
Wenn Schmerzen nach Verletzungen nicht aufhören
Frau Rademacher, wofür steht CRPS?
Mit CRPS ist das „Komplexe Regionale Schmerzsyndrom“ gemeint, früher auch als „Morbus Sudeck“ oder „Sympathische Reflexdystrophie“ bekannt. Es tritt an Armen und/ oder Beinen auf, insbesondere nach Knochenbrüchen, Operationen und anderen schweren, aber auch leichteren Verletzungen. Eine vorübergehende Entzündungsreaktion ist nach einer Gewebeschädigung normal und wird vom Körper wieder reguliert. CRPS ist dagegen gekennzeichnet durch eine überschießende und langanhaltende Entzündung in der akuten Phase. Sie dauert in der Regel bis zu sechs Monate nach der Schädigung.
Leider werden viele CRPS-Betroffene oft nicht frühzeitig erkannt und behandelt. In Krankenhäusern und Arztpraxen herrscht diesbezüglich immer noch große Unsicherheit. Die Auszeichnung CRPS-freundlicher Einrichtungen durch die CRPS-Selbsthilfe Köln|Bremen soll Patienten Orientierung bieten und auf die Erkrankung aufmerksam machen.
Unter welchen Symptomen leiden CRPS-Patienten?
Die Symptome betreffen hauptsächlich die Hände oder Füße. Bekannt sind dauerhafte Schmerzen, Schwellung, Berührungsempfindlichkeit, Entzündungen, eingeschränkte Beweglichkeit, einseitiges Schwitzen, Veränderung der Körpertemperatur an dem betroffenen Körperteil sowie verminderte Kraft und Sensibilitätsstörungen.
Wie viele Menschen sind von einem CRPS betroffen?
Auf 100.000 Menschen in Deutschland kommen pro Jahr fünf bis 23 neue Fälle. Das klingt erstmal selten – nach Verletzungen oder Operationen tritt CRPS jedoch mit einer Häufigkeit von zwei bis 15 Prozent auf. Das ist relativ häufig. Frauen sind zwei- bis dreimal häufiger betroffen als Männer. Am häufigsten tritt ein CRPS zwischen dem 40. und 70. Lebensjahr auf, seltener im Kindes- und hohen Alter.
Woran liegt das?
Die Ursache von CRPS ist bis heute nicht vollständig geklärt. Es handelt sich um eine Kombination aus entzündlichen und neurogenen, also vom Nervensystem ausgehenden Prozessen sowie Veränderungen im Gehirn und Rückenmark. Diese Prozesse verursachen die vielfältigen Symptome, die jedoch nicht bei jedem Betroffenen gleich auftreten. Im Verlauf der Erkrankung kann sich die Symptomatik ändern und zentrale Veränderungen im Rückenmark und Gehirn können später auftreten. Auch wird angenommen, dass bestimmte psychische Belastungen, sogenannte „stressful life events“, den Krankheitsverlauf negativ beeinflussen oder aufrechterhalten könnten.
Wie kann das CRPS behandelt werden?
Da die Ursache der Erkrankung nicht hinreichend bekannt ist, gibt es auch keine ursächliche Therapie für CRPS. Die Behandlung richtet sich stattdessen nach den vorliegenden Beschwerden. Empfohlen wird eine multimodale Schmerztherapie, bei der Schmerztherapeuten mit Experten aus der Ergo-, Physio- und Psychotherapie zusammenarbeiten.
In der Akutphase ist eine antientzündliche Therapie wichtig, oft mit Kortison, solange entzündliche Symptome bestehen. Sogenannte Ko-Analgetika, wie Antikonvulsiva, also Medikamente gegen epileptische Anfälle, oder Antidepressiva können Nervenschmerzen lindern.
Ein wichtiger Bestandteil der Therapie ist die aktive Physio- und Ergotherapie. Eine komplette Ruhigstellung des betroffenen Körperteils sollte vermieden und auch zu Hause Kraft und Beweglichkeit trainiert werden. Das kann zwar vorübergehend zu einer Schmerzverstärkung führen, langfristig verbessert Bewegung aber die Symptome.
Maßnahmen wie Salbeneinreibung, Hochlagerung, Wärme- oder Kälteanwendungen, Eisabreibungen oder Kirschkern- oder Heusäckchen können ebenfalls Linderung verschaffen. Eine weitere Therapiemethode ist die Spiegeltherapie.
Was ist Spiegeltherapie?
Beim CRPS werden im Gehirn Bereiche, die die erkrankte Extremität versorgen, kleiner. Das Körperschema geht dabei verloren. Die Spiegeltherapie täuscht dem Gehirn durch das Spiegelbild des gesunden Körperteils eine schmerzfreie Bewegung der betroffenen Extremität vor, wodurch eine Anregung der vernachlässigten Hirnregion stattfindet. Das funktioniert und wird zum Beispiel auch in der Rehabilitation nach Schlaganfällen erfolgreich angewendet.
Kann CRPS geheilt werden? Wie ist die Prognose?
CRPS ist eine langwierige Erkrankung und erfordert viel Geduld. Im Allgemeinen gilt: Je früher die Erkrankung erkannt und behandelt wird, desto besser ist die Prognose. Aber auch nach längerer Krankheitsdauer sind durchaus noch Fortschritte möglich.
Durch die richtige Therapie können die Symptome vielfach deutlich gelindert werden. Eine komplette Symptomfreiheit wird allerdings selten erreicht. Die Therapeuten im Zentrum für Schmerzmedizin helfen den Betroffenen deshalb auch dabei, einen normalen Umgang mit der Erkrankung im Alltag zu entwickeln und wieder mehr Lebensqualität zu gewinnen.
Ebenfalls entscheidend für den weiteren Verlauf: Bei einem CRPS sollten Operationen kritisch abgewogen werden, da sie einen erneuten Ausbruch der Erkrankung auslösen können.
Was passiert, wenn man ein CRPS nicht behandelt?
Ein unbehandeltes, chronisches CRPS kann in seltenen Fällen zur Gebrauchsunfähigkeit des betroffenen Körperteils und zu einer Schwerbehinderung führen. In jedem Fall schränkt es die Lebensqualität der Betroffenen deutlich ein. Deshalb ist es wichtig, dran zu bleiben, sich zu bewegen und Therapieangebote wahrzunehmen.
Nähere Informationen
Zur Behandlung chronischer Schmerzen gibt es im Alfried Krupp Krankenhaus seit mehr als 20 Jahren eine Schmerzambulanz und eine spezielle Schmerztherapiestation.
Dort wird mit einem multi-modalen Behandlungskonzept erfolgreich therapiert. Das bedeutet, dass verschiedene Therapiebausteine miteinander kombiniert werden. Während früher noch auf Ruhe, Schonung und passive Therapien, zum Beispiel Massagen, gesetzt wurde, werden heute Bewegung, Verhaltensänderungen und ein geeignetes Schmerzmanagement, individuell abgestimmt auf die Bedürfnisse eines jeden Patienten, empfohlen.
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