Maschinenbau

Gefahr aus der Tiefe

Der intensive Bergbau sowie der 2. Weltkrieg haben im gesamten Ruhrgebiet deutliche Spuren hinterlassen. Sichtbar sind diese heute jedoch in den allermeisten Fällen nicht mehr – vielmehr verbergen sie sich im Untergrund. Meldungen über Blindgängerfunde und Tagesbrüche sind zwischen Rhein und Ruhr an der Tagesordnung und die Auswirkungen von großflächigen Bergsenkungen sind auch selten auf den ersten Blick also solche zu erkennen. So liegen beispielsweise Bereiche der Essener Innenstadt heute etwa 30 m tiefer als noch vor Beginn des intensiven Abbaus von Kohle.

In den über 700 Jahren Ruhrbergbau gab es -inklusive aller Kleinzechen- ca. 1.300 Bergwerke im Ruhrgebiet. Allein in Bochum und Essen waren es je ca. 280, in Sprockhövel ca. 250, in Dortmund ca. 120 und erst die Einführung des „Preußischen Berggesetzes“ im Jahre 1865 verpflichtete die Bergwerksbesitzer, ihren Abbau zu kartieren und der Oberen Bergbehörde vorzulegen. Alle Bergbauaktivitäten zuvor sind daher nur schlecht oder auch überhaupt nicht dokumentiert. In der Nachkriegszeit kam es zudem noch stellenweise zu illegalem Abbau, der weitere unverfüllte Hohlräume hinterließ, die ebenfalls nicht dokumentiert sind. Die Gesamtzahl aller Tagesöffnungen und Stollen allein im südlichen Ruhrgebiet wird auf etwa 60.000 geschätzt[ii], von denen bislang nur etwa 27.000 erfasst bzw. entdeckt worden sind – verfüllt und gesichert wurde davon bis heute nur ein Bruchteil. Die Problemzonen mit akuten Gefahren durch Tagesbrüche liegen insbesondere dort, wo nur bis 100 Meter Tiefe abgebaut wurde.

Als sei dies nicht schon genug, hinterließen die Bombardierungen durch die Alliierten im zweiten Weltkrieg zusätzlich noch tausende bis heute unentdeckte Blindgänger im Untergrund. Laut eines Berichts der Pressestelle der Landesregierung NRW wurden während des 2. Weltkrieges auf das Gebiet des Deutschen Reiches 1,3 Millionen Tonnen Sprengmittel abgeworfen. Rund die Hälfte der Luftangriffe haben sich auf das heutige Nordrhein-Westfalen, davon wiederum ein hoher Prozentsatz auf die Städte mit ihren Infrastruktur- und Industrieeinrichtungen zwischen Rhein und Ruhr konzentriert. Experten[iii] gehen davon aus, dass etwa 15  Prozent der Bomben Blindgänger waren und sich daher noch deutschlandweit bis zu 100.000 t unentdeckt – je nach Gewicht, Größe und Untergrund – in bis zu max. 8 Metern Tiefe im Boden verbergen. Allein in NRW werden jährlich zwischen 2.000 und 2.500 Bomben entdeckt und geräumt. Im besonders stark betroffenen Essen geht man davon aus, daß von den dort 14.000 vermuteten Blindgängern nur gut die Hälfte noch während des Krieges und des Wiederaufbaus gefunden und entschärft werden konnten. Tausende weitere liegen dort demnach noch verborgen im Untergrund – Granaten, Handgranaten und Minen nicht mitgezählt. Von all diesen Blindgängern, sowie auch von den oberflächennahen bergbaubedingen Hohlräumen gehen daher ganz besondere Gefahren aus, die man keinesfalls unterschätzen darf. In den entsprechend betroffenen Gebieten müssen somit heute bereits vor der Aufnahme von Baumaßnahmen besondere Vorkehrungen getroffen werden. So ist der Bauherr verantwortlich für die Kampfmittelfreiheit eines Baugrundstückes und die Rechtsnachfolger der Bergbaufirmen – sofern bekannt oder noch existent – für das Auffinden und Beseitigen von Bergbaualtlasten. Ist kein Rechtsnachfolger mehr auszumachen übernimmt hier das Land NRW.

