Musik

Die Oper »Soldaten« als Installation für den Konzertsaal in Köln, Paris und Hamburg

Bernd Alois Zimmermanns Oper »Die Soldaten« galt zunächst als unspielbar – und wurde schließlich 1965 in der Oper Köln mit dem Gürzenich-Orchester uraufgeführt. Heute zählt das monumentale Stück zu den wichtigsten Musiktheater-Werken des 20. Jahrhunderts. Anlässlich des 100. Geburtstags von Zimmermann 2018 zeigte die Oper Köln das Werk in einer Neuinszenierung in der Interimsspielstätte StaatenHaus Köln. François-Xavier Roth und Calixto Bieito übersetzen am 12. Februar 2022 in der Kölner Philharmonie diese Dystopie über eine verrohte, von den Prinzipien von Ethik und Menschlichkeit entfremdete Gesellschaft in eine Installation für den Konzertsaal. Als Gastspiel ist das Werk am 23.02.22 in der Philharmonie de Paris und am 26.02.2022 in der Elbphilharmonie Hamburg zu erleben.

In Koproduktion mit der Oper Köln erarbeiten François-Xavier Roth, das GürzenichOrchester und der spanische Star-Regisseur Calixto Bieito, der »Die Soldaten« bereits in Zürich und an der Komischen Oper Berlin inszeniert hat, nun die Realisation von Zimmermanns »totalem Theater« für den Konzertsaal. Bei dieser Aufführung rücken allerdings nicht die szenischen Möglichkeiten und Effekte der Bühne in den Mittelpunkt. Roth möchte den Fokus auf die musikalische Textur dieser Jahrhundert-Partitur richten und zusammen mit dem GürzenichOrchester eine exemplarische Interpretation präsentieren. »Mein Wunsch war es, nach der viel beachteten Produktion hier am Opernhaus in Köln, das Werk in großen Konzertsälen zu spielen, um das Orchester aus dem Graben in den Saal zu holen und so den Zuhörern und Zuhörerinnen eine völlig neue, ungefilterte Perspektive auf das Werk zu bieten. Diese Art von mitreißender Unmittelbarkeit lässt sich in einem traditionellen Opernhaus nur bedingt umsetzen.“

Calixto Bieito ergänzt: »In der Zusammenarbeit mit François-Xavier Roth möchte ich keine Inszenierung im herkömmlichen Sinne zeigen. Es ist eher eine Installation. Sie geht von der üblichen Situation im Konzertsaal aus und unterstreicht, wie das Orchester in diesem Stück zu einer großen, mörderischen Maschine wird, die in der Lage ist, die Menschen aufzufressen und verändert wieder auszuspucken. Die Musik ist hier der Ausgangspunkt für einen großen Knall, für einen Big Bang, der am Ende dieses Stückes steht. Und der noch lange nachhallen wird.«

Bernd Alois Zimmermann setzt sich in »Die Soldaten« mit seinen persönlichen Erfahrungen im Zweiten Weltkrieg und mit den Bedrohungen der Welt durch eine atomare Katastrophe auseinander. In schillernder, klanglich deutlich wahrnehmbar auch am luziden Farbenspiel des Impressionismus orientierter Tonsprache entwickelt er eine Dystopie, die bis in die Jetztzeit nichts von ihrer Aktualität und Tragweite verloren hat. Die Oper ist trotz ihrer Wucht ein intimes Kammerspiel zwischen Menschen, eine Parabel über Liebe und ihre dunkle Schwester, die Gewalt, über die Abgründe von Brutalität und Selbstzerstörung.

Diese Oper gehört mittlerweile zur Riege bedeutender Meilensteine des Repertoires, die vom Gürzenich-Orchester aus der Taufe gehoben wurden. Nachdem 1960 der Kölner
Generalmusikdirektor Wolfgang Sawallisch eine solche Aufführung als »Ding der Unmöglichkeit« bezeichnet hatte und auch Gürzenich-Kapellmeister Günter Wand künstlerische Vorbehalte hatte, unternahm man fünf Jahre später einen neuen Anlauf. Am 15. Februar 1965 spielte das GürzenichOrchester unter der Leitung von Michael Gielen in der Kölner Oper die Uraufführung. Was damals  Verstörung und Proteste auslöste, setzt heute Maßstäbe – und ist zugleich ein nachhaltiger Beweis für die Leistungsfähigkeit und Innovationskraft des Gürzenich-Orchesters.

Zu der hochkarätigen Sängerriege der Koproduktion mit der Oper Köln zählen u.a. Ensemblemitglieder des Hauses, wie Emily Hindrichs und Martin Koch, aber auch international gefragte Gastsolist*innen, wie Leigh Melrose und Laura Aikin. »Nach der aufsehenerregenden Wiederaufführung dieses Werks 2018 im StaatenHaus Köln anlässlich des 100. Geburtstags von Bernd Alois Zimmermann in der Regie von Carlus Padrissa (La Fura dels Baus) darf man mit Spannung die Fortsetzung der Auseinandersetzung mit diesem einzigartigen Werk in den führenden Konzerthäusern der Welt erwarten.« Birgit Meyer, Intendantin der Oper Köln

»Es wird sehr spannend sein zu erleben, wie souverän und packend François-Xavier Roth und das Orchester die damals noch als fast unspielbar verschriene Partitur mittlerweile wiederzugeben vermögen, gestählt von jahrzehntelanger Erfahrung mit Neuer und neuester Musik. Dass Calixto Bieito die Inszenierung übernimmt, ist ein weiterer Glücksfall. Wie er den Großen Saal, der ja schon ein Theaterraum eigener Art ist, zur Bühne des komplexen Geschehens machen wird, auch darauf sind wir ungemein gespannt. Ich bin sicher, dass diese Produktion einer der Höhepunkte dieser Elbphilharmonie-Saison werden wird. Man sollte sie sich nicht entgehen lassen.«
Christoph Lieben-Seutter, Generalintendant Elbphilharmonie und Laeiszhalle Hamburg

SONDERKONZERT
SOLDATEN
Sa 12.02.22 20 Uhr
Kölner Philharmonie
Mi 23.02.22 20 Uhr
Philharmonie de Paris
Sa 26.02.22 20 Uhr
Hamburger Elbphilharmonie

Bernd Alois Zimmermann
»Die Soldaten«
1957–65

Oper in vier Akten nach dem gleichnamigen Schauspiel von Jakob Michael Reinhold Lenz

Libretto von Bernd-Alois Zimmermann und Erich Bormann

Ensemble und Gäste der Oper Köln
Gürzenich-Orchester Köln
François-Xavier Roth Dirigent
Calixto Bieito Installation für den Konzertsaal

€ 69 / 59 / 49 / 37 / 27 / 10

Karten für das Konzert sind hier erhältlich:
https://www.guerzenich-orchester.de/…

 

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