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Luchsansiedlung im Thüringer Wald: Projektbündnis „Luchs Thüringen – Europas Luchse vernetzen“ möchte bis zu 20 Luchse auswildern

Das neue Artenschutzprojekt „Luchs Thüringen – Europas Luchse vernetzen“ startet heute mit der Übergabe des Fördermittelbescheids durch Umweltminister Bernhard Stengele. Das Projekt will die Ausbreitung des Luchses in Deutschland und Mitteleuropa fördern und einen stabilen Populationskern im Thüringer Wald schaffen. Dafür sollen innerhalb der kommenden vier Jahre bis zu fünf Luchse pro Jahr in Thüringen ausgewildert werden. Zum gemeinsamen Termin im Naturkundemuseum Erfurt präsentierte sich ein breites Bündnis von Akteuren aus Naturschutz, Forst und Jagd. Neben Tieren aus dem Gehege in Hütscheroda geht es auch um zusätzliche Luchse aus den rumänischen Karpaten – dafür sind zwei rumänische Partnerorganisationen in das Projekt eingebunden.

„Der Luchs lebt in unseren Wäldern – er ist ein wichtiger Teil unseres Ökosystems und eine faszinierende Großkatze dazu. Noch fehlt der Trittstein zwischen den Luchsen im Bayerischen Wald und dem Harz. Wenn das Projekt diese Verbindung schafft, haben wir für die Zukunft des Luchses in Mitteleuropa viel erreicht“, so Umweltminister Bernhard Stengele.

Das Projekt „Luchs Thüringen“ wird im Programm „Förderung von Vorhaben zur Entwicklung von Natur und Landschaft“ (ENL) umgesetzt und vom Umweltministerium über einen Zeitraum von etwa vier Jahren in Höhe von 2,9 Millionen Euro gefördert, bereits 2024 mit rund 880.000 Euro. 20 Prozent der Summe stammen aus dem Thüringer Landeshaushalt, die übrigen 80 Prozent sind so genannte ENL-Mittel aus einem von der EU kofinanzierten Programm des TMUEN zur Förderung von Vorhaben zur Entwicklung von Natur und Landschaft. Hinter dem Projekt „Luchs Thüringen“ steht ein breites Bündnis aus zehn Organisationen innerhalb und außerhalb Thüringens, das gemeinsam die Zukunft des Luchses in Mitteldeutschland gestalten möchte. Koordiniert wird das Projekt durch den BUND Thüringen.

Sebastian König, Landesgeschäftsführer des BUND Thüringen, erklärt: „Der BUND Thüringen setzt sich bereits seit vielen Jahren für den Erhalt des Luchses im Freistaat ein. Unsere Feldarbeiten liefern wichtige Informationen zum Vorkommen der Art in Thüringen, und unsere Zuchtanlage im BUND Wildkatzendorf Hütscheroda ist in Deutschland bislang einzigartig. Hier können in Gefangenschaft geborene Luchse ohne Kontakt zu Menschen aufwachsen und optimal auf ein Leben in freier Wildbahn vorbereitet werden.“

Kathrin Samson, Vorständin Naturschutz beim WWF Deutschland kommentiert: „Die Zukunft der Luchse in Deutschland entscheidet sich in Thüringen. Wir brauchen die Wälder dort als Verbindungskorridore zwischen den Luchspopulationen im Harz und im Bayerischen Wald.“ Dazu bekommen die Luchse Sprunghilfe aus Rumänien: Neben den Luchsen aus Gehegehaltung sollen etwa zehn Luchse als Wildfänge aus den rumänischen Karpaten in den Thüringer Wald umgesiedelt werden. Um dies zu gewährleisten, sind zwei rumänische Partnerorganisationen in das Projekt eingebunden. „Neben dem Fang der Luchse unterstützen wir unsere rumänischen Kolleginnen und Kollegen auch beim Monitoring der Art und helfen so, wichtige Daten zur Verbreitung und Populationsdichte des Luchses in den Karpaten zu sammeln.“, sagt Samson.  

Auch der Landesjagdverband (LJV) Thüringen engagiert sich im Projekt „Luchs Thüringen“ für den Erhalt der heimischen Wildtierart. Frank Herrmann, Landesgeschäftsführer des LJV Thüringen, ergänzt: „Ebenso, wie unsere größte Schalenwildart, das Rotwild, leidet auch der im Thüringer Wald sehr seltene und große Streifgebiete benötigende Luchs unter der Zerschneidung seiner natürlichen Lebensräume. Aktuell sind zur Förderung des Gen-Austausches und zur Vernetzung der Luchslebensräume daher Bestandsstützungen noch erforderlich. Der Landesjagdverband unterstützt dabei aktiv das Monitoring dieser interessanten Großkatze.“

Große Unterstützung erhält das Projekt von der ThüringenForst AöR – vor allem beim Fotofallenmonitoring des Luchses. "Luchse sind uns willkommen. Sie sind wichtiger Teil des Ökosystems Wald in Thüringen. Wie intensiv der Einfluss einer erhöhten Luchspopulation auf den Wald und seine Verjüngung tatsächlich sein wird, bleibt abzuwarten. Die Auswilderung von 20 Luchsen stärkt und verbindet die Populationen und hilft, die erforderliche Wiederbewaldung voranzubringen", so Volker Gebhardt, Vorstand der ThüringenForst AöR.

Weitere Projektpartner sind die die Wildtierland Hainich gGmbH (Trägerin BUND-Wildkatzendorf Hütscheroda), das Biosphärenreservat Thüringer Wald, der Naturpark Thüringer Wald, die rumänischen Organisationen Asociaţia pentru Conservarea Diversităţii Biologice und Romsilva, sowie die Georg-August-Universität Göttingen.

Hintergrund:
Der Luchs kommt in Deutschland derzeit in drei Gebieten im Harz, im Bayerischen Wald und im Pfälzerwald vor. Nach Schätzungen des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) leben momentan etwa 125 bis 135 selbstständige Luchse in Deutschland. In Thüringen sind etwa 5 bis 10 Luchse dauerhaft heimisch, vor allem im Norden des Freistaats. Doch die Vorkommensgebiete sind weit voneinander entfernt und ein Austausch von Individuen findet noch kaum statt. Dies kann langfristig zu genetischer Verarmung führen und gefährdet den Fortbestand der Art in Deutschland und Mitteleuropa. Um den genetischen Austausch der Luchspopulationen Mitteleuropas zu fördern, schlagen Experten daher die Gründung weiterer Populationskerne zwischen den etablierten Vorkommensgebieten vor. Aufgrund seiner zentralen Lage kommt dem Thüringer Wald eine herausragende Rolle bei der Umsetzung dieser Strategie zur Vernetzung der Luchsvorkommen Mitteleuropas zu.

Im Rahmen des Vorgänger-Projekts „Trittstein Thüringer Wald“ entstand im Mai 2023 im Wildkatzendorf Hütscheroda ein Koordinationsgehege, in dem in Gefangenschaft geborene Luchse ohne Kontakt zu Menschen aufwachsen und auf ein Leben in Freiheit vorbereitet werden. Gemeinsam mit den bis zu zehn Wildfängen aus Rumänien werden sie im Thüringer Wald ausgewildert. Zuvor werden sie in einem durch ThüringenForst errichteten Soft-Release-Gehege im Thüringer Wald direkt vor ihrer Auswilderung untergebracht, um sich an ihre zukünftige Umgebung zu gewöhnen.

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