Gesundheit & Medizin

Systemische Therapie kann ab sofort mit den Krankenkassen abgerechnet werden

Seit heute übernehmen gesetzliche Krankenkassen die Kosten einer Systemischen Therapie bei Erwachsenen, wenn diese zur Behandlung einer psychischen Erkrankung notwendig ist. Die Vergütungsregelungen für das neu in die Regelversorgung aufgenommene Psychotherapieverfahren wurden vor wenigen Tagen von Krankenkassen und Kassenärztlicher Bundesvereinigung festgelegt, die rechtlichen Grundlagen – Psychotherapie-Richtlinie und Psychotherapie-Vereinbarung – sind bereits vor einigen Monaten entsprechend geändert worden. Die systemischen Fachverbände DGSF und SG hatten sich seit Jahren für die Aufnahme der Systemischen Therapie in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen eingesetzt.

Das Besondere an der Systemischen Therapie ist die Betonung sozialer Faktoren für die Psychotherapie. So werden neben den Patientinnen und Patienten häufig deren Partnerinnen und Partner oder ganze Familien in die Therapie einbezogen. Hierfür wurde eigens ein neues Setting in die psychotherapeutische Versorgung eingeführt, das Mehrpersonensetting.

In Deutschland ist jedes Jahr etwa jeder vierte Erwachsene von einer psychischen Erkrankung betroffen. Für die knapp 18 Millionen Betroffenen und deren Angehörige ist eine psychische Erkrankung mit massivem Leid verbunden. Dies kann auch in den sozialen Beziehungen des Betroffenen zu erheblichen Einschränkungen führen. „Endlich steht allen erwachsenen Versicherten dieses hochwirksame Psychotherapieverfahren zur Verfügung“, konstatiert Dr. Ulrike Borst, Vorsitzende der Systemischen Gesellschaft (SG), erleichtert. Ob die Kosten der Systemischen Therapie auch für die ambulante Behandlung von Kindern und Jugendlichen von den Kassen übernommen werden, muss noch entschieden werden.

Lange haben Betroffene in Deutschland darauf warten müssen: Zwölf Jahre nach der wissenschaftlichen Anerkennung durch den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP) ist Systemische Therapie für Erwachsene Teil der Regelversorgung. Damit kommt nach 33 Jahren – 1987 wurde zuletzt die Verhaltenstherapie zugelassen – wieder ein neues Psychotherapieverfahren im Krankenkassenkontext zum Einsatz. Das erste Mal erfolgte dabei die Zulassung für ein psychotherapeutisches Verfahren auf Basis der Ergebnisse von Wirksamkeitsstudien: Im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) bewertete das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) den Nutzen Systemischer Therapie. In sieben sogenannten Störungsbereichen bescheinigte es der Systemischen Therapie eine positive Wirkung, darunter bei den am häufigsten vorkommenden Beeinträchtigungen wie Angststörungen, Depression und Suchterkrankungen.

Damit auch Kinder und Jugendliche in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung mit Systemischer Therapie behandelt werden können, ist ein weiteres Bewertungsverfahren durch den G-BA erforderlich. Die Zulassung der Systemischen Therapie für Kinder- und Jugendliche als Leistung der gesetzlichen Krankenkassen steht also weiterhin aus. Ein entsprechender Antrag auf Methodenbewertung wurde jedoch im G-BA am 22. November 2019 angekündigt und wird nun von den systemischen Fachverbänden dringend erwartet. Innerhalb von zwei Jahren muss der G-BA dann eine Entscheidung über die Zulassung systemischer Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie treffen. „Es darf nicht sein“, so Dr. Filip Caby, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Systemische Therapie, Beratung und Familientherapie (DGSF), „dass den Kindern und Jugendlichen etwas vorenthalten wird, was den Erwachsenen bereits zugänglich gemacht wurde“.

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