Gesundheit & Medizin

„Ich bin dem Tod von der Schippe gesprungen“

Ein Riss in der Hauptschlagader endet für über zwei Drittel der Patient*nnen tödlich, denn mit jedem Herzschlag läuft eine große Menge Blut in den Brust- oder Bauchraum. Und je älter die Patienten sind, desto geringer ihre Überlebenschancen. Siegfried Doll allerdings schlug dem Schicksal ein Schnippchen und überlebte eine geplatzte Aorta ohne Folgeschäden – mit über 80.

Plötzlich einsetzende, penetrante Rückenschmerzen, die sich bis in den Bauchraum ausbreiten – Siegfried Doll spürt, das irgendwas mit ihm nicht stimmt. Er macht sich noch mitten in der Nacht selbstständig auf den Weg in die Notaufnahme der Helios St. Johannes Klinik. Auch dort sind die Ärzt*nnen alarmiert, als er seine Symptome beschreibt. Zu Recht, wie sich in der sofort durchgeführten Bildgebung zeigt: „Man konnte direkt eine große Aussackung in der Hauptbauchschlagader mit Blutung unterhalb der Nierenarterie erkennen. Diese sogenannten Aneurysmen verursachen keine Beschwerden, bis die Gefäßwand sich zu sehr spannt und einreißt. Ein absoluter Notfall“, so Pavlos Drongitis, leitender Oberarzt der Gefäßchirurgie am Helios Klinikum Duisburg, der bei Siegfried Dolls Ankunft Dienst hatte. Dem erfahrenen Mediziner ist klar, dass sein Patient sofort notoperiert werden muss, denn die Aussackung wird nur noch von einer sehr dünnen, schon blutdurchlässigen Außenschicht des Gefäßes zusammengehalten und droht jede Minute vollständig zu platzen. In jeder Sekunde sickert das Blut weiter. Der Eingriff ist damit die buchstäbliche Rettung in letzter Sekunde. Doch der Körper des Patienten ist angeschlagen, sein Zustand verschlechtert sich auf dem OP-Tisch, bis sein Blutdruck vollständig abfällt und sein Herz stoppt. Das Team muss ihn mehrfach reanimieren. Erst nach sieben langen Minuten beginnt es wieder zu schlagen und sein Zustand verbessert sich merklich. Noch während der Reanimation muss dem Patienten eine Prothese in das Gefäß eingesetzt werden, um die Blutung zu stoppen und die OP erfolgreich beenden zu können. Eine immense körperliche Belastung für Siegfried Doll und für die Chirurgen ein Drahtseilakt. Auch die Statistik ist unter diesen Umständen gnadenlos: In der Regel sterben über 80 Prozent der Betroffenen mit einem geplatzten Aneurysma. Doch Siegfried Dolls Herz gibt nichts auf Zahlen und der Eingriff verläuft am Ende gut. Der 82-Jährige verbringt danach noch 48 Stunden zur Überwachung auf der Intensivstation. „Mein Brustkorb schmerzte noch von der Wiederbelebung, aber ansonsten fühlte ich mich sehr gut für jemanden der dem Tod gerade nochmal von der Schippe gesprungen war“, erinnert sich der Rentner mit einem Augenzwinkern. Auch für Pavlos Drongitis ist dieser Verlauf eines von zwei „kleinen Wundern“, über das sich der Gefäßspezialist von Herzen freut. „Wir hatten in derselben Woche einen ähnlichen Fall mit einem über 90jährigen Patienten, der das Ganze ebenfalls unbeschadet überstanden hat. Soviel Adrenalin in der Notfallversorgung ist auch für uns Mediziner nicht alltäglich, wir haben im Team deshalb viel darüber gesprochen und alles Revue passieren lassen.“

Die Freude über den Verlauf merkt man Pavlos Drongitis auch noch an, als er seinen Patienten Wochen später zur Kontrolle wiedersieht. Die beiden plaudern herzlich miteinander. Denn auch, wenn es ihm jetzt sehr gut geht, Siegfried Doll muss sich in der Zeit nach dem Eingriff einiges zurückerobern, unter anderem das Laufen und Treppensteigen bereiten ihm ziemliche Probleme. Doch in der anschließenden Reha macht er schnell Fortschritte, vor allem mithilfe der Physiotherapeut*nnen, die sich sorgsam um ihn kümmern und seine Ausdauer stärken: „Ich habe mich während der Reha gut erholt und bin auch ein ganzes Stück weiter gekommen. Man muss selbst etwas dafür tun und nicht warten, bis jemand anderes es macht.“ Der Duisburger kann sein Leben nun nahezu ohne Einschränkungen führen, auch wenn engmaschige Kontrollen seiner Gefäße notwendig sind. In seinen Augen aber ist das ein kleiner Preis für die Chance auf ein langes weiteres Leben.

Zusatzinfo:

Die Abteilung der Gefäßchirurgie um Chefarzt Dr. med. Damian Schubert bietet fachliche Expertise mit dem besonderen Schwerpunkt rekonstruktiver Eingriffe an den Hauptschlagadern. Das Team verfügt dabei an beiden Standorten des Helios Klinikum Duisburg (Helios St. Johannes Klinik in Hamborn und Helios Marien Klinik in Hochfeld) über die notwendige technische Ausstattung, unter anderem über einen sogenannten Hybrid-Saal, der Operationen unter gleichzeitiger Bildgebungskontrolle besonders schonend und zielgenau möglich macht. Auch die Eingriffe an den großen Gefäßen werden mittlerweile in der Regel minimalinvasiv vorgenommen, wodurch die Regenerationszeit der Patient*nnen um ein Vielfaches verkürzt werden kann.

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