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    Lettre International 131 / Winter 2020 / Neue Ausgabe

    Martin Burckhardt bringt Beziehungen zwischen der historischen und der gegenwärtigen Apokalyptik ans Licht. Die den Konflikten zwischen Juden und Hellenen entspringenden Bücher Daniel, Henoch, Esra und das der Makkabäer mit ihrem Offenbarungsglauben, ihrer Heilsgeschichte, ihrem Jüngsten Gericht eröffnen ihm sonderbare Verwandtschaften mit gegenwärtigen Formen der Apokalyptik. Eine diffuse Erregungsbereitschaft und eine identitätspolitisch zurechtgebogene Geschichtsauffassung verbindet die Eiferer der Gegenwart mit ihren vorchristlichen Vorfahren. Die heutigen Apokalyptiker dienen einer Religion ohne Religion, doch auch in einer „beschnittenen“ Apokalypse ist der Furor ungebändigt. Speiste sich die Empfänglichkeit für Endzeitszenarios vor kurzem noch aus der Möglichkeit einer atomaren Selbstauslöschung, hat sich das apokalyptische Denken nunmehr in die Cloud und in diffuse Befindlichkeitsstörungen verlagert.…