Finanzen / Bilanzen

Erben in der Familie

Irrtum 1: „Ich bin verheiratet und habe zwei Kinder. Wenn ich sterbe, erhält meine Ehepartnerin erst mal alles.“

Viele glauben, dass der überlebende Ehepartner automatisch alleiniger Erbe wird. Das stimmt nur selten. Nach dem Gesetz erbt der Ehepartner – sofern bei der Eheschließung kein notarieller Erbvertrag geschlossen wurde – die Hälfte des Nachlasses, die andere Hälfte geht an die Kinder zu jeweils gleichen Teilen. Gibt es keine Kinder, erben Eltern oder Geschwister des Verstorbenen mit.

Beispiel: Herr Müller verstirbt und hinterlässt seine Ehefrau und zwei Kinder. Ohne Testament bekommt die Ehefrau 50 Prozent vom Nachlass (in einer Zugewinngemeinschaft), die Kinder teilen sich die restlichen 50 Prozent, also jeder erhält 25 Prozent.

Lösung: Die gesetzliche Regelung lässt sich nur mit einem Testament ändern. Es gibt mehrere Gestaltungsmöglichkeiten, aber ein beliebtes Modell unter Eheleute ist das Berliner Testament. Beide Ehepartner verfassen es gemeinschaftlich. Danach erbt zunächst der verbliebene Ehepartner alles und wird zum alleinigen Erben. Die Kinder werden erst nach dem Tod des zweiten Ehepartners beziehungsweise Elternteils berücksichtigt. Zusätzlich lässt sich eine Pflichtteilsstrafklausel einfügen: Sollte ein Kind nach dem Tod des ersten Elternteils seinen Pflichtteil einfordern, wird es später nach dem Tod des zweiten Elternteils nichts mehr erben. Das soll verhindern, dass Kinder frühzeitig ihren Pflichtteil beanspruchen. So ist sichergestellt, dass der überlebende Ehepartner erst mal finanziell abgesichert ist.

Irrtum 2: „Wir sind zwar nicht verheiratet, aber mein Partner erbt trotzdem automatisch alles von mir. “

Das ist falsch. In der gesetzlichen Erbfolge sind unverheiratete Paare nicht vorgesehen, sie erben gar nichts voneinander.

Beispiel: Herr Müller und Frau Meier leben seit 35 Jahren unverheiratet zusammen, haben zwei Kinder und gemeinsam ein Haus gekauft. Stirbt Herr Müller, erben die Kinder seinen Anteil vom Haus, Frau Müller geht leer aus.

Lösung: Beide können ein Testament schreiben und sich darin jeweils als Erben einsetzen. Allerdings bleibt ein Steuernachteil. Denn der Freibetrag bei der Erbschaftssteuer liegt lediglich bei 20.000 Euro. Alles, was darüber liegt, muss mit einem Steuersatz von 30 Prozent versteuert werden.

Irrtum 3: „Wir sind verheiratet und haben keine Kinder – mein Ehepartner erbt automatisch alles.“

Viele wissen nicht, dass in einer kinderlosen Ehe auch die Eltern des Verstorbenen – sollten sie noch leben – einen Teil des Erbes erhalten. Sollten die Eltern bereits verstorben sein, erben die Geschwister des Verstorbenen mit. Wie viel der Ehepartner tatsächlich erbt, hängt davon ab, ob in der Ehe der Güterstand der Zugewinngemeinschaft galt, oder ob das Paar Gütertrennung vereinbart hatte. Bei der Zugewinngemeinschaft, erbt der überlebende Ehepartner in der kinderlosen Ehe drei Viertel des Vermögens, ein Viertel geht an die Eltern des Verstorbenen. Sollten sie nicht mehr leben, erben die Geschwister und Halbgeschwister diesen Anteil. Letztendlich erben also möglicherweise Schwager und Schwägerin des hinterbliebenen Ehepartner mit, ohne etwas zum Aufbau des Vermögens beigetragen zu haben.

Beispiel: Herr Müller und Frau Müller sind verheiratet und haben keine Kinder. Herr Müller hinterlässt ein Vermögen von 400.000 Euro. Frau Müller erbt drei Viertel der Summe, 300.000 Euro. Die restlichen 100.000 Euro gehen an die Eltern oder die Geschwister von Herrn Müller.

Lösung: Um zu vermeiden, dass Eltern und Geschwister erben, können Ehepartner sich in einem Testament gegenseitig zu Alleinerben einsetzen. Sollten die Eltern noch leben, steht ihnen aber ein Pflichtteil zu.

Lesen Sie mehr dazu im Ratgeber „Erbfolge ohne Kinder: Wer erbt Ihr Vermögen?“ auf biallo.de.

