Verbraucher & Recht

Flut 2021: Deutschland ist schadensersatzpflichtig, weil EECC-Richtlinie nicht fristgerecht umgesetzt wurde

  • EECC-Richtlinie nicht in nationales Recht umgesetzt: Deutschland hat es versäumt, bis Ende 2020 ein System u. a. zur Warnung vor Naturkatastrophen einzuführen
  • Rechtsverletzung des Staates: Deutschland muss laut Rechtsanwalt Prof. Dr. Römermann für die Schäden der Flutkatastrophe aufkommen
  • Schäden in Milliardenhöhe und bisher 184 Tote: Durch rechtzeitiges Umsetzen der EECC-Richtlinie wären die Schäden womöglich geringer ausgefallen

Laut der Richtlinie (EU) 2018/1972 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation (EECC-Richtlinie) müssen alle EU-Staaten unter anderem dafür sorgen, dass Menschen Warnmeldungen auf ihr Handy erhalten, wenn es beispielsweise zu Terroranschlägen kommt oder sich Naturkatastrophen anbahnen. Bis zum 21. Dezember 2020 hatte die Bundesregierung Zeit, die EECC-Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen.

Da dies nicht geschah, ist seit Februar 2021 ein Vertragsverletzungsverfahren der EU gegen Deutschland anhängig. Doch auch die schweren Ausmaße der Flutkatastrophe hätten verhindert werden können, wenn der Notfallalarm rechtzeitig eingeführt worden wäre. Für Rechtsanwalt Prof. Dr. Römermann steht daher fest:

Der Schaden beruht insoweit auf einer Rechtsverletzung des Staates.

Hochwasser-Gefahr war bereits mehrere Tage im Vorfeld bekannt

Laut Hannah Cloke, Professorin für Hydrologie an der Universität Reading in Großbritannien, wurde die deutsche Bundesregierung bereits vier Tage vor der Katastrophe durch das Europäische-Hochwasser-Warnsystem – kurz Efas – darauf hingewiesen, dass Hochwasser drohe. Sogar die betroffenen Gebiete wurden 24 Stunden vor der Katastrophe teils sehr genau vorhergesagt. Doch die Warnungen vonseiten der Behörden kamen nicht in ausreichendem Maße bei den Bürgern an.

Der Rechtsanwalt Prof. Dr. Volker Römermann fasst es wie folgt zusammen:

“Wären die Betroffenen rechtzeitig gewarnt worden, so wären viele Schäden gar nicht oder in deutlich geringerem Ausmaße entstanden.”

Cell Broadcast in Deutschland immer noch nicht eingeführt

In mehreren europäischen Ländern, etwa in den Niederlanden, können Menschen per SMS gewarnt werden, wenn sich beispielsweise Naturkatastrophen anbahnen. Dieses Verfahren wird Cell Broadcast genannt. Es funktioniert wie folgt: Ein Mobilfunkmast versorgt das ihn umgebende Gebiet mit Mobilfunkempfang. Wird für dieses Gebiet eine Warnung ausgesprochen, kann an alle Handys, die über diesen Mast ins Netz eingebucht sind, eine SMS mit den wichtigsten Informationen gesendet werden. Die SMS kommen auch bei einer Überlastung des Mobilfunknetzes an, weil ein priorisierter Kanal verwendet wird.

Doch in Deutschland ist Cell Broadcast unter anderem aus datenschutzrechtlichen Gründen immer noch nicht erlaubt. Die SMS werden nämlich verschickt, ohne dass die Empfänger dem explizit zustimmen.

Deutschland hätte längst die technischen und rechtlichen Grundlagen dafür schaffen müssen, dass Menschen per SMS vor Katastrophen gewarnt werden können”, so Rechtsanwalt Prof. Dr. Römermann.

Schäden in Milliardenhöhe: Wer kommt dafür auf?

Versicherer schätzen die Flut-Schäden auf bis zu fünf Milliarden Euro. Dazu kommen noch die Verluste derer, die nicht gegen die Folgen von Naturkatastrophen abgesichert waren. Neben den privaten Schäden ist auch die Infrastruktur in den Regionen stark getroffen. So funktioniert mancherorts die Versorgung mit Trinkwasser, Gas und Strom immer noch nicht. Die Deutsche Bahn beklagt Schäden an Bahnstrecken und -höfen von ca. 1,3 Milliarden Euro. Bei den z. T. schwer beschädigten Straßen und Autobahnen sollen sich die Schadenssummen auf mehrere hundert Millionen Euro belaufen. Herbert Reul, Innenminister von Nordrhein-Westfalen, geht deshalb davon aus, dass der Wiederaufbau teils Jahre dauern könne.

Für diese Schäden muss laut Rechtsanwalt Prof. Dr. Römermann Deutschland aufkommen, denn:

“Ein Mitgliedstaat hat die Schäden zu ersetzen, die dem Einzelnen dadurch entstehen, dass eine Richtlinie nicht umgesetzt worden ist. Das hat der EuGH schon mit Urteil vom 19.11.1991 festgestellt (Rechtssachen C-6/90 und 9/90).”

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