Drohnen spüren Glutnester in Wäldern auf
Waldbrände gehören mittlerweile auch in Mitteleuropa zu den großen Herausforderungen für Feuerwehr und Katastrophenschutz. Kritisch dabei ist die Suche und das Löschen von Glutnestern im Unterholz. Herkömmliche Drohnen stoßen hier schnell an ihre Grenzen: Für einen Flug durch die dichte Vegetation sind diese zu groß und zu schwer. Wärmebildkameras sind oft nicht empfindlich genug und liefern so keine verlässlichen Daten über verdeckte Brandherde. Aktuell müssen Feuerwehrleute oft per Hand mit einem Spaten Glutnester aufspüren, die sich in bis zu 1,5m Tiefe befinden.
Das deutsche Konsortium im Projekt PROACTIF entwickelt dafür eine neue Lösung: Ein Multisensormodul, das Radar- und Infrarotsensorik erstmals in einer ultraleichten und kompakten Einheit unter 3 Kilogramm vereint. Die Firma Heimann Sensor GmbH liefert hierfür Infrarotsensoren, während Forschende am Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM zusammen mit der InnoSenT GmbH die neuartige Radarsensorik entwickeln und den Infrarotsensor in das System einsetzen. Durch die Kombination von Kurz- und Langstreckenradar mit einer Reichweite von 80 beziehungsweise 200 Metern kann die neu entwickelte Drohne mit einem 360-Grad Blick vollautomatisiert sowohl Hindernisse in unmittelbarer Umgebung erkennen als auch größere Waldflächen überblicken und so erstmalig mit 30 km/h auch unter der Baumkrone durchfliegen, während der Infrarotsensor die Glutnester erkennt.
Drei Packagingtechnologien für eine bestmögliche Umsetzung
Die einzigartige Expertise am Fraunhofer IZM ermöglicht eine Kombination dreier Schlüsseltechnologien aus der Aufbau- und Verbindungstechnik:
- LTCC-Technologie (Low-Temperature Co-fired Ceramic) ermöglicht leistungsstarke Hochfrequenzantennen und stabile Signalverarbeitung auch bei hohen Temperaturen.
- Molding-Technologie erlaubt die dreidimensionale Formung von Antennenstrukturen und minimiert Signalverluste, was entscheidend für das Long-Range-Radar ist.
- Embedding-Technologe integriert die Kurzstreckensensorik platzsparend in flexible Materialien und reduziert Gewicht und Baugröße.
Projektleiter und Wissenschaftler am Fraunhofer IZM Dr.-Ing. Christian Tschoban fasst zusammen: „Erst durch das Zusammenspiel von LTCC-, Molding- und Embedding-Technologien gelingt es, Short- und Long-Range-Radar gemeinsam mit Infrarotsensoren in einem ultrakompakten Modul zu verbinden. Das Ergebnis ist ein sogenanntes Multi-Sensor-Packaging, eine leichte Sensoreinheit, die hohe Auflösung, Robustheit und Energieeffizienz miteinander verbindet.“
Praxisdemonstration in deutschen Wäldern
Das Multi-Sensormodul wird zeitnah in Deutschland in einem praxisnahen Szenario erprobt. In enger Absprache mit Forstamt und Feuerwehr testen die Forschenden den Einsatz der Drohnen im Münsterland und bei Wiesenburg. Bei dem simulierten Brand wird besonders darauf geachtet, dass dieser außerhalb der Trockenzeiten stattfinden, sowie auf Vogelschutz. Die Drohnen sollen dabei selbstständig durch das Waldgebiet fliegen und Hindernisse und Glutnester in Echtzeit erkennen. Langfristig sollen die Drohnen bei Eingang einer Waldbrandmeldung selbstständig losfliegen und schon vor Eintreffen der Einsatzkräfte ein genaues Lagebild erstellen und Auskunft darüber geben, wie viele Helfer*innen tatsächlich gebraucht werden.
Darüber hinaus eröffnet die Technologie Möglichkeiten bei Such- und Rettungsaktionen oder der Überwachung kritischer Infrastrukturen. Mit etwa 25 Prozent des gesamten Konsortiums im Projekt PROACTIF leistet das deutsche Konsortium einen entscheidenden Beitrag dazu, autonome Systeme in Europa leistungsfähiger und sicherer zu machen.
Das Projekt PROACTIF läuft vom 01.06.2025 – 30.04.2028 und wird im Rahmen des Chips Joint Undertaking (HORIZON-JU-Chips-2024-1-IA-T1) mit insgesamt 41,8 Mio. Euro gefördert, darunter 2,02 Mio. Euro vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR), 320.000 € vom Freistaat Sachsen und 90.000 € vom Freistaat Thüringen. Das Projekt, an dem sich 42 europäische Institutionen, darunter fünf aus Deutschland, beteiligen, ist Teil der deutschen Strategie zur Sicherung der technologischen Souveränität im Bereich der Quantenforschung. Übergeordnetes Ziel ist es, die europäische Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der Technologie für personenlose Missionen erheblich zu steigern sowie die Kosteneffizienz und Wirksamkeit der autonomen Überwachung kritischer Infrastrukturen zu erhöhen.
PROACTIF Projektpartner:
Nokia Solutions and Networks Oy, Asya AI, Riga Technical University, HUN-REN Számítástechnikai és Automatizálási Kutatóintézet, Sieć Badawcza Łukasiewicz – Instytut Mikroelektroniki i Fotoniki, Heimann Sensor GmbH, Captain AI B.V., ViNotion B.V., InnoSenT GmbH, Silicon Austria Labs GmbH, Acorde Technologies, S.A.,Technische Universität Eindhoven, VIA electronic GmbH, TST-Sistemas, Universidad de Granada, Skyability, Research Studios Austria Forschungsgesellschaft mbH, Fraunhofer IZM, Würth Electronic, Safran Electronics & Defense/ SED SPAIN S.L., DEMCON Unmanned Systems BV, Mellanox Technologies Ltd, Van Oord Ship Management B.V., Avular Innovations B.V., CISC Semiconductor GmbH, SSH Communications Security Oyj, Centre Suisse d’Electronique et de Microtechnique SA, Citymesh Integrator N.V., Saab Finland Oy, League Geophysics B.V., VTT Technical Research Centre of Finland Ltd., Ascento AG, YellowScan, FixPosition AG, Leonardo S.p.A, Innovation River, Gdansk University of Technology, Luna Geber Engineering SRL, AITEK SPA, Università degli Studi di Perugia, Dimetor GmbH, Stichting IMEC Nederland
Das Fraunhofer IZM ist weltweit führend bei der Entwicklung und Zuverlässigkeitsbewertung von Technologien für die Aufbau- und Verbindungstechnik von zukünftiger Elektronik. Hierdurch entstehen Eigenschaften, die bislang eher untypisch für Mikroelektronik sind: zum Beispiel wird sie dehn- oder waschbar, hochtemperaturbeständig oder extrem formangepasst. Die Forschenden des Fraunhofer IZM setzen dabei ebenso Maßstäbe für die Umweltverträglichkeit von Elektronik.
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