Verbraucher & Recht

Komaglotzen

Seit Serienhits wie „Breaking Bad“ oder „Game of Thrones“ finden sich Netflix, Amazon Prime und Co. heutzutage in fast jedem Wohnzimmer. Allein 2021 griffen fast 30 Prozent der Deutschen mindestens einmal die Woche auf einen Videostreaming-Dienst oder eine Mediathek zurück – 13 Prozent davon sogar täglich. Diese hohe Nutzung hat nicht nur zahlreiche Anbieter, sondern auch das Phänomen des Binge Watchens hervorgerufen. Die ARAG Experten geben einen Überblick.

Phänomen Binge Watching
„Binge Watching“ oder „Binge Viewing“ (engl. „binge“ = „Gelage“) bedeutet übersetzt exzessives Schauen von Serien oder auch Komaglotzen. Dabei handelt es sich laut der ARAG Experten um ein bestimmtes Mediennutzungsverhalten, bei dem sich Streamer mehrere Folgen derselben Serie über mehrere Tage am Stück ansehen. Dabei begünstigt laut der ARAG Experten die Sofortverfügbarkeit aller Folgen das Phänomen. Zudem enden Folgen oft mit einem spannenden Cliffhanger, also mitten im packendsten Moment, und es gibt keine „Zwangspausen“ durch Werbung. Auch das automatische Abspielen der nächsten Folge führt dazu, dass man oft spät in der Nacht erst merkt, wie schnell die Zeit vergangen ist.

Dies klingt an sich erstmal nicht besorgniserregend. Verschiedene Studienergebnisse zeigen jedoch, dass diese neue Ausprägung des Medienkonsums negative Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann. Die psychologische Forschung ordnet Binge Watching als ein Suchtverhalten ein, ähnlich wie „Binge Eating“ oder „Binge Drinking“. Denn nicht von ungefähr kommt die umgangssprachliche Redewendung „eine Serie durchsuchten“. So kann Binge Watching zu Schlafstörungen, Erschöpfung und sozialer Isolation führen. Darüber hinaus kommt beim Sitzen vor dem TV die Bewegung zu kurz. Doch nicht alles am Binge Watching ist schlecht: Nach einem harten Arbeitstag kann eine spannende oder lustige Serie auch beim Stressabbau helfen. Wie so oft kommt es auf eine gesunde Dosis an.

Kostenfalle Streamingdienst?
In der Regel lassen sich bei Streaming-Diensten Abos beziehungsweise Flatrates abschließen. Alternativ oder ergänzend zu den Abos erlauben die meisten Dienste den Abruf einzelner Filme und Serienfolgen „on demand“. Das hat den Vorteil, dass man nicht an einen bestimmten Streaming-Dienst und sein Angebot gebunden ist. Andererseits kostet dann ein einzelner Film auch schon mal mehr als die entsprechende DVD oder Blu-ray. Achtung bei Fristen: Einige Anbieter haben für ihre Abos oder Flatrates längere Kündigungsfristen, die einen Wechsel eventuell schwierig gestalten. ARAG Experten raten daher dazu, vor dem ersten Abspielen das Angebot, die Kosten und die Vertragsmodalitäten genau zu checken. Zudem schützt das Recht Verbraucher: Streaming-Dienste dürfen keine beliebige Preiserhöhung vornehmen. So darf beispielsweise Netflix in seinen Nutzungsbedingungen für Deutschland keine Klausel mehr verwenden, die jederzeit beliebige Preiserhöhungen erlaubt. Dies geht laut den ARAG Experten aus einem entsprechenden Urteil des Berliner Kammergerichts hervor – eine Nichtzulassungsbeschwerde dagegen hat der Bundesgerichtshof (BGH) verworfen (Az.: I ZR 23/20). Übrigens: Viele Programmangebote der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender können – zumindest für einige Zeit nach dem Sendedatum – über die jeweiligen Mediatheken sogar kostenlos gestreamt werden.

Achtung illegales Streaming
Die ARAG Experten weisen darauf hin, dass nach dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) bereits die Nutzung illegaler Streams sofort illegal ist. Wer streamt und dafür auf illegale Anbieter zurückgreift, begeht demnach selbst eine Urheberrechtsverletzung und macht sich schadensersatzpflichtig (Az.: C-527/15). Doch woran erkennt der Nutzer illegale Streams? Stehen brandaktuelle Filme, Serien und Sportereignisse, die nicht einmal bei Bezahlanbietern wie z. B. Netflix oder Amazon Prime angeboten werden, umsonst im Internet zur Verfügung, stimmt etwas nicht, so die ARAG Experten. Die Wahrscheinlichkeit, dass es sich dabei also um eine illegale Vorlage handelt, ist hoch. Auch wenn die Qualität der Übertragung schlecht ist und kostenpflichtig eine bessere Datenqualität angeboten wird, ist Vorsicht angesagt. Denn mit solchen vermeintlich günstigen Premium-Paketen verdienen die schwarzen Schafe der Branche ihr Geld.

Einfach mal abschalten!
Um dem Komaglotzen einen Riegel vorzuschieben, lässt sich zunächst ganz einfach das automatische Abspielen der nächsten Folge deaktivieren. Darüber hinaus könnte man sich zum Serienschauen mit Freunden zu festen Zeiten verabreden. Und auch wenn man sich kaum erinnert: Es gab auch mal eine Zeit vor Netflix und Co. So könnte man mal wieder ein Buch lesen oder Sport machen. Viele Dinge lassen sich auch neu- oder wiederentdecken. Oder für ganz Mutige: Einfach mal die Langeweile bewusst aushalten. Wer weiß, welch kreative Momente und Ideen dabei entstehen.

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