Gesundheit & Medizin

DIVI kritisiert Vorschlag und Vorgehen für PFAS-Verbot

Teflonpfannen und regendichte Outdoorbekleidung: Sie wird es möglicherweise bald nicht mehr geben. Herzschrittmacher, Narkosegeräte und viele andere Medizinprodukte dann aber auch nicht mehr in der bisherigen Form. Das beunruhigt Patienten, Ärzte und Hersteller. Grund dafür ist ein Vorschlag für ein umfangreiches Verbot von sogenannten Ewigkeits-Chemikalien – vom Fachmann als per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen, abgekürzt PFAS, bezeichnet. Sollte das PFAS-Verbot in der momentan vorliegenden Form umgesetzt werden, wird dies erhebliche Auswirkungen auf die Patientenversorgung spätestens ab Mitte des Jahrhunderts haben und die Uhr in der Medizin um mehrere Jahrzehnte zurückdrehen. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) mahnt deshalb an, vor einem endgültigen PFAS-Verbot die weitestgehend offene Frage zu klären: Welche Gefahren gehen für den Menschen und die Umwelt von den Medizinprodukten, in denen überwiegend Polymere mit niedrigem Gefährdungspotenzial verbaut sind, tatsächlich aus? Die Antwort könnte eine risikoadaptierte Beurteilung der PFAS-Substanzen ermöglichen und eventuell zeitlich unbegrenzte Ausnahmeregelungen begründen.

Der Vorschlag des umfangreichen PFAS-Verbotes kommt vom Umweltbundesamt (UBA) und weiteren Behörden aus Deutschland, den Niederlanden, Dänemark, Schweden und Norwegen und wurde bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) eingereicht. Denn PFAS werden, wenn im menschlichen Blut – insbesondere bei Kindern – nachgewiesen, mit Gesundheitsstörungen wie z.B. verminderten Impfreaktionen in Verbindung gebracht. Dies hat nicht nur das UBA zu Recht beunruhigt. Dabei gelangen PFAS überwiegend über das Trinkwasser und Lebensmittel in den menschlichen Körper. Da sich dies offensichtlich nicht verhindern lässt, bietet der Vorschlag für ein PFAS-Verbot auf den ersten Blick wenig Anlass zur Kritik.

Ewigkeits-Chemikalien in der Medizin – zwischen Skylla und Charybdis

Insgesamt sind ca. 10.000 Verbindungen betroffen, für die es aber zunächst zahlreiche, zeitlich begrenzte Ausnahmeregelungen geben wird. PFAS-haltige Biozidprodukte, Pflanzenschutzmittel oder Arzneimittel sollen generell und ohne zeitliche Begrenzung von der Regelung ausgenommen werden. Warum, wundert sich der Fachmann, gelten die generellen Ausnahmen dann aber nicht auch für wichtige Medizinprodukte wie Herzschrittmacher oder Narkosegeräte?

Entwicklung von Alternativen bislang nicht gelungen

Die Entwicklung von Alternativen für nahezu alle PFAS ist bislang nicht gelungen und wird vermutlich auch nicht gelingen. Trotzdem sollte selbstverständlich dringend die Frage nach Alternativsubstanzen und -methoden der rückstandsfreien Entsorgung weiter beforscht und möglichst auch beantwortet werden. Aber selbst wenn es gelingen sollte, Alternativen zu entwickeln, wird der Zulassungsprozess für diese dann neuartigen Produkte den Zeitraum der Übergangsfristen von maximal 13,5 Jahren nach Inkrafttreten der Verordnung mit ziemlicher Sicherheit zeitlich deutlich überschreiten.

Momentan sind Hersteller von PFAS-haltigen Produkten, für die es bislang keine Ausnahmeregelung gibt, aufgefordert, an einem bis zum 25.09.2023 dauernden Konsultationsverfahren der ECHA teilzunehmen, um Ausnahmeregelungen für ihre Produkte zu erwirken. Es wird mit knapp 10.000 Eingaben gerechnet, was den Zeitplan für das Verbotsverfahren, insbesondere den Geltungsbeginn im Jahr 2026 oder 2027, ambitioniert erscheinen lässt.

Es ist ja noch nicht zu spät für schlaue Lösungen!

Das Leben mit PFAS ist offensichtlich schlecht. Das Leben ohne PFAS aber auch! Davon ist die DIVI überzeugt. Es sind schlaue Lösungen auf der Basis von differenzierten Risikobetrachtungen gefragt. Der vorliegende Vorschlag zum PFAS-Verbot erinnert allerdings mehr an einen Rundumschlag.

Über den Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) e.V.

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