Hongkong: Erste Verurteilung nach Sicherheitsgesetz leitet Ende der Meinungsfreiheit ein
„Die Verurteilung von Tong Ying-kit ist ein einschneidender und unheilvoller Moment für die Menschenrechte in Hongkong. Das heutige Urteil unterstreicht die ernüchternde Tatsache, dass die Äußerung bestimmter politischer Meinungen in der Stadt nun offiziell ein Verbrechen ist, das möglicherweise mit lebenslanger Haft bestraft werden kann. Tong Ying-kit wegen „Abspaltung“ zu verurteilen, bloß weil er eine Flagge mit einem weit verbreiteten politischen Slogan gezeigt hat, ist ein Verstoß gegen internationales Recht, nach dem Meinungsäußerungen nicht kriminalisiert werden dürfen, es sei denn, sie stellen eine konkrete Bedrohung dar.
Das Urteil dürfte der Anfang vom Ende für die Meinungsfreiheit in Hongkong sein. Die Menschen sollten die Freiheit haben, bei Protesten politische Slogans zu verwenden. Tong Ying-kit sollte nicht dafür bestraft werden, dass er sein Recht auf freie Meinungsäußerung ausgeübt hat. Er hätte niemals wegen eines Vergehens gegen die „nationale Sicherheit“ angeklagt werden dürfen. Die Hongkonger Behörden müssen sicherstellen, dass alle gesetzlichen Bestimmungen, die auf den Schutz der nationalen Sicherheit abzielen oder im Namen der Terrorismusbekämpfung geschaffen werden, klar und eng definiert sind und dass ihre Anwendung mit internationalen Menschenrechtsnormen und -standards übereinstimmt.“
Hintergrund
Am 1. Juli 2020 trat Chinas nationales Sicherheitsgesetz für Hongkong in Kraft. An diesem Tag fuhr Tong Ying-kit mit einem Motorrad an Polizist_innen vorbei, und schwenkte eine Fahne mit dem gängigen Protestslogan „Befreit Hongkong, Revolution unserer Zeit“.
Ein erstinstanzliches Gericht in Hongkong verurteilte ihn heute wegen „Anstiftung zur Sezession“ und „terroristischer Handlungen“ unter dem nationalen Sicherheitsgesetz. Die Staatsanwaltschaft argumentierte, der Slogan auf der Flagge symbolisiere den Wunsch, die Regierung zu stürzen, und lege die „Trennung von China“ nahe.
Tong Ying-kit, der seit dem 6. Juli 2020 in Untersuchungshaft sitzt, ist die erste Person, die unter dem nationalen Sicherheitsgesetz für schuldig befunden wurde und der nun lebenslange Haft droht.
Ihm wurde das Recht auf ein Schwurgerichtsverfahren, das in Hongkongs Gewohnheitsrechtssystem seit 176 Jahren angewandt wird, verweigert, nachdem der Justizminister gesagt hatte, es bestehe ein potenzielles Risiko für die Geschworenen.
Nach internationalen Menschenrechtsnormen ist das Zeigen von politischen Slogans grundsätzlich als legitime Meinungsäußerung geschützt.
Die pauschale Definition der Hongkonger Behörden von „nationaler Sicherheit“, die sich an die des chinesischen Festlandes anlehnt, wurde willkürlich als Vorwand benutzt, um die Menschenrechte auf freie Meinungsäußerung, friedliche Versammlung, Vereinigungsfreiheit, faires Verfahren und Freiheit einzuschränken sowie abweichende Meinungen und politische Opposition zu unterdrücken.
Zwischen dem 1. Juli 2020 und dem 26. Juli 2021 hat die Polizei mindestens 138 Personen im Zusammenhang mit dem nationalen Sicherheitsgesetz festgenommen oder deren Festnahme angeordnet. Bis zum 26. Juli 2021 wurden 68 Personen formell angeklagt, von denen sich 51 derzeit in Untersuchungshaft befinden.
Ein Ende Juni veröffentlichter Bericht von Amnesty International stellt fest, dass das nationale Sicherheitsgesetz die Freiheiten in Hongkong einschränkt und den Menschenrechtsschutz zunehmend unterwandert.
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