
Geradezu ein perfektes Match
Die Debatte über KI läuft. Hohe Erwartungen hinsichtlich der Potentiale und Märkte, die sich für Unternehmen eröffnen, treffen auf Befürchtungen, in nicht allzu langer Zeit durch Technik ersetzt zu werden. Was das Handwerk angeht, gaben die Referenten Patrick Bäurer und Jochen Glunk von der Beratungsfirma KI Pionier & Partner zu Beginn ihrer Präsentation zumindest in letzterem Punkt Entwarnung. „Wir haben noch keine KI gesehen, die eine Wand spachtelt oder ein Dach deckt.“
Was die Werkzeuge hingegen können, sie vereinfachen Prozesse. Glunk demonstrierte dies am Beispiel des sprachgesteuerten Tagesberichtes, der den klassischen Rapportzettel ersetzt. Statt die Arbeiten auf der Baustelle handschriftlich zu notieren und anschließend im Büro in eine elektronische Form zu übertragen, werden die benötigten Daten durch eine App auf dem Smartphone strukturiert abgefragt, per Spracheingabe erfasst und automatisch transkribiert. Die Vorteile für den Betrieb: die Daten liegen vollständig vor, können problemlos weiterverarbeitet werden, die fehlerträchtige Übertragung und zeitraubende Nachfragen entfallen.
Eine weitere praktische Anforderung liegt darin, verschiedene Projektbereiche zu integrieren. Dies ist regelmäßig bei der Dokumentation des Baufortschritts erforderlich, wenn etwa Daten aus der Planung, der Arbeitsvorbereitung und der Materialwirtschaft benötigt werden. Der Beitrag der KI: Textdateien, mündlich erfasste Texte, Zeichnungen und Fotos lassen sich je nach Bedarf einbinden. „Die Schnittstellen zwischen den Programmen stellen keine Hürde dar. Der Transfer in marktgängige Programme ist unproblematisch“, so Glunk.
Auch die Verknüpfung der Aufmaße aus den Grundrissplänen mit der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) sei auch ohne eigens programmierte Software und hohe Investitionskosten möglich. Glunk stellte ein Tool vor, das er allein auf Basis von ChatGPT erstellt hatte. Das Resultat: deutlich weniger Aufwand, um ein vollständiges Gesamtleistungsverzeichnis für Arbeiten inklusive aller Preise zu erstellen.
Dieses Thema treibt auch Falko Steinhilber, Bauunternehmer aus Mössingen, um. „Der Zeitaufwand rund ums Aufmaß ist enorm. Eine Entlastung durch KI wäre willkommen.“ Steinhilber hat vor Kurzem die Zeiterfassung und die Rapporte digitalisiert. Der Chef von 20 Mitarbeitern sieht sich als „Einsteiger in Sachen KI“. Dabei soll es nicht bleiben. Die Veranstaltung sei für ihn eine gute Gelegenheit, Anregungen mitzunehmen.
Die Mühen der Umsetzung beschäftigen Corinna Schuler, die als Bauleiterin vor allem in der Bauwerkssanierung tätig ist. Beginn und Ende der Arbeitszeiten einfach ins Smartphone zu sprechen, sei eine Erleichterung. Leider verfüge noch nicht jeder Mitarbeiter im Unternehmen über ein Geschäftshandy. Schwierigkeiten sieht sie auch in einem anderen Bereich. „Die Chargennummern des Materials, das wir verwenden, müssen korrekt angegeben werden, sonst bleibt der Kontrollaufwand unverändert hoch.“
Zum Abschluss zog Bäurer ein Fazit: „Der Zug fährt, und das Tempo, in dem KI-Anwendungen entwickelt werden, ist enorm.“ Der größte Fehler wäre es, angesichts offener Rechtsfragen oder noch nicht klar definierter Anwendungsmöglichkeiten überhaupt nicht anzufangen. „Lassen Sie sich nicht bremsen, sehen Sie die Chancen“, so Bäurer. „Handwerk und KI passen sehr gut zusammen. Das ist geradezu die perfekte Symbiose.“
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