Kunst & Kultur

Die ACHAVA Festspiele Thüringen 2020: Eine Erfolgsgeschichte mit über 13.000 Besuchern

Dieses Jahr konnten im Zeitraum 6. – 20. September 2020 insgesamt 63 abwechslungsreiche Veranstaltungen stattfinden, fast alle ausverkauft bzw. voll besetzt, seien es Konzerte, Ausstellungen, das Schülerprogramm oder Podiumsdiskussionen. Obwohl die Hygiene- und Abstandsregelungen in Zeiten von Corona die Vorbereitung vieler Veranstaltungen verkomplizierten, konnte gemeinsam ein enormes Programm gestemmt werden. Nach Bekanntgabe der Einschränkungen entwickelte der Intendant Martin Kranz beispielsweise das mobile ACHAVA Live Forum (ALF), mit dem die Überlebenden aus ihren Wohnzimmern zu den Podiumsgesprächen und Schülerrunden zugeschaltet werden konnten. Die technischen Möglichkeiten erweiterten den Wirkungskreis des Bildungsprogramms so quasi uneingeschränkt, bis hin zu Schulen in Schleiz, Friedrichsroda oder Meuselwitz. Orte, die sonst gerne vernachlässigt werden, weil sich Veranstaltungsreihen oft eher in den größeren Städten engagieren.

Teilweise wurden Veranstaltungsorte verlegt, so fand beispielsweise das Schülerforum – sonst im Thüringer Landtag – im Erfurter Zughafens statt. Konzert- und Kinosäle wurden entsprechend geringer belegt.

„Das war allerdings nur möglich, weil die ACHAVA Festspiele ein vom Land und Sponsoren gefördertes Festival ist.“, erinnert Martin Kranz. „Wir waren nicht auf einen bestimmten Ticketumsatz festgelegt, mussten nicht im klassischen Sinne „wirtschaftlich“ sein, wie rein private Festivals. Dafür sind wir unseren Partnern und Unterstützern unendlich dankbar. Außerdem haben die ACHAVA Festspiele spürbar Hoffnung gegeben. Ob Künstler, Publikum oder Schulklassen, die Resonanz war durchweg positiv, der Wunsch nach weiteren Begegnungen wurde klar formuliert.“

Das Festival selbst ist schon lange nicht mehr nur auf die ursprüngliche Kernzeit von zehn Tagen beschränkt.  Eisenach startete bereits am 6. September und bis Dezember wird es noch einzelne Veranstaltungen in Arnstadt, Eisenach, Jena und anderen Thüringer Städten geben.

Andere Perspektiven in ARNSTADT und JENA

Erstmalig waren die ACHAVA Festspiele in Arnstadt und Jena zu Gast. Beide Städte beschäftigen sich mit ihrem Jüdischen Erbe und demonstrierten eindrucksvoll Geschichte und Relikte und Geschichte jüdischen Lebens. Belebt wurde das Programm durch Zeitzeugengespräche, Stadt- und Filmvorführungen sowie beispielsweise der Ausstellung „Die Bauten des Martin Schwarz. Die Synagoge von Arnstadt“. Wir danken hier insbesondere der Stadtverwaltung Jena sowie der Friedrich-Schiller-Universität Jena und in Arnstadt dem Ev.-Luth. Kirchenkreis Arnstadt-Ilmenau und der Stadt Arnstadt für die gute Zusammenarbeit.

Fröhliche Feststimmung in EISENACH

Die Eisenacher wollen nun nicht mehr auf „ihre“ ACHAVA Festspiele verzichten. Nach der gelungenen Premiere in 2019 gaben Stadt, Kirche und Lutherhaus wieder alles, um ein  abwechslungsreiches Programm mit 22 Veranstaltungen zu präsentieren, darunter ein bewegender Shabbat G*ttesdienst am 11. September im Festzelt, einen komödiantischen Rabbiner, Podiumsdiskussionen, eine Lesung mit Nina Hoger und ein Konzert mit der Syriab Band. Allein das Straßenfest konnte etwa 3.000 Besucher verzeichnen und bot Familien und Kindern viele Aktivitäten, die sich mit Christentum, Judentum und Islam beschäftigten.

Gänsehautmomente in WEIMAR

In Weimar konnte die open-Air-Ausstellung DIE ZEUGEN weiter verstetigt werden. Sechs neue Portraits des Weimarer Fotografen Thomas Müller von Buchenwald-Überlebenden ergänzen jetzt die im April 2019 eröffnete Schau. Ein Herzensprojekt des Intendanten Martin Kranz war die Verhüllung des Weimarer Rathauses. Das Motiv: das Tor von Buchenwald nach der Befreiung durch die Amerikaner. Eine Erinnerung an das Grauen, aber auch den Sieg darüber mitten in der Stadt, die dem Konzentrationslager so nahe war. Ergänzt durch Projektionen mit Bildern und Zitaten von Überlebenden. Gänsehautmomente für die Besucher des Marktplatzes vor dem Rathaus, als beispielsweise Naftali Fürst per Live-Stream zugeschaltet wurde.

Auch dies eine würdige Erinnerung an die Befreiung des Lagers vor 75 Jahren. Da die Gedenkveranstaltung im April ausfallen musste, war dies ein Weg sie nachzuholen. Seitdem stehen täglich sehr viele Menschen auf dem Marktplatz, um sich die Installation anzusehen.

Etwa 300 Menschen gingen am 13. September nach Buchenwald den Weg, den auch die Gefangen und nach der Befreiung die Weimarer Bürger*innen gehen mussten. Hier gilt unser Dank auch dem Kunstfest für die Kooperation zum Gedenken an 75 Jahre Befreiung.

Musikalische Highlights in ERFURT

In Erfurt startete das Festival offiziell am 10. September vor (nach Corona-Bedingungen) ausverkauftem Haus mit „Jewish Jazz und Sinti Swing“. Künstler und vermutlich auch einige Gäste genossen ihr erstes Konzert seit dem Lockdown im vollen Zughafen. Zu Gast: der israelische Gesandte Aaron Sagui, Ministerpräsident Bodo Ramelow, die Eisenacher Oberbürgermeisterin Katja Wolf, Reinhard Schramm – Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde in Thüringen, u.v.m. Am zweiten Abend riss die Nerly Bigband gemeinsam mit der Syriab Band das Publikum von den Sitzen. Erst als die Zugaben sich dem Ende neigten, endete das Konzert.

Erfahrungsreiches SCHÜLERPROGRAMM

Der Zughafen bot auch 150 Schülerinnen und Schülern beim ACHAVA Schülerforum Platz für einen intensiven Austausch via ALF mit Zeitzeugen, einem Filmprogamm und Diskussionen. Wieder einmal zeigte sich, wie sehr das Thema „Erinnerung“ im Alltag zu kurz kommt, bzw. wie sehr persönliche Gespräche bewegen und verstehen helfen. Die Schüler waren tief bewegt und beeindruckt von der Kraft und dem Willen nach Verständigung, die von den Überlebenden ausging.

Desweiteren besuchten die ACHAVA Festspiele mit dem ALF elf Thüringer Schulen. Weitere Anfragen zur Fortsetzung der Reihe „Hört die Zeugen“ sind in Bearbeitung.

DER PARADIESBAUM – ein neues Symbol auf dem Petersberg

Der Paradiesbaum auf dem Petersberg lockte täglich Dutzende Gäste, die ihre Blätter an einem ausgelegten Zweig selber anbringen konnten, bevor dieser am Samstag an den Baum geschweißt wurde. Als Symbolbild für Versöhnung steht der Olivenbaum für die Motivation der ACHAVA Festspiele Thüringen: Begegnung schaffen und zu Toleranz und Zivilcourage ermutigen, Das Olivenblatt ist seit jeher ein Zeichen für Hoffnung und Frieden, der Paradiesbaum eine sichtbare Verbindung zwischen Erfurt, bzw. Deutschland und Ramle, bzw. Israel, wo der Nihad Dabeet lebt und arbeitet und Jerusalem, wo ein zweiter Baum steht. Der Paradiesbaum ist ein Kunstprojekt, das jeder versteht. Nahbar, sichtbar, greifbar.

Sonntag, den 20. September findet die feierliche Einweihung und Freigabe des Paradiesbaum auf dem Erfurter Peterberg statt, zu der sehr viele Besucher erwartet werden.

Darüber hinaus können bis zum Ende der BUGA im Herbst Blätter an den bekannten Vorverkaufsstellen erworben werden. Die Abgabe erfolgt in Boxen vor Ort. Ein Termin, an dem weitere Blätter befestigt werden, wird noch bekannt gegeben.

Aktuelle Infos immer unter www.paradiesbaum.org ALF – In Sekunden aus Israel, den USA und Ungarn nach Thüringen

Sehr gut kam auch das ACHAVA Live Forum (ALF) an. Inzwischen gibt es Anfragen von Schulen, Ministerien und Institutionen, das ALF zu nutzen, wenn die eigenen technischen Möglichkeiten für Live-Streamings nicht ausreichen.

Insgesamt kamen über 13.000 Besucher zu den ACHAVA Festspielen, was zwar nur ungefähr halb soviel ist, wie im letzten Jahr, aber unter den gegebenen Umständen durchaus als voller Erfolg bezeichnet werden kann.

PERSPEKTIVE 2021

Für die ACHAVA Festspiele 2021 konnten viele neue Eindrücke und Ideen gesammelt und hoffentlich auch neue Partner gewonnen werden. Neue Projekte sind angestoßen, neue Kontakte gemacht, vorhandene vertieft worden. ACHAVA zieht immer weitere Kreise, möchte aufklären, vermitteln, erinnern und versöhnen. Nach sechs Jahren bietet das ACHAVA Netzwerk beste Expertise und Erfahrung im Umgang mit dem interkulturellen und interreligiösen Dialog.

TERMIN 2021
23. September – 3. Oktober 2021

Im Oktober und Dezember folgt noch der Epilog mit weiteren interessanten Begegnungen und das Weihnachtsoratorium in der Arnstädter Bachkirche. Schauen Sie rein www.achava-festspiele.de

Epilog – weitere Veranstaltungen bis Dezember  

27. September – Jena
E.R. – Portrait eines Vergessenen – eine performative Spurensuche zu Eduard Rosenthal
https://www.achava-festspiele.de/termin/2020-09-27-1500#detail

1.10. Eisenach / Neuenhof – 30 Jahre Wiedervereinigung
https://www.achava-festspiele.de/termin/2020-10-01-1000#detail

2.10. Erfurt – Aula Ratsgymnasium –  30 Jahre Wiedervereinigung
https://www.achava-festspiele.de/termin/2020-10-02-0930#detail

19.12. Bachkirche Arnstadt – Weihnachtsoratorium
https://www.achava-festspiele.de/… wird am 20.10. vom Deutschlandfunk übertragen  

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