Energie- / Umwelttechnik

Heizen ohne Gas und Öl? Praxisbeispiele mit regenerativen Wärmenetzen zeigen, wie es funktionieren kann

Die Energie- und Klimakrise und der geplante Ausstieg aus der Gas- und Ölnutzung verstärken die Nachfrage nach regenerativen Wärmekonzepten. Wie Biomasse, Photovoltaik und Wärmepumpen geschickt kombiniert regionale Lösungen bieten können, zeigte das Seminar „Wärmenetze als Baustein der dezentralen Energieversorgung“ aktuell in Rodewald auf, das vom 3N Kompetenzzentrum Niedersachsen Netzwerk Nachwachsende Rohstoffe und Bioökonomie e.V. zusammen mit der Energieagentur Heidekreis veranstaltet wurde. Die Leiterinnen der beiden Organisationen, Dr. Marie-Luise Rottmann-Meyer (3N) und Theresa Weinsziehr (Energieagentur), konnten hierzu knapp 90 interessierte Fachgäste begrüßen.

Wie werden tragfähige Wärmekonzepte entwickelt, welche Betreibermodelle sind sinnvoll und welchen Beitrag können Kommunen leisten? Diese Themen wurden an erfolgreichen Praxisbeispielen aus Niedersachsen und Bayern erläutert und diskutiert.

„Die Anfragen zum Neubau und zur Erweiterung von lokalen Wärmenetzen haben sich im letzten Jahr erheblich vermehrt“, berichtete 3N-Experte Michael Kralemann und stellte eingangs verschiedene technische Optionen und Fördermöglichkeiten für Nahwärmenetze vor. „Auch Restwärme von Industriebetrieben und sogar aus Abwasserleitungen kann als wertvolle Energiequellen einkalkuliert werden“, so Prof. Dr.-Ing. Stefan Holler von der HAWK Hochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen, der die Planung von effizienten Wärmeversorgungsnetzen am Beispiel der Stadt Werlte erläuterte. „Die Ausgangsbasis ist dabei immer eine Inventur des Wärmebedarfs von Gebäuden und Betrieben,“ hob Holler hervor.

Pascal Lang von der EnergieGenossenschaft (EGIS eG) aus dem bayrischen Inn Salzach stellte anhand von erfolgreich umgesetzten Nahwärmekonzepten dar, wie sich Bioenergienutzung sinnvoll mit Photovoltaikanlagen und Wärmepumpen kombinieren lässt. So nutzt die EGIS zum Beispiel einen kleinen Teil ihres Solarparks, um über eine (gebührenfreie!) Direktleitung Strom für ihre Luftwärme-pumpe in der Heizzentrale zu gewinnen und so den Holzeinsatz zu verringern. Genossenschaften bezeichnete er als eine besonders geeignete Möglichkeit für Bürger*innen, gemeinschaftlich ihre Energieversorgung zu sichern und zugleich ihr Geld durch regionale Wertschöpfung zu mehren. Dabei dürfe die Anschlussgebühr (mindestens 7.000 €) und die jährliche Grundgebühr (700 €) für die Fernwärmekunden nicht zu niedrig angesetzt werden, damit die Genossenschaft eine stabile finanzielle Basis auch bei Einnahmeschwankungen habe.

In der Gemeinde Gilten bei Schwarmstedt gibt es gleich zwei Pionierbetriebe, die zeigen, wie die regenerative Wärmeversorgung im ländlichen Raum funktionieren kann: Die Firma Lohse Biogas nutzt die Abwärme aus der Stromerzeugung nicht mehr nur für die Beheizung von Gewächshäusern, sondern versorgt neuerdings auch 43 Wohnhäuser über ein Wärmenetz. Und ganz in der Nähe hat die Duensing Bioenergie GbR seit einem Jahr 55 Haushalte im Norden von Suderbruch unabhängig von Heizöl und Propangas gemacht, indem sie Holzhackschnitzel aus der Landschafts- und Waldpflege effizient und sauber verfeuert.

Eine wichtige Erkenntnis des Seminars ist, dass die Wärmewende letztlich durch die Initiative Einzelner vorangebracht wird, die eine Energiegenossenschaft aufbauen oder mit dem eigenen Unternehmen Strukturen schaffen. Die energetische Nutzung von Biomasse ist dabei eine wichtige Ausgangsbasis neuer Energieversorgungskonzepte.

Die Veranstaltung fand im Rahmen des Interreg-Projektes BIOZE statt, in dessen Rahmen das 3N Kompetenzzentrum zusammen mit Partnern aus Frankreich, den Niederlanden und Schweden Kommunen dabei unterstützen möchte, Bioenergieprojekte erfolgreich umzusetzen.

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