Bildung & Karriere

Ausbildungsprämienprogramm darf Familienbetriebe nicht benachteiligen

Die Bundesregierung hat am 17. März das im vergangenen Jahr aufgelegte Programm „Ausbildungsplätze sichern“ bis Mitte Februar 2022 verlängert und ausgeweitet. Grundlegende Verbesserungen wie die Verdopplung der Prämien zum 1. Juni von 2.000 und 3.000 Euro auf 4.000 und 6.000 Euro oder ein Sonderzuschuss für Kleinstunternehmen sowie ein Zuschuss zu den Kosten für externe Vorbereitungskurse auf die Abschlussprüfung sollen die betriebliche Berufsausbildung in Krisenzeiten stablisieren. Die Hilfen setzen voraus, dass das Unternehmen in erheblichem Ausmaß etwa durch Umsatzeinbußen oder Kurzarbeit von der Corona-Krise betroffen ist. „In den nächsten Jahren werden wir mehr Fachkräfte als heute benötigen“, so Handwerkskammerpräsident Harald Herrmann. „Das verbesserte Programm, das ich grundsätzlich begrüße, unterstützt das Engagement vieler Handwerksbetriebe, junge Menschen, gerade auch in Pandemiezeiten, weiterhin auszubilden.“ Doch nicht jeder Betrieb erfülle die Voraussetzungen, die Prämien und Zuschüsse zu erhalten. Gerade in Zeiten fehlender Lehrstellenbewerber bildeten vor allem kleinere Familienunternehmen ihre eigenen Kinder zu Fachkräften aus, so Harald Herrmann weiter. Damit wollten sie langfristig auch die Betriebsnachfolge sichern. Sie litten häufig genauso unter den Pandemiefolgen, würden aber beim Ausbildungsprämienprogramm nicht berücksichtigt, da Ehegatten oder die eigenen Kinder nicht gefördert würden. Das besage die Zweite Förderrichtlinie vom Oktober 2020.

Gegen diese Ungleichbehandlung wehrt sich auch die Schreinerei Raible aus Rottenburg-Ergenzingen. Petra und Tobias Raible, die ihre Tochter gerne ausbilden möchten, hatten bereits vor Wochen von der Bundesagentur für Arbeit, die bislang mit der Abwicklung des Programms beauftragt war und es auch weiterhin sein wird, erfahren, dass ihr Betrieb nicht förderungsberechtigt sei. „Es kann doch nicht sein, dass wir aufgrund unseres engen Verwandtschaftsverhältnisses benachteiligt werden. Der Familienbetrieb ist doch auch von den Auswirkungen der Pandemie betroffen.“ Mit ihrem Anliegen wandten sich die Raibles an die Handwerkskammer Reutlingen, die den Fall dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH), welcher der Allianz für Aus- und Weiterbildung angehört, vortrug und deutlich machte, dass auch das Handwerksunternehmen Raible in schwierigen Zeiten einen wertvollen Beitrag zur Fachkräftesicherung leiste. Der grundrechtliche Schutz der Familie gestatte keine Benachteiligung von Familien bei Förderleistungen des Staates. Dies sei schon vor Jahren durch Urteile des Bundesfinanzhofs und des Bundesverfassungsgerichts bestätigt worden, so Kammerpräsident Herrmann.

Die Handwerkskammer Reutlingen fordert deshalb, dass der Passus, wonach eine Förderung von Ausbildungsverhältnissen zwischen Parteien mit „Verwandtschaftsgrad I“ nicht möglich ist, im Rahmen der aktuellen Überarbeitung der Förderrichtlinie gestrichen wird.

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