Forschung und Entwicklung

Forum Privatheit beleuchtet den europäischen Weg

Auf der Jahreskonferenz des „Forum Privatheit“ blickten Experti:nnen auf sieben Jahre Forschungsarbeit zurück und fragten: Wie können wir ein selbstbestimmtes digitales Leben führen? Dabei ging es vor allem darum, wie dieser Weg in Europa gestaltet werden kann. Spannende Antworten auf diese Fragen gaben unter anderem die Ökonomin Aline Blankertz, die Informatikerin Lorrie Cranor und die Philosophin Judith Simon.

Datentreuhänder sollten im Interesse der Verbraucher:innen handeln

So sprach die Ökonomin Aline Blankertz darüber, wie unternehmerischer Wettbewerb und der Schutz der Privatsphäre zusammenhängen. Aufgrund der Marktmacht einiger weniger Plattformanbieter wie Google, Facebook und Amazon hätten Verbraucher:innen wenig Wahlmöglichkeiten. Dies untergrabe den Datenschutz. Auch seien sie oft überfordert, kompetente Entscheidungen über ihre Datenschutzeinstellungen zu treffen, was auch das ‚Privatheitsparadox‘ gut erkläre. Dieses umschreibt den Umstand, dass Verbraucher:innen in Umfragen angeben, dass ihnen