Wenn Auswertungen alter Aufzeichnungen oder Luftbilder Verdachtspunkte für Kampfmittel ergeben, wird in der Regel zunächst von der Oberfläche aus mittels Bodenradar, Geo- oder Elektromagnetik sondiert. Je nach Bodenbeschaffenheit liefern diese Methoden aber nur bis 3, in Ausnahmen bis 5 Meter Tiefe zuverlässige Ergebnisse. Hat man hier keine Treffer, kann mit der Tiefensondierung fortgefahren werden. Ein klassisches Verfahren zur Ortung von Bombenblindgängern bis 15 m Tiefe und mehr ist die geomagnetische Tiefensondierung, bei der ferromagnetische Körper (Eisen) in radialer Entfernung von im Mittel 0,75 m vom jeweiligen Bohrloch detektiert werden. So auch auf einer aktuellen Baustelle der Fima GbE Grundbau Essen GmbH in der Nähe des Essener Hauptbahnhofes. Auf dem rund ein Hektar großen Areal an der Hachestraße, wo früher die Güterabfertigung der Bahn angesiedelt war, sollen demnächst zwei Büroobjekte und ein Parkhaus entstehen.

Hier kommt ein KLEMM Bohrgerät vom Typ KR 801-3GS der neuesten Generation zum Einsatz, um im sogenannten Schneckenbohrverfahren ohne Spülung 27 Bohrungen in einem vorgegebenen Raster bis auf 8 Meter unter Geländeoberkante – zum Zeitpunkt des Kriegsendes 1945 – niederzubringen. Schlagende Bohrverfahren mit Hydraulik- oder Tieflochhämmern sind aufgrund der Explosionsgefahr der eventuell vorhandenen Blindgänger hierbei grundsätzlich nicht zulässig. Die Bohrungen haben einen Durchmesser von 120 mm, in die nach Fertigstellung ein PVC-Rohr eingebaut wird, um das Bohrloch für die anschließende Befahrung mit der ferromagnetischen Sonde zu stabilisieren. „Als Bohrmeister muss man hier sehr viel Erfahrung mitbringen, um die unsichtbaren Vorgänge im Bohrloch nur anhand vom Dreh- und Vorschubverhalten sowie der entstehenden Geräusche beim Bohren richtig zu deuten“, berichtet Timo Hölscher, verantwortlicher Bohrmeister bei GbE. „Einen Blindgänger anzubohren und damit zur Explosion zu bringen will natürlich niemand riskieren. Ein gewisses Restrisiko ist allerdings nie ganz auszuschließen. Aber die präzise und feinfühlige Steuerung der KR 801-3GS erleichtern mir schon erheblich die Arbeit und durch die kabellose Fernbedienung stehe ich in der Regel auch nicht unmittelbar am Bohrloch.“, so Hölscher weiter. Sind alle Bohrungen fertiggestellt, erfolgt die Messung durch Herablassen der Messsonde (z. B. ein Vertikalgradiometer) im Kunststoffrohr, deren Messdaten später am Computer von Spezialisten ausgewertet werden. Je nach Ergebnis wird danach der Grund freigegeben oder aber es werden weitere erforderliche Maßnahmen ergriffen.

Bei Hinweisen auf Bergbaualtlasten geht man gleich zu Erkundungsbohrungen über, sofern eine Kampfmittelkontamination ausgeschlossen werden kann. Hierbei werden ebenfalls in einem festgelegten Raster Bohrungen im Spülbohrverfahren niedergebracht. Im Gegensatz zur Kampfmittelsondierung kann dies auch in einem schlagenden Bohrverfahren durchgeführt werden, sofern der Untergrund dies erfordert. Treffer, besser gesagt angebohrte Hohlräume, erkennen die Bohrspezialisten entweder am Durchsacken des Bohrstranges oder am Versiegen des Spülungsflusses. Durch weitere Bohrungen im Umkreis eines Treffers werden Größe, Lage und Verlauf der Hohlräume festgestellt und kartiert. Bei Bedarf wird auch in diese Bohrungen ein Kunststoffrohr eingeführt, durch welches nach Abschluss der Bohrarbeiten der Hohlraum mit zementhaltigen Baustoffen verfüllt wird. „Da können auf einer Baustelle schon mal einige tausend Kubikmeter Füllmaterial zusammenkommen“, weiß Timo Hölscher zu berichten. Je nach geplanter späterer Nutzung erfolgen gegebenenfalls noch zusätzliche Injektionsbohrungen zum Einbringen von Verpressmaterial zur weiteren Baugrundstabilisierung über Manschettenrohre.

Die Baustelle an der Hachestraße liegt in unmittelbarer Nähe zu 3 historischen Zechen bzw. Schächten:

  • Zeche "Secretarius Aak" – Abbau etwa 1750 bis 1805 in 50 m Entfernung
  • Zeche "Vereinigte Hoffnung und Sect. Aak, Schacht Hoffnung" – Abbau 1805 bis 1897 in 150 m Entfernung
  • Zeche "Vereinigte Hoffnung und Sect. Aak, Wetterschacht in Flöz Röttgersbank" in 40 m  Entfernung

Bereits bei Bauarbeiten an der Hachestraße im Jahre 2013 wurden Hohlräume entdeckt, die dem ehemaligen Grubenfeld der Zeche "Vereinigte Hoffnung und Sect. Aak“ zuzuordnen sind. Nach Erkundungsbohrungen waren damals schon umfangreiche Verfüllarbeiten notwendig[iv]. So ist davon auszugehen, daß auch auf der aktuellen Baustelle noch Probebohrungen stattfinden werden, sobald die Kampfmittelsondierung abgeschlossen ist.

Die hier eingesetzte KR 801-3GS definiert eine eigene Klasse von besonders kompakten und zugleich universell einsetzbaren Bohrgeräten. Aufgebaut auf einen Pendelraupenfahrwerk ist das Bohrgerät für nahezu alle im Spezialtiefbau vorkommenden Arbeiten optimal – von leichten bis hin zu schweren Bohrarbeiten. Serienmäßig ausgestattet mit leistungsoptimierter Hydraulik (KLEMM „Power Sharing“), dem Energie-Effizienz-Paket (KLEMM „EEP“), adaptiver Drehzahlregelung von Motor und Lüfter und effektiven Schalldämmhauben eignet sich das Gerät mit seinen geringen Emissionswerten auch optimal für den innerstädtischen Einsatz. Ergonomische Gestaltung, hohe Wartungsfreundlichkeit, ausfallsichere Maschinensteuerung mit Ferndiagnose, Bedienung per Fernbedienung sowie umfangreiche Sicherheitseinrichtungen runden das Paket ab.

So bleiben das Aufspüren und Beseitigen der Hinterlassenschaften aus Krieg und Bergbau, trotz der heute zur Verfügung stehenden modernen Maschinen und Verfahren Ewigkeitsaufgaben für viele weitere Generationen an Rhein und Ruhr.

  Wikipedia: Liste von Bergwerken in Nordrhein-Westfalen   (https://de.wikipedia.org/…)

[ii] div. Veröffentlichungen der Bezirksregierung Arnsberg (https://www.bra.nrw.de/…  bergbau/bergbaufolgen)

[iii] Pressemitteilung vom Land NRW (https://www.land.nrw/…)

[iv] Artikel auf „derwesten.de“ vom 27.11.2013 (https://www.derwesten.de/…)

Über die KLEMM Bohrtechnik GmbH

KLEMM Bohrtechnik ist ein international führender Spezialist für die Entwicklung besonders hochwertiger und leistungsstarker, mobiler Bohrgeräte mit einem Gesamtgewicht bis 32 t. Die Besonderheit: technologische Exzellenz, die KLEMM Bohrgeräte als eine dynamische Kraft unaufhaltsam macht.

Als Pionier im Markt hat KLEMM in den vergangenen fünf Jahrzehnten die Entwicklung der Ankerbohrtechnik entscheidend mitgeprägt. Dadurch ist ein Technologievorsprung entstanden, von dem Kunden weltweit profitieren. Denn KLEMM bietet über ein breites Produkt- und Leistungsspektrum (Bohrgeräte, Hydraulikhämmer, Drehantriebe und Bohrausrüstung) individuelle Lösungen, mit denen Kunden spezifische Bohraufgaben hinsichtlich Zeitaufwand, Wirtschaftlichkeit, Verlässlichkeit und Sicherheit bestmöglich durchführen können.

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