Irrtum 4: „Ich kann meine Kinder jederzeit enterben. Sie bekommen nichts von meinem Vermögen.“

Der erste Teil stimmt – man kann seine Kinder enterben. Der zweite Teil stimmt jedoch nicht – Kindern steht ein Pflichtteil zu. Sie bekommen immer einen Anteil vom Vermögen. Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbanspruchs.

Beispiel: Frau Müller hat einen Ehemann und beide haben einen gemeinsamen Sohn. Außerdem besitzt sie ein Vermögen von 400.000 Euro. In ihrem Testament hält sie fest, dass ihr Sohn enterbt werden soll und ihr Ehemann Alleinerbe wird. Der Sohn darf aber trotzdem seinen Pflichtteil einfordern. Da Frau Müller und ihr Mann in einer Zugewinngemeinschaft gelebt haben, erbt der Ehemann die Hälfte des Vermögens, also 200.000 Euro. Eigentlich würde laut gesetzlicher Erbfolge der Sohn die anderen 200.000 Euro erben. Da ihm aber nur der Pflichtteil zusteht, kann er nur die Hälfte des gesetzlichen Anspruchs vom Vater fordern, also 100.000 Euro.

Lösung: Wer seine Kinder oder andere Familienmitglieder enterben möchte, muss ein Testament verfassen. So erhalten dann zwar dennoch den Pflichtteil, aber erhalten nichts vom darüber hinausgehenden Vermögen. Der Pflichtteil steht Kindern übrigens immer zu, auch wenn man als Eltern keinen Kontakt mehr zu ihnen pflegt. „Lediglich bei schwerwiegenden Verfehlungen (zum Beispiel Körperverletzung) kann der Pflichtteil entzogen werden“, sagt Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht aus Heidelberg.

Biallo-Tipp: Ein Pflichtteil steht Ehegatten und Kindern zu, und auch den Eltern des Erblassers, falls er keine Kinder hatte. Geschwister des Erblassers können keinen Pflichtteil beanspruchen.

Irrtum 5: „Kinder können bereits zu Lebzeiten ihren Erbteil von den Eltern einfordern, um zum Beispiel ein Haus zu kaufen.“

Das ist falsch. Es gibt kein Recht darauf, bereits zu Lebzeiten ein Erbe ausbezahlt zu bekommen. Sollten Eltern erwägen, ihren Kindern zu Lebzeiten etwas aus dem Vermögen zu übertragen, sollten sie immer gut überlegen, wie viel sie selbst benötigen, um ihr Alter zu bestreiten und um möglicherweise auch eine lange Pflegebedürftigkeit zu finanzieren.

Irrtum 6: „Wenn minderjährige Kinder erben, erhalten immer die Eltern das geerbte Vermögen und dürfen es auch für den Lebensunterhalt der Familie verwenden.“

Das stimmt nicht. Wenn minderjährige Kinder erben, ist es in den meisten Fällen so, dass die Eltern – oder nur ein Elternteil, wenn der andere verstorben sein sollte – das geerbte Vermögen verwalten. Dazu sind sie per Gesetz verpflichtet. Das Kind hat erst mit dem 18. Geburtstag Zugriff auf der Erbe.

Es gibt klare Regeln, wie Eltern das Vermögen ihres Kindes verwalten müssen: Sie dürfen es nicht für eigene Zwecke und Interessen ausgeben, sie müssen den Wert erhalten – also Geld zum Beispiel anlegen und eine Rendite sicher stellen – und sie dürfen das Erbe weder spenden noch verschenken. Zudem müssen sie das Erbe getrennt vom eigenen Vermögen aufbewahren. Mit dem 18. Geburtstag kann das Kind die Eltern zur Rechenschaft ziehen und eine Aufstellung des geerbten Vermögens verlangen.

Beispiel: Der Großvater vererbt seiner fünfjährigen Enkelin ein Vermögen von 100.000 Euro. Die Eltern nutzen den Geldbetrag, um ihn für eigene Zwecke einzusetzen und für Familienurlaube auszugeben. Als die Tochter 18. Jahre alt wird, ist das Geld ausgegeben. Sie verklagt daraufhin die Eltern.

Ob das so in der Praxis auch stattfindet, sei dahingestellt. Aber es veranschaulicht deutlich, welche Rechte minderjährigen Kindern zustehen.

Lösung: Sollte der Erblasser bewusst nicht wollen, dass die Eltern das Vermögen verwalten, kann er auch im Testament eine andere Person nennen, die mit dieser Aufgabe betraut wird.

Lesen Sie mehr dazu in unserem Biallo-Ratgeber „Erbrecht Kinder: Was gilt für minderjährige Erben?

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