekten beweisen mit ihrer Neuplanung, dass es auch im ländlichen Raum mit seinen funktionalen Zwängen und unter großem Kostendruck möglich ist, eine anspruchsvolle, vielschichtige Architektur umzusetzen. Die Planer haben für ihre Aufgabe eine zeitgemäße Architektursprache gefunden, die gleichwohl auf den traditionellen Baumaterialien, dem Kiefern- und Fichtenholz, und den traditionellen fränkischen Bauformen aufbaut. Die Basis der Neudefinition bildet die Wiederverwendung des Sandsteins der ehemaligen Stallgebäude sowie die Restaurierung der alten Hofschmiede. Die Scheune bildet den Nukleus der als Ensemble angelegten Anlage und gibt deren Körnung und Formensprache vor. Der rechtwinklige Haselnusshof tritt als eigenständiges Ensemble aus dem Dorfgefüge hervor und gliedert sich zugleich in selbstverständlicher Weise in das bestehende Dorfgefüge ein.

Die neue Haselnuss-Rösterei verbunden mit dem Hofladen kennzeichnet das neue Entree des Stiegler-Hofs. Über große Fenster kann der Besucher den Prozess der Haselnussverarbeitung nachvollziehen und im Hofladen mit anschließendem Kastanienhof auch verkosten. Das neue Wohnhaus für die Jungbauern mit südlicher Austragswohnung bildet als zweiter Bauabschnitt den städtebaulichen und topografischen Abschluss zur Dorfstraße hin. Den westlichen Abschluss des Hofs zu den angrenzenden Pferdekoppeln bilden die neuen Scheunengebäude mit Werkstätten und Heulagerung.

Die Jury gratuliert zu einem sehr gelungenen funktionalen Ersatzbau, der alle Ansprüche an Architektur erfüllt. Dies ist den Heinze ArchitektenAWARD in der Kategorie „Sonderwohnungsbauten“ wert.

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Sieger der Kategorie "Sonderwohnungsbauten"

Stylepark Neubau am Peterskirchhof

nkbak Nicole Kerstin Berganski & Andreas Krawczyk

Jurybegründung

Der Stylepark Neubau in der Innenstadt von Frankfurt erweitert ein bestehendes Wohn- und Geschäftshaus durch einen Neubau im Hinterhof. Das Besondere an dieser kleinen Remise ist, dass sie – entgegen üblicher Hinterhofsituationen – vom angrenzenden denkmalgeschützten Peterskirchhof aus sichtbar ist. Obwohl die Bebaubarkeit des Grundstücks im Grunde nur sehr begrenzt ist, gelingt der Architektin Nicole Kerstin Berganski und dem Architekten Andreas Krawczyk ein architektonisches Kleinod. Durch klug gesetzte Hofsituationen, Terrassen und Treppenverbindungen entsteht ein beziehungsreiches Raumgeflecht zwischen innen und außen, welches eine Vielzahl von attraktiven Situationen für die Benutzer kreiert. Dabei gestalten die Architekten einen Glücksfall der Situation – eine auf der rückwärtigen Grundstückgrenze aufgehenden Friedhofsmauer – zu einem geradezu emblematischen Bild des Weiterbauens von Geschichte: Der Neubau ist als einfache Baufigur auf der rückwärtigen Friedhofsmauer errichtet. Das aus verschiedenen Steinformaten horizontal aufgeschichtete Sichtmauerwerk des Gebäudes schließt nahtlos an das alte Mauerwerk der Friedhofsmauer an, in welche die Grabsteine wie Spolien integriert sind. Wunderbar. „Der Gedanke zur Umsetzung ist so alt wie die Baugeschichte selbst: Die vorhandene Mauer aus Sand- und Ziegelsteinen wird mit Ziegelsteinen weitergebaut,“ erklären die Architekten. Doch der Gedanke des Weiterbauens bezieht sich in diesem Gebäude nicht nur auf die Fügung von Ziegeln. In dem kleinen Neubau verdichtet sich die Resonanz einer tiefgreifenden Beschäftigung mit den Möglichkeiten von Architektur. Tatsächlich evoziert dieser Bau eine Fülle von Bildern, deren Herkunft, da sie nie ausdrücklich zitiert werden, in der Schwebe bleibt. Seine Betrachtung gerät gewissermaßen zur Bildersuche. Dieser kubische, abstrakt formulierte Baukörper scheint einerseits in der Architekturmoderne verwurzelt zu sein – Mies van der Rohes Backsteinhäuser klingen an, Loos` Raumplan – doch zugleich schwingt etwas Romantisches, Italienisches mit. Etwas, was wir Berliner vielleicht von (Ludwig Ferdinand) Hesses Einsiedelei am Ruinenberg kennen, dessen Italophilie wiederum ein Echo auf die Casa Cenci im Garten der Villa Borghese in Rom ist. Was wir hier erleben, ist ein Weiterbauen der Ideen, eine Migration der Formen. Wer mit so wenigen Mitteln solch kraftvolle Bilder heraufbeschwören kann, muss tief in der Geschichte der Architektur verwurzelt sein. Hier sind Meister ihres Fachs zu Werke gegangen. Aus einem ganz kleinen Format wurde etwas ganz Großes gemacht. Die Jury gratuliert zu diesem kleinen großen Wurf und verleiht dem Stylepark Neubau am Peterskirchhof den Preis in der Kategorie „Sonderwohnungsbauten“.

https://www.heinze.de/architekturobjekt/stylepark-neubau-am-peterskirchhof/12811243/

Sieger in der Kategorie „Nachwuchsarbeiten“

Neue Stadtmitte Arnstein

Gerburg Brilling, Technische Universität Braunschweig

Jurybegründung

Eine Architektur wie ein Tanz, wie ein Dialog einer Theaterinszenierung, die einer geheimnisvollen Dramaturgie folgt. In den Hauptrollen die Burg Arnstein im Harz, die auf die poetisch-architektonischen Interventionen trifft, welche die angehende Architektin Gerburg Brilling von der Universität Braunschweig für diesen besonderen Ort erdacht und in zauberhaften Zeichnungen als Spiel „zwischen Fiktion und Realität“ festgehalten hat. Ihre Dramaturgie entspinnt sich entlang mehrerer leitender Wege, die als Stege und Plattformen den fragmentierten Körper der Burgruine erschließen. Ziel dieser Durchwegung sind mehrere überdachte, aber auch offene Versammlungsorte für verschiedene Anlässe, deren übergeordneter Zweck aber wohl darin besteht, dieser dem Untergang geweihten Kulisse etwas Lebendiges entgegenzusetzen. Alle Stationen dieses poetischen Parcours sind aus rötlich schimmerndem Cortenstahl konstruiert. Es ist gewissermaßen eine Architektur, die ihren Verfall in sich trägt – ganz im Sinne der berühmten Todessehnsucht des romantischen Vorbilds. Soviel Sensibilität, Erfindungsreichtum und Detailseligkeit gegenüber einem Denkmal dokumentiert ein außerordentliches Entwurfstalent. Die Jury vergibt hierfür den Heinze Nachwuchspreis 2020.

https://www.heinze.de/architekturobjekt/neue-stadtmitte-arnstein/12810306/

Sieger in der Kategorie „Nachwuchsarbeiten“

Palazzo Pubblico
Matthias Pabst, Universität der Künste Berlin

Jurybegründung

Der berühmteste Palazzo Pubblico stammt aus dem Jahr 1297 und steht in Siena an der Piazza del Campo. Für die Stadt Palermo hat sich der angehende Architekt Matthias Pabst von der Universität der Künste in Berlin an einer zeitgenössischen Fassung dieses großen Vorbilds versucht. Ziel des Entwurfs war es, eine vitale Plattform für das kulturelle Leben in Palermo zu schaffen. Seinen Palazzo Pubblico plante er darum als kaum verhüllte Diva, die stolz und frei stehend auf dem Foro Italico platziert ist. Das Foro ist eine Art Parkfläche, mit welcher die Stadt nach dem zweiten Weltkrieg – ausgehend von der damals bestehenden Promenade – in das Meer hinein erweitert wurde. Drei tragende Kerne, die in verschiedenen Geschosshöhen hängenden Deckenplatten und unterschiedlich definierte Lufträume im Zentrum reichen ihm als grundlegende Elemente aus, um eine faszinierende, eigenwillige Raumkomposition ins Werk zu setzen. Im Inneren überlagert sich ein räumliches Kontinuum unterschiedlich gestalteter Treppeninszenierungen, welche außen durch eine kolossale Vorhangfassade, im Sinne des Wortes, verhüllt werden. Die dramatische Draperie verhüllt oder eröffnet Ein- und Ausblicke aus der fragilen Raumkomposition. Auf diese Weise vermag die Architektur diesem neuen öffentlichen Ort intensive atmosphärisch-narrative Impulse zu geben. Es entstehen unkonventionelle, chimärenhafte Räume, welche eine kreative Interaktion und Kommunikation geradezu herausfordern. Ziemlich viel für ein Studienobjekt, meint die Jury und vergibt den Heinze Nachwuchspreis für den Palazzo Pubblico.

https://www.heinze.de/architekturobjekt/palazzo-pubblico/12805873/

Sieger in der Kategorie „Nachwuchsarbeiten“

Waldkapelle Heidelberg

Marlies Richter und Mathias Wolf, Technische Universität Darmstadt

Jurybegründung

„Der Kürze halber möchte ich die Definition geben, dass die Schönheit eine bestimmte gesetzmäßige Übereinstimmung aller Teile sei, die darin besteht, dass man weder etwas hinzufügen noch hinwegnehmen könnte, ohne sie weniger gefällig zu machen." Wenn sich eine Jury bemüßigt fühlt, angesichts eines Studentenentwurfs diese großen Worte von Leon Battista Alberti herbeizuzitieren, muss wohl etwas Besonderes passiert sein. Die Waldkapelle Heidelberg von Marlies Richter und Mathias Wolf von der Technischen Universität Darmstadt ist so ein Wunderwerk. Sie ist als einfache Stahlkonstruktion konzipiert, welche in Verlängerung eines Waldwegs über einen Hang hinausragt. Die Konstruktion umrahmt und fasst den Raum und richtet den Blick über die Baumkronen des Walds. Doch dieser Weg der Einkehr ist kein Weg nach innen. Die Andacht suchenden sind Wind und Wetter, Licht und Dunkelheit ausgesetzt. Die filigrane Stahlkonstruktion soll nicht schützen, sondern öffnen. Von außen erscheint sie als ungeordnete Physiognomie, die sich jedoch im Inneren als klare Struktur zu erkennen gibt. Die Linienführung der Stahlträger beschreibt aus dieser Perspektive den Aufriss einer typischen Basilika, welche sich Joch für Joch mit Mittel- und Seitenschiffen allmählich abzeichnet und an deren Ende eine Gebetsbank steht. Die abstrakte Konstruktion verweist somit auf eine grundlegende Morphologie des christlichen Sakralraums. Marlies Richter und Mathias Wolf haben einen Entwurf gezeichnet, an dem – siehe oben – kein Teil hinzugefügt oder hinweggenommen werden kann, ohne ihn weniger gefällig zu machen. Eine tolle Interpretation der Kirchenbaugeschichte, findet die Jury und vergibt den Nachwuchspreis des Heinze ArchitektenAWARDs.

https://www.heinze.de/…

Sonderpreis Nachhaltigkeit

Casa Rossa Chemnitz

bodensteiner fest Architekten BDA Stadtplaner PartGmbB

Jurybegründung

Mit wenigen, intelligenten Interventionen kreierten die Architektin Annette Fest und der Architekt Christian Bodensteiner ein einzigartiges und faszinierendes Wohnhaus, dessen architektonische Idee weit über seinen alltäglichen Zweck hinausreicht.

Aus der Sensibilität ihrer Eingriffe in den Bestand spricht die klare architektonische Auffassung der beiden Planer, welche sich ganz aus dem Respekt vor dem physischen und kulturellen Gehalt der vorhandenen Substanz speist und zugleich einer langfristigen Nutzbarkeit verpflichtet ist. Auch die verwendeten Materialien wurden nach ökologischen und baubiologischen Gesichtspunkten ausgewählt.

Die Jury empfindet die Casa Rossa als beispielhaften Beitrag einer im eigentlichen Sinne nachhaltigen Baukultur. Also einer typologisch orientierten Bauweise, die materiell wie ästhetisch eine wirklich dauerhafte Nutzung anstrebt und sich an der Stelle von technischen Lösungen an den einfachen Möglichkeiten und Qualitäten der bestehenden Bausubstanz orientiert. In dieser Haltung erkennen wir die Blaupause für eine nachhaltige Baukultur und prämieren die Casa Rossa mit dem „Sonderpreis Nachhaltigkeit“.

https://www.heinze.de/architekturobjekt/casa-rossa-chemnitz/12813577/

Sonderpreis BIM

Shine on

Brückner Architekten GmbH

Das Projekt

Das Projekt Shine on ist am Ortsrand eines oberbayrischen Dorfes an einem Wiesengrund mit Blick auf die Alpen situiert. Wichtiges Thema bei der Ausgestaltung des Wohnhauses ist der Ausblick in den auratischen Landschaftsraum. So zeigt sich der Baukörper zum straßenseitigen Zugang mit großen Öffnungen, zum gegenüberliegenden Landschaftsraum hin wandelt sich das Wohnhaus in eine offene und großzügige Großraumstruktur. Diese Öffnung in den Landschaftsraum setzt sich in weitläufigen Terrassen und Wasserbecken in den Außenanlagen fort. Ansonsten handelt es sich bei diesem Projekt jedoch mehr um ein architektonisches Statement als um eine städtebauliche Einfügung. Die Innen- und Außenräume beziehen sich aufeinander und sind inhaltlich um die inneren Abläufe herum entwickelt worden. Es werden durchgehend dauerhaft hochwertige Materialien verwendet, auch innenräumlich setzen sich Gestaltung und Detaillierung auf hohem Niveau fort.

Hervorzuheben ist das Wasserbecken – eine Art zeitgenössische Weiterentwicklung der ehemals hellblauen Pools hin zu einer hybriden Nutzung mit einer „Waldteich-Anmutung“, ohne dabei aber den gestalterischen Rahmen des Gebäudes zu verlassen. Wasser und Wärme (Geothermie) sind die wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen des Projekts – für ein eher kleineres Gebäude keine Selbstverständlichkeit.

Jurybegründung

An diesem Projekt wurde alles durchgespielt, was auch für ein kleineres Objekt BIM-fähig ist; die IFC-Schnittstellenkoordination zwischen den Planungsdisziplinen und Visualisierungen auch der Innenräume, aber auch der Informationsaustausch mit dem Holzbau (Fertigteile) und der Ausführung auf der Baustelle – papierlos mithilfe von Tablets.

https://www.heinze.de/architekturobjekt/shine-on/12816420/

Sonderpreis BIM

The Cradle

HPP Architekten GmbH

Projekt

Städtebaulich handelt es sich bei diesem Projekt um einen einfachen und klaren kubischen Baukörper. Der Neubau positioniert sich als kraftvoller Solitär am Hafen, eine nachvollziehbare Reminiszenz an den Typus von Pack- oder Lagerhäusern, die traditionell das Bild von Hafenbebauungen prägen. Anstelle geschlossener Fronten historischer Lagerhäuser sind die Fassaden des Neubaus von einem raumhaltigen Fassadengerüst aus markanten Tetraedern geprägt. Die sehr tiefe Fassade scheint zugleich ein System aus Loggien und feststehendem Sonnenschutz zu sein. Sie erzeugt eine prägnante Plastizität, die gerade mit der einfachen Grundform des Volumens komplementär harmoniert. Die charakteristischen Holzstrukturen bringen eine neue Materialität in den Hafen. Sie sind gestalterischer Ausdruck des zentralen Nachhaltigkeitskonzepts, das den eigentlichen Mittelpunkt des Gesamtentwurfs ausmacht. 

Jurybegründung

Das hier angewandte Cradle-to-Cradle-Prinzip ist eine der möglichen Antworten auf die Frage, worin eigentlich der Mehrwert der Anwendung von BIM jenseits der Planung liegt. In diesem Fall wurde ein sogenannter „Material Passport“ erzeugt – eine Art Materialkataster des Gebäudes – mit dem Ziel, die verbauten Materialien hinsichtlich ihrer Nachhaltigkeitseigenschaften und Wiederverwendbarkeit zu katalogisieren. Dafür erhielten die einzelnen Bauteile direkt im BIM-Modell zusätzliche Nachhaltigkeitsattribute (Separierbarkeit, Wiederverwendbarkeit, Health&Safety-Aspekte, Rücknahmemöglichkeiten durch die Hersteller u.ä.), anhand derer sie über eine separate Verlinkung zusammengeführt werden konnten. Zusätzlich zu der hier ohnehin erfolgten Kooperation in BIM entstand eine weitere Ebene, auf der BIM und Nachhaltigkeit zusammengebracht werden.

https://www.heinze.de/architekturobjekt/the-cradle/12812758/

Publikumspreise

1. Platz – Publikumspreis

Black Forest

Architekten LEE + MIR Partnerschaftsgesellschaft mbB

Die Topografie des Grundstücks am Hang ist extrem: im Norden durch die Straße und den steil ansteigenden Wald eingefasst, fällt das Gelände nach Süden ebenfalls stark ab. Hier bildet sich ein künstlich geschaffenes schmales, aber langes Plateau, das sich von Westen nach Osten erstreckt. Das neue Haus nimmt die virtuellen Höhenlinien des Ortes auf und abstrahiert diese, indem es die Fassaden der drei Geschosse Richtung Ausblick polygonal übereinanderlegt. Das Gebäude zeigt sich auf der Eingangsseite zur Straße hin geschlossen. Erst nach Passieren des Gartentors, das sich aus der homogenen Verkleidung der Garagentore entwickelt, beginnt sich das Gebäude für die Bewohner und für Besucher sukzessive zu öffnen. Es gelingt vom teilweise überdachten Eingangshof ein erster Blick von außen in die Küche und von dort zur vorgelagerten Terrasse auf der Südostseite. In dem hellen Hof wird man von einem perforierten, lichtdurchlässigen Stahlfilter mit scheinbar textiler Oberfläche empfangen, durch den man über die dort integrierte Haustür in das Innere des Wohnraums gelangt. Hier in der obersten Etage öffnet sich der Blick über den Wohnraum, den Essbereich und die Küche mit Kamin in das Tal.

https://www.heinze.de/architekturobjekt/black-forest/12799140/

2. Platz – Publikumspreis

Haus D // 6

Aretz Dürr Architektur

In seiner Typologie folgt der Neubau dem traditionellen einraumtiefen Langhaus. Die Haupträume nehmen die gesamte Breite ein und reihen sich längs aneinander. Die Enden des Hauses sind unterschiedlichen Funktionen zugeordnet: Wohnbereich im Süden, Garage und Abstellräume im Norden. Für Oberberg typisch, hebt ein massiver Sockel, hier aus Stahlbeton, die Wohnräume zum Schutz gegen die Witterung leicht über das gewachsene Hanggelände. Das Spiel aus Licht und Schatten belebt die Dachhaut aus fein strukturiertem Wellblech und erzeugt eine weiche Fläche als gestalterisches Bindeglied zwischen Weidelandschaft und Himmel. Der Wohnraum in Gebäudemitte reicht bis unter das Dach und bildet den zentralen Gemeinschaftsraum, von dem aus im Obergeschoss Schlafräume und Bad der Kinder und das Elternschlafzimmer mit Bad erschlossen werden. Ein Stahlsteg mit lichtdurchlässigem Gitterrost verbindet die beiden voneinander getrennten Bereiche und mündet in der gemeinsamen Galerie im zweigeschossigen Wohnraum. Es entsteht eine Architektur, die sich auf das Notwendige beschränkt, um das Bestmögliche zu erreichen.

https://www.heinze.de/architekturobjekt/haus-d-6/12804800/

3. Platz – Publikumspreis

la maison blanche

MEINERS REAL ESTATE GmbH & Co. KG

Ein helles, modernes und offenes Heim zu schaffen – das war die Aufgabe für die Umgestaltung
des Dreifamilienhauses aus dem Jahr ­1925. Dabei war es ein Spagat zwischen der Erhaltung der historisch wertvollen Bausubstanz und dem Wunsch nach einem zeitgemäßen, offenen Wohngefühl. Somit wurde das Haus vertikal so gegliedert, dass die Privatheit nach oben hin zunimmt. Im Erdgeschoss befinden sich der offene und „öffentliche“ Bereich mit Wohn- und Esszimmer, im ersten Obergeschoss das Eltern- und Kinderschlafzimmer und in der Ebene darüber der private Arbeitsbereich mit einem angegliederten Gästezimmer und letztlich im Speicher ein zusätzliches Spielzimmer. Um die möglichst durchgehende Offenheit des Wohnbereichs im Erdgeschoss zu erreichen, wurde die Erdgeschossebene vollständig entkernt und der Raum mit einem Anbau zum Garten hin erweitert. Dabei fließen die Nutzungen und Funktionen der einzelnen Bereiche ineinander über und schaffen einen offenen Kommunikationsraum mit einem vier Meter breiten Schwarzstahlkamin im Mittelpunkt. Bei der Wand darüber wurden die alten Ziegel im Reichsformat freigelegt und so ein warmer, gemütlicher Eindruck mit vorhandenen Strukturen geschaffen.

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