Lebensgenuss in früheren Zeiten: Das Kochbuch des Maulbronner Abtes
Kochen und Essen machen Menschen glücklich
Kochen und essen sind zwei menschliche Grundbedürfnisse. Gerade jetzt in der Zeit der Corona-Einschränkungen ist das Ausprobieren neuer Gerichte für viele Menschen zu einem attraktiven Hobby geworden. Mancher Küchenmuffel hat sich in den letzten Monaten ganz erstaunliche Kenntnisse im Umgang mit überlieferten Rezepturen angeeignet – etwa beim Brotbacken. In einer reichen und ehrwürdigen Tradition des Kochens steht ein Kochbuch aus dem 17. Jahrhundert, verfasst von dem Maulbronner Abt Bernhard Buchinger.
Vom Elsass nach Maulbronn
Bernhard Buchinger (1606–1673) erhielt seine Ausbildung in der französischen Abtei Lützel oder auf Französisch: Lucelle. Nach der Priesterweihe wurde er unter anderem Abtsekretär – und Küchenmeister. Während des Dreißigjährigen Krieges verließ der Zisterzienser Kloster Lützel. Der Krieg hatte es mit sich gebracht, dass nach über hundert Jahren im protestantischen Maulbronn wieder Mönche lebten: Man nennt diese kurze Zeit das katholische Interim. Bernhard Buchinger wurde 1642 zum Abt von Kloster Maulbronn gewählt. Schon sechs Jahre später wurde Maulbronn wieder säkularisiert. 1654 kehrte Buchinger nach Lützel zurück und leitete den Wiederaufbau der im Krieg verwüsteten Abtei.
Typisch Klosterküche?
Bei einem Kochbuch, das von einem Abt verfasst wurde, würde man vermuten, dass es sich eindeutig an den strengen Speiseregeln der Zisterzienser orientiert und etwa die verbotenen Fleischgerichte ganz auslässt. Damit hätte man Buchingers Werk aber bei weitem unterschätzt. Schon der Titel lässt ahnen, dass hier Rezepte für Gerichte jeglicher Art zu finden sind: „So wol für Geistliche als auch Weltliche grosse und geringe Haußhaltungen, wie bey denen täglich vil Leut am füglichsten abgespeiset werden“. Der barocke Kochbuchautor behandelt allerlei Sorten Fleisch, Geflügel und Fisch, aber auch einfache Gerichte wie Suppen, Eier- oder Pfannkuchen. Oft sind teure Zutaten und Gewürze aufgezählt, die eher an eine wohlhabende weltliche Küche erinnern.
Fisch als Grundnahrungsmittel und als Handelsgut
Und, natürlich: Auch Fastenspeisen werden erwähnt. Allerdings lüftet auch Buchingers umfangreiches Werk das Maulbronner Küchengeheimnis nicht: Wurde tatsächlich hier im Kraichgau von den Zisterziensern die legendäre Maultasche erfunden? Das Kochbuch enthält aber einen anderen Hinweis auf ein Erfolgsgeheimnis von Kloster Maulbronn: Tipps, wie Fische haltbar gemacht werden können. Durch Räuchern oder Einsalzen wurde das verderbliche Gut lager- und transportfähig. Das war für ein Zisterzienserkloster eine wichtige Kenntnis: Die Fischzucht in den vielen Gewässern um das Kloster war ein wichtiger Wirtschaftsfaktor. Und Fisch fiel als sogenanntes „Flussgemüse“ nicht unter das strenge Fleischverbot der Zisterzienser. Während der vielen Fastenzeiten, die für alle Menschen galten und über das ganze Jahr verteilt waren, war der Fischbedarf besonders hoch. In Maulbronn war man da autark – von den Teichen haben sich bis heute noch viele erhalten. Im Aalkistensee sollen die Mönche bis zu 5.000 Karpfen aufgezogen haben.
Information
Kloster Maulbronn ist ab dem 12. März wieder geöffnet und für Individualbesucher zugänglich. Der Besuch ist ohne Vorbuchung möglich. Führungen können aufgrund der geltenden Corona-Verordnung nicht angeboten werden. Aktuelle Informationen unter:
KOMMEN. STAUNEN. GENIESSEN. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg öffnen, be-wahren, vermitteln und vermarkten 62 historische Monumente im deutschen Südwesten. 2019 besuchten rund 4 Mio. Menschen diese Originalschauplätze mit Kulturschätzen von höchstem Rang: darunter Schloss Heidelberg, Schloss und Schlossgarten Schwetzingen, das Residenzschloss Ludwigsburg, Schloss und Schlossgarten Weikers-heim, Weltkulturerbe Kloster Maulbronn, Kloster und Schloss Salem sowie die Festungsruine Hohentwiel.
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