Bedeckungsanforderungen für Pensionskassen: „Die Knete muss da sein, aber erst wenn sie gebraucht wird!“
„Die aba fordert eine Anpassung der heute sehr strengen Bedeckungsvorschriften für Pensionskassen, wonach sie ihre versicherungstechnischen Verpflichtungen in jedem Zeitpunkt (insbesondere zu Buchwerten) zu 100% mit Sicherungsvermögen bedecken und die Solvabilitätsanforderungen jederzeit erfüllen muss. Diese Anforderungen begrenzen unsere Möglichkeiten in der Kapitalanlage,“ sagt Jürgen Rings, Leiter der aba-Fachvereinigung Pensionskassen, auf der aba-Tagung der Fachvereinigung Pensionskassen am 29. September 2023 in Bonn. Er führt weiter aus: „Will man dem politischen Willen im Koalitionsvertrag Rechnung tragen, wonach Gelder für Zwecke der betrieblichen Altersversorgung in stärkerem Maße in erwartbar höherrentierliche Anlageformen investiert werden sollen, dann brauchen wir mehr Flexibilität bei den Bedeckungsanforderungen.“
Dr. Stefan Nellshen, stellv. Leiter des aba-Fachausschusses Kapitalanlage und Regulatorik, erklärt dies in seinem Vortrag näher: „Die aktuellen regulatorischen Anforderungen passen nicht zum Geschäftsmodell von Pensionskassen, die den Betriebsrentnern lebenslange Renten zahlen und daher extrem langfristige Verpflichtungen haben. Zudem existieren in aller Regel für die Begünstigten keine Möglichkeiten, die Pensionskasse zu wechseln oder zu kündigen, ohne zugleich aus dem zu Grunde liegenden Arbeitsverhältnis auszuscheiden. Damit haben solche Pensionskassen faktisch keinerlei Stornorisiken. Sinn und Zweck von Bedeckungsvorschriften sollte es daher sein, dass die garantierten Leistungen im Zeitpunkt ihrer jeweiligen Fälligkeit ausfinanziert sind und gezahlt werden. Auf den Punkt gebracht bedeutet dies: Die Knete muss zwar da sein, aber erst wenn sie gebraucht wird.“
In diesem Sinne werden – so Nellshen – modifizierte Bedeckungsanforderungen diskutiert, welche unter gewissen Voraussetzungen eine temporäre Unterdeckung (zu Buchwerten) über einen definierten Toleranzzeitraum hinweg zulassen. Voraussetzung hierfür soll eine entsprechende „Standby-Vereinbarung“ zwischen der Pensionskasse und einem oder mehreren Trägerunternehmen sein. Diese soll die betreffenden Träger verpflichten, etwaig bestehende Unterdeckungen über den Toleranzzeitraum hinweg zu schließen (falls sie sich nicht durch entsprechende Kapitalmarktentwicklungen von selbst schließen). Aus Sicht von Rings sollte auch der BaFin-Stresstest, der ebenfalls die Möglichkeiten in der Kapitalanlage zumindest zum Teil unnötig begrenzt, weiterentwickelt werden.
Die aba fordert ein Zweites Betriebsrentenstärkungsgesetz, das neben den Anpassungen im regulatorischen Bereich auch steuerliche und arbeitsrechtliche Verbesserungen bringen muss. Ein Ausbau der Geringverdienerförderung nach § 100 EStG durch eine Anhebung der Förderquote von 30% auf 40% oder 50% und eine Dynamisierung der Einkommensobergrenze könnten noch mehr als den derzeit über 1 Million Geringverdienern zu einer Betriebsrente verhelfen.
Der Fachdialog zur Stärkung der Betriebsrente und die Erfahrungen mit den ersten Sozialpartnermodellen haben gezeigt, wo der Gesetzgeber zudem nachsteuern muss, um Breitenwirkung zu erzielen. Auch nichttarifgebundene und damit viele kleine und mittelgroße Betriebe müssen nach Ansicht der aba Zugang zu Sozialpartnermodellen erhalten.
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