Gesundheit & Medizin

Klare Vorgaben für die Zertifizierung von Videodienstanbietern erforderlich

Telemedizinische Angebote wie Videosprechstunden konnten in den vergangenen Monaten eine steigende Nachfrage verzeichnen. Sie werden von zahlreichen Ärzt:innen und Patient:innen als hilfreiche Unterstützung und Ergänzung zum ambulanten sowie klinischen Alltag gesehen. 

Um Qualität und Sicherheit ihrer Videodienste sicherzustellen, müssen Anbieter diese regelmäßig extern zertifizieren lassen. In diesem Jahr waren aufgrund der Änderung der Anlage 31b des Bundesmantelvertrages für Ärzte kurzfristig Rezertifizierungen notwendig. Die dafür geschaffene Übergangsregelung läuft zum 31.12.2021 aus. Der Zertifizierungsprozess stellt die Anbieter wiederkehrend vor große Herausforderungen, denn die Informationslage zu den zugelassenen Stellen sowie den Anforderungen sind im Detailgrad vor dem Zertifizierungsprozess häufig unklar. 

Der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung e.V. (SVDGV) spricht sich ausdrücklich dafür aus, einen transparenten Rahmen für Videodienstanbieter zu schaffen, um somit Wettbewerbsgleichheit und Planungssicherheit zu schaffen. Dabei sollten folgende Aspekte baldmöglichst umgesetzt werden:

1. Klarheit über zugelassene Stellen zur Zertifizierung und Fristverlängerung der aktuellen Übergangslösung

Zum aktuellen Zeitpunkt herrscht höchste Unklarheit darüber, ob aktuelle Zertifizierungsstellen nach Ablauf des Übergangszeitraums ab 31.12.2021 überhaupt noch eine Zertifizierung (auf Basis ISO/IEC 17065) vornehmen dürfen. Dies ist unbedingt sicherzustellen, da ein Wegfall der Möglichkeit zur Zertifizierung zahlreiche Videodienstanbieter von einem Tag auf den anderen ihrer Geschäftsfähigkeit berauben würde. Anbieter sind umgehend darüber zu informieren, in welcher Form die Zertifizierungsverfahren ab 1.1.2022 stattfinden und welche Anforderungen künftig gelten sollen. Sofern vor Ablauf der Übergangsfrist keine genaueren Angaben über die Zertifizierungsfähigkeit durch die zuständigen Stellen getätigt werden können, ist mindestens eine Fristverlängerung der aktuellen Übergangslösung vorzunehmen. Das Zertifikat des Videodienstanbieters muss seine Gültigkeit bis zum Ende des Zertifizierungszeitraums behalten. 

2. Vorgaben zur Zertifizierung spezifizieren (in Ergänzung zu Anlage 31b Bundesmantelvertrag für Ärzte)

Zum jetzigen Zeitpunkt werden in Anlage 31b, insbesondere im dortigen § 5 (“Anforderungen an den Videodienstanbieter”) einige übergeordnete Anforderungen definiert. Jedoch beschreiben diese Anforderungen nicht ausreichend konkret die Gegenstände und Spezifikationen, die für die Zertifizierungen der Dienste gelten. Für Anbieter von Videodiensten ist es jedoch entscheidend, die detaillierten und an der Praxis orientierten Vorgaben vor Beginn des Zertifizierungsverfahrens zu kennen, da dies in der unternehmerischen Planung und Produktgestaltung berücksichtigt werden muss. Es ist daher eine ergänzende Konkretisierung erforderlich, die einheitliche, spezifische und praxisbezogene Anforderungen an die Dienste und Plattformen festhält und auf der Homepage der zertifizierenden Stellen einsehbar ist. 

3. Aktualität der Anforderungen eindeutig kennzeichnen

Da diese Anforderungen künftig Anpassungen oder Aktualisierungen bedürfen, muss der Stand der Bearbeitung in der unter 2. genannten ergänzenden Konkretisierung deutlich erkennbar sein. Benötigt wird zudem eine Mechanik, die Interessierte über Aktualisierungen in Kenntnis setzt (beispielsweise in Form eines News-Feeds). Mindestens aber müssen die ergänzenden Konkretisierungen einen Hinweis auf den letzten Bearbeitungsstand enthalten. Nur so können Anbieter zuverlässig einschätzen, ob ihre aktuelle Produktarchitektur tatsächlich den aktuell gültigen Vorgaben entspricht.  

4. Offizielle Liste der von der KBV zugelassenen Zertifizierungs-Unternehmen

Eine Zertifizierung der Videodienstanbieter können nur jene Stellen ausstellen, die seitens der KBV für diese Handlung zugelassen sind. Jedoch besteht große Intransparenz darüber, auf welche Unternehmen dies zutrifft. Nur durch umfangreiche Eigenrecherche können Anbieter bisher eine geeignete Stelle identifizieren. Dies ist höchst unbefriedigend und birgt Fehlerpotenzial. Im Sinne einer verantwortungsvollen Informationskultur ist durch die KBV daher eine offizielle Auflistung der akkreditierten Unternehmen zu erstellen, auf die Anbieter einfach (z.B. über die Webseite) zugreifen können. Diese Liste muss ausreichend umfangreich sein, um eine adäquate Durchführung zu ermöglichen. Darüber hinaus sollte unbedingt vermieden werden, dass es zu einer Monopolstellung einer einzelnen Stelle kommt, die eine finanzielle Sonderstellung und lange Wartezeiten mit sich bringen könnte. Die Liste sollte außerdem je zugelassener Stelle einen Ansprechpartner benennen, der bei Rückfragen kontaktiert werden kann. 

Fazit

Lösungen zur digitalen Unterstützung gesundheitlicher Versorgung müssen hohen Ansprüchen an Qualität und Sicherheit entsprechen. Um diese Standards gewährleisten zu können, benötigen Unternehmen Transparenz und Planungssicherheit zu Bedingungen und verantwortlichen Stellen.

Der aktuelle Zustand wird diesem Anspruch nicht gerecht und stellt innovative, zukunftsfähige Unternehmen wiederkehrend vor Herausforderungen. Es ist daher dringend notwendig, Klarheit und Transparenz im Bereich der Videodienst-Zertifizierung herzustellen, um Qualität und Angebotsvielfalt in diesem aufstrebenden Zweig auch künftig zu gewährleisten.

Über den Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung e.V.

Der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung ist der maßgebliche Branchenvertreter für E-Health-Unternehmen in Deutschland. Er wurde im Dezember 2019 gegründet und vereint über 150 E-Health-Unternehmen. Anspruch des Verbandes ist es, die Interessen der jungen Branche im Gesundheitssystem gegenüber Politik, Akteuren der Selbstverwaltung und weiteren Institutionen auf Augenhöhe zu vertreten. Mehr Informationen erhalten Sie unter digitalversorgt.de sowie auf LinkedIn und Twitter.

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