„Wir können Großes im Kleinen tun“
Vogelsbergkreis. Es sind viele Mosaik-Steinchen, die der Vogelsbergkreis schon seit Jahren zusammenfügt, um die gesundheitliche Versorgung der Menschen in der Region zu sichern. Dies wurde einmal mehr deutlich bei der 4. Gesundheitskonferenz, die im Dorfgemeinschaftshaus in Storndorf stattfand und an der neben Ärzten, Mitarbeitern aus dem Pflegebereich und Apothekern auch zahlreiche Vertreter der lokalen Politik teilnahmen.
„Die Herausforderungen sind nicht kleiner geworden“, bilanziert Erster Kreisbeigeordneter und Gesundheitsdezernent Dr. Jens Mischak, als er den Status quo im Vogelsbergkreis vorstellt. Wobei: „Ein Großteil der Probleme können von uns auf der lokalen Ebene gar nicht gelöst werden. Da ist der Bund zuständig, bestenfalls das Land.“ Trotzdem ist es seiner Meinung nach wichtig, die Probleme zu benennen und die Forderungen weiterzutragen – eben an die zuständigen Stellen beziehungsweise an die politisch Verantwortlichen. „Die wirklich großen Räder können wir hier nicht drehen. Aber wir können Großes im Kleinen tun“, betont der Gesundheitsdezernent. Ein Beispiel: das MVZ in Grebenhain und Freiensteinau. Ein Kreis oder eine Gemeinde ist nicht zuständig und verantwortlich, einen Arztsitz neu zu besetzen. „Und doch haben wir dieses Rad gedreht und haben diese Aufgabe übernommen, um die gesundheitliche Versorgung zu sichern“, so Dr. Mischak.
Die jetzt schon angespannte Situation wird sich noch verschärfen, schon jetzt liegt das Durchschnittsalter der Hausärzte bei 56 Jahren, bis zum Jahr 2030 wird fast die Hälfte nicht mehr praktizieren, sodass Nachfolger gesucht werden müssen. Kritisch ist ebenso die Lage in der pflegerischen Versorgung. „Wir haben einen massiven Fachkräftemangel, insbesondere in jüngster Zeit in der Pflege.“ Auch die Apotheken stehen vor großen Herausforderungen, die Suche nach einem Nachfolger ist schwierig, es fehlen Fachkräfte und gerade in jüngster Zeit sind die Apotheker besonders gefordert, um die Menschen trotz Lieferengpässen mit Medikamenten zu versorgen.
Schließlich spricht der Gesundheitsdezernent noch die stationäre Versorgung an: „Für den Neubau des Kreiskrankenhauses in Alsfeld werden wir einen zweistelligen Millionen-Betrag in die Hand nehmen. Wir erwarten aber auch Unterstützung des Landes“, macht er deutlich.
Wie aktiv der Vogelsbergkreis in der Vergangenheit bereits war, um die drängenden Probleme im Gesundheitswesen anzugehen, auch das zeigt Dr. Mischak auf und verweist zunächst auf die Einrichtung der Fachstelle gesundheitliche Versorgung 2013. Initiiert wurde in der Folge die Gründung des Weiterbildungsverbundes für Allgemeinmedizin, der bereits zu 20 Facharztabschlüssen geführt hat, von denen 13 Mediziner in der Region tätig sind. Zudem wurde das Aus- und Weiterbildungspaket medizin+ ins Leben gerufen. Und seit 2016 läuft das Stipendienprogramm, in dessen Rahmen bereits elf junge Mediziner gefördert wurden. Sechs von ihnen sind mittlerweile in der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin. Der Gesundheitsdezernent nennt weitere Initiativen des Kreises wie die Einrichtung der PrimA-Fachstelle, die regionale Gesundheitsplanung, die Gründung des Pflegenetzwerkes, runde Tische für Kinderärzte, für Hebammen und für Apotheker, die Arbeit verschiedener Koordinatoren in der Kreisverwaltung und natürlich die Gründung des MVZ Vogelsberg im Jahr 2020, das Geschäftsführer Ulf Werner im Anschluss vorstellt. „Wir haben eine gute Grundlage für gute Medizin geschaffen“, zeigt er sich überzeugt. An beiden Standorten in Freiensteinau und Grebenhain arbeiten mittlerweile sechs Ärzte, beim Start waren es gerade einmal drei Mediziner. Auch das Praxispersonal wurde aufgestockt. Besonders weist Werner auch auf das umfassende Leistungsspektrum in der Diagnostik hin. Es gibt Ruhe-EKG, Langzeit-EKG, Belastungs-EKG, Lungenfunktionstest, Ultraschall, Langzeit Blutdruck und Laborleistungen.
Schließlich geht der Blick über die Region hinaus: Die Gesundheitskonferenz bietet auch drei interessante Themenforen an. So stellen Caroline Wiedemann und Louise Schöbinger unter dem Motto „Digital geht´s auch“ das Projekt Medizinische Televisite Rheingau vor. Über die internationale Fachkräftegewinnung für die Pflege informiert Antje Gade, Projektleitung im Pflegequalifizierungszentrum Hessen, und Gunther Böttrich, Apotheker und Inhaber einer Apotheke in Volkmarsen, geht auf die Frage „Digitale Apotheke – ein Zukunftsmodell?“ ein.
Im Anschluss werden die Themen in der von Christian Lips von der Pressestelle des Kreises moderierten Gesprächsrunde kurz vorgestellt, eine lebhafte Diskussion schließt sich an. Insgesamt, so bilanziert Gesundheitsdezernent Dr. Jens Mischak, „sind es sehr interessante Impulse, die heute Abend gegeben wurden“.
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