Finanzen / Bilanzen

EMI: Industrieller Aufschwung hält trotz fragiler werdender Lieferketten an

Deutschlands Industriesektor ist schwunghaft ins neue Jahr gestartet. Das Verarbeitende Gewerbe verzeichnete im Januar erneut Zuwächse beim Auftragseingang und bei der Produktion. Das zeigt der saisonbereinigte IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI), der mit 57,1 Punkten auch im ersten Monat des neuen Jahres komfortabel in der Wachstumszone notierte – wenngleich so niedrig wie seit vier Monaten nicht mehr. Gegenüber dem annähernden 3-Jahreshoch von Dezember (58,3) gab der deutsche PMI zudem etwas nach, teilte der englische Finanzdienstleister IHS Markit mit.

Die EMI-Umfrageergebnisse zeigen aber auch, dass es aufgrund von Verknappungen bei Rohmaterialien und dem Mangel an Schiffscontainern häufiger zu Unterbrechungen der Lieferketten kam. Dies wiederum führte zu einem signifikanten Anstieg der Einkaufspreise sowie niedrigeren Lagerbeständen, heißt es weiter.

„Deutschlands Industrie zeigt sich zu Jahresbeginn in robuster Verfassung und setzt ihren Wachstumskurs trotz Corona-Lockdown auch im Januar fort. Damit erweist sich das Verarbeitende Gewerbe als wichtiger Stützpfeiler für die größte Volkswirtschaft Europas“, betonte Dr. Silvius Grobosch, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Dienstag in Eschborn. Anlass zur Sorge gäben jedoch die sich häufenden Lieferverzögerungen. Diese forderten insbesondere den Einkauf heraus. Dieser müsse darauf mit einer Straffung seines Risikomanagements reagieren. Dazu gehöre auch, das bestehende Lieferantennetzwerk regelmäßig auf mögliche Schwachstellen zu überprüfen.

„Die Stimmung in der Industrie ist weiterhin recht gut. Die seit November 2020 laufenden Lockdowns behindern vornehmlich die Dienstleistungssektoren“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, am Dienstag auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Im Industriebereich werde hingegen deutlich, dass die hohe Dynamik in China auch ihre Schattenseiten habe: „Knappheiten bei Rohstoffen und Schiffscontainern treiben die Preise. Der in diesem Jahr zu erwartende Preisauftrieb kommt also nicht nur von den wieder höheren Mehrwertsteuersätzen, der C02-Bepreisung und der Anhebung des Mindestlohns in Deutschland, sondern auch von internationalen Faktoren. Steigende Inflationsraten werden somit auch in anderen Ländern 2021 zu beobachten sein. Die EZB wird sich freuen – der Sparer eher nicht“, fügte die Helaba-Bankdirektorin in ihrem Statement für den BME hinzu.

„Die Einkaufsmanagerindizes bringen einen schwachen Jahresstart aller Volkswirtschaften in Europa zum Ausdruck. Sie zeigen aber auch, dass die Vielzahl regionaler Lockdown-Maßnahmen die Konjunktur nicht wie im ersten Halbjahr 2020 abwürgen“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, am Dienstag dem BME.

Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise teilte Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG, am Dienstag dem BME mit: „Nach dem starken Preisanstieg bei vielen metallischen Rohstoffen im Dezember 2020 verteuerten sich die meisten Rohstoffe im Januar nochmals drastisch. Ursache war in der Regel ein zu knappes Angebot. So dürfte beispielsweise der globale Kupfermarkt 2020 mit einem Angebotsdefizit von 0,5 Millionen Tonnen abgeschlossen haben. Da die Bestände an den Börsen weiter sanken und auch die investive Nachfrage drastische anzog, ist nicht verwunderlich, dass nun die Preise um das Niveau von 8.000 US-Dollar/Tonne oszillieren. Eine nachhaltige Entspannung setzt eine weitere Normalisierung der Minenproduktion voraus. Zudem steigt der Kupferbedarf – zum Beispiel im Automobil – aufgrund des Trends zum autonomen Fahren sowie zu batteriegetriebenen Modellen. Und auch die Energiewende in Europa stimuliert den Absatz.“

Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:

Produktion: Der saisonbereinigte Teilindex Produktion hielt sich auch im Januar solide im grünen Bereich und signalisierte damit abermals kräftiges Wachstum. Allerdings gab er bereits zum dritten Mal in Folge etwas nach und notierte auf dem niedrigsten Stand seit letztem August. Ein Blick auf die EMI-Umfrage-Ergebnisse im Einzelnen zeigt, dass in allen drei Teilbereichen der Industrie deutliche Zuwächse verzeichnet wurden – auch im Konsumgüterbereich nach zwei Monaten Schrumpfung.

Auftragseingang insgesamt: Die Anzahl der Neuaufträge nahm aufgrund der wachsenden Nachfrage aus dem In- und Ausland auch am Jahresanfang zu. Die Steigerungsrate blieb hoch, schwächte sich aber weiter vom Rekordhoch im Oktober auf den nunmehr tiefsten Wert in der siebenmonatigen Wachstumsphase ab.

Auftragseingang Export: Der Aufwärtstrend bei den Exportordern, der in der zweiten Jahreshälfte 2020 begann, setzte sich im Januar fort. Die Zuwachsrate zog sogar leicht gegenüber dem 4-Monatstief von Dezember 2020 an. Hersteller, die ein Plus verzeichneten, schrieben dies vor allem der höheren Nachfrage aus den USA und Asien (insbesondere China) zu. Am besten schnitt der Investitionsgüterbereich ab, gefolgt vom Vorleistungsgüterbereich.

Beschäftigung: Im Januar wurden in der Industrie ebenfalls wieder Stellen abgebaut, womit sich der seit mittlerweile fast zwei Jahren anhaltende Negativtrend fortsetzte. Betriebsbedingte Kündigungen, die Nichtbesetzung offener Stellen sowie die Kürzung von Leiharbeitern zur Kosteneinsparung waren die häufigsten Gründe für die jüngsten Entlassungen. Positiv anzumerken ist, dass sich die Schrumpfungsrate auf den niedrigsten Wert seit anderthalb Jahren abgeschwächt hat.

Einkaufspreise: Die Auswirkungen der Lieferengpässe zeigten sich unter anderem in einem signifikanten Anstieg der Einkaufspreise. So schnellte der saisonbereinigte Teilindex im Januar auf den höchsten Stand seit Juli 2018. Zu den am häufigsten als teurer gemeldeten Materialien gehörten eine Reihe von Metallen (insbesondere Stahl) sowie Metallkomponenten, elektronische Bauteile, Chemikalien und Kunststoffe.

Verkaufspreise: Trotz des deutlichen Kostensprungs im Januar blieb die Inflationsrate der Verkaufspreise vergleichsweise moderat und gab gegenüber dem Vormonat sogar etwas nach. Einige der Befragten verwiesen in diesem Zusammenhang auf den nach wie vor starken Wettbewerb. Hersteller von Konsumgütern senkten ihre Preise im Berichtsmonat sogar.

Geschäftserwartungen: Der Geschäftsausblick binnen Jahresfrist hat sich im Januar weiter verbessert. Mehr noch, der Optimismus der Hersteller erreichte ein neues Rekordhoch (seit Juli 2012) und übertraf damit den bisherigen Spitzenwert von Januar 2014. Fast die Hälfte (47 Prozent) der EMI-Umfrageteilnehmer ist zuversichtlich, dass die Produktionsraten im Jahresverlauf steigen werden. Ihre Hoffnungen stützen die meisten dabei auf den Beginn der Massenimpfungen gegen Covid-19 sowie den großen Nachholbedarf in vielen Bereichen.

Über den EMI: Der IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Er ist eine Momentaufnahme der Geschäftssituation im Verarbeitenden Gewerbe – errechnet aus den Teilindizes für Auftragseingang, Produktion, Beschäftigung, Lieferzeiten und Vormaterialbeständen. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des BME. Er wird vom Anbieter von Unternehmens-, Finanz- und Wirtschaftsinformationen IHS Markit mit Hauptsitz in London erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern und Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI).

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