Medien

Pop-Up Medienwelt Saar

Medienvielfalt, Plattformregulierung, Medienkompetenz, und eine effektive Rechtsdurchsetzung sind nur einige Stichpunkte aktueller Herausforderungen im Bereich der Medienregulierung und Medienpolitik. Die Landesmedienanstalt Saarland (LMS) diskutierte u.a. mit Ministerpräsident Tobias Hans, Prof. Dr. Mark D. Cole und Landespolizeipräsident Norbert Rupp zur Vielfalt der Medienwelt.

In einem virtuellen Rundgang durch die Fancy Pop-Up Gallery Saarbrücken gab die Veranstaltung am 08. Juni Impulse zu vielfaltssichernden Maßnahmen in föderalen Strukturen und reflektierte aus unterschiedlichen Perspektiven die Rolle von Politik, Landesmedienanstalt, Medienschaffenden und Bürger:innen in einer immer komplexeren digitalen Medienwelt. Die Online-Veranstaltung startete mit einem Rückblick der Direktorin der LMS, Ruth Meyer, auf das Mediennutzungsverhalten der Deutschen im Corona-Jahr 2020-2021: „Die Online-Präsenz ist unter Corona um weitere 15% gestiegen – bei Jugendlichen sogar um 25%. Die Hälfte der Jugendlichen informiert sich heutzutage ausschließlich über Soziale Medien. Gaming, das Spielen am Computer, ist der Wachstumsmarkt schlechthin und das vor allem auch bei den über 60-Jährigen.“ Interessant sei, dass in der Krise inhaltlich wertvolle Angebote aus der kaum noch zu überblickenden Vielfalt an Unterhaltung, Bildung und Information im Netz besonders gefragt waren.

Unter diesem Vorzeichen der erweiterten und fast omnipräsenten Digitalisierung hob Ministerpräsident Tobias Hans in seinem Eingangsstatement die Rolle der Landesmedienanstalt Saarland im Zusammenspiel zwischen Innovationsförderung, Medienregulierung und Medienkompetenzvermittlung hervor: „Im digitalen Zeitalter geht es nicht allein um Technikkompetenz, es geht darum zu entscheiden, welche Informationen sind relevant, welche Informationen sind tatsächlich gehaltvoll und welche Informationen sind verlässlich. Das ist etwas, was wir den Bürger:innen beibringen müssen, wenn wir von Medienkompetenz sprechen. Die LMS übernimmt im Saarland eine besondere Aufgabe, indem sie einer breiten Bevölkerungsschicht aufzeigt, was FakeNews, Digital Bots und Social Bubbles sind." Neben den Herausforderungen im Bereich der Medienkompetenzvermittlung betonte Ministerpräsident Tobias Hans die Innovationsförderung und die Wichtigkeit, das Saarland als Medienstandort weiter auszubauen, z.B. über die bei der Saarland Medien angesiedelte Gamesförderung. Der Medienstaatsvertrag habe darüber hinaus neue Regulierungsfragen eröffnet, welche im gut vernetzten Saarland auch durch einen Austausch mit der IT-Spitzenforschung im Saarland, z.B. dem DFKI oder dem CISPA, weitergedacht werden sollten.

LMS-Direktorin Meyer zeigte in einer guten Stunde mit weiteren Gästen, wie Prof. Dr. Mark D. Cole und Landespolizeipräsident Norbert Rupp die inhaltlichen Schwerpunkte der LMS zu aktuellen Themen der „Pop-Up Medienwelt Saar“ – so der Titel der Veranstaltung – auf: „Desinformation und Fake News“, „Die Macht der Medien“ sowie „Verfolgen statt nur Löschen“: „Ob Hassbotschaften, Social Bots oder algorithmengesteuerte Meinungsmache: die schützenswerte Meinungsvielfalt im Netz gerät dort an ihre Grenzen, wo andere Grundrechte tangiert werden“, ist Ruth Meyer überzeugt.

Mark D. Cole, wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Europäisches Medienrecht (EMR), zeigte in seinem Impuls Zukunftsperspektiven für eine vielfaltssichernde Medienordnung auf: „Medienregulierung ist kein Selbstzweck und zugleich hoch relevant und hoch sensibel. Sowohl national (und damit insbesondere länderbezogen), aber auch europäisch auf Ebene der EU ist bzw. muss Medienregulierung wertebasiert und grundrechtsfundiert sein. Zu diesem Fundament zählen neben Individual-Grundrechten auch der Ausdruck der objektiven Werteordnung.“ Insbesondere die demokratierelevante Funktion der Medien, sei bei der Sicherung des Medienpluralismus hervorzuheben. Im Dialog mit Ruth Meyer betonte Cole, dass es bei der Einhaltung von Regeln bei der Meinungsauseinandersetzung um mehr als nur “Nutzerschutz” gehe, denn das Individuum soll sich im demokratischen Diskurs beteiligen können, ohne die Befürchtung zu haben, schutzlos strafbaren Formen von “Gegenäußerung” ausgesetzt zu sein: „Regeln bedürfen – auch im sensiblen Bereich von Meinungsäußerungen, bei denen Eingriffe auch eine mögliche Verkürzung des Grundrechtsgebrauchs bedingen – Instanzen, die die Einhaltung überwachen. Sich allein auf Durchsetzung von Regeln durch betroffene Individuen oder durch Selbstverpflichtungen beteiligter Parteien, wie z.B. Unternehmen, die Plattformen betreiben, zu verlassen, erscheint nicht nur aus der Erfahrung, sondern im Blick auf die Bedeutung der betroffenen Rechtsgüter gefährlich und nicht hinnehmbar.“

Um genau die von Prof. Dr. Cole eingeforderte effektive Rechtsdurchsetzung im Netz, geht es bei dem neuen Projekt „Verfolgen statt nur Löschen“, das Landespolizeipräsident Norbert Rupp und die stellvertretende Leiterin des Landeskriminalamts Steffi Dümont vorstellten. Ihnen sei bewusst, dass ganz viele Straftaten im Netz stattfänden, weil die Täter:innen durch die Anonymität im Netz geschützt seien. In einer Face-to-Face-Kommunikation würden sie so etwas in der Regel niemals äußern. Genau hier müsste angesetzt werden, um den Nährboden für Hatespeech, Gewalt im Netz und Desinformation zu entziehen und eine Strafverfolgung zu ermöglichen. Löschen allein bringe hierbei wenig. Die Pilotphase würde demnächst starten.

Am Ende des virtuellen Rundgangs durch die Pop-Up Medienwelt Saar resümierte LMS-Direktorin Ruth Meyer: „Es gibt viel zu tun! Die gute Vernetzung mit gesellschaftlich relevanten Gruppen, mit Institutionen, Bildungsträgern und der Forschung ist ein Alleinstellungsmerkmal des Saarlands. Dieses Netzwerk gibt uns eine weit überdurchschnittliche Wirkkraft, vielfaltssichernde Maßnahmen deutschland- und europaweit aus dem Saarland und für das Saarland einzufordern. Gemeinsam mit den im Medienrat vertretenen Gruppen will die LMS auch weiterhin die Vielfalt der regionalen Medienwelt so gestalten, dass sie auf dem Boden des Rechts von der saarländischen Bevölkerung kompetent und kritisch genutzt werden kann.“

Die Veranstaltung steht ab sofort auch zum Abruf unter www.youtube.com/LMSaar bereit.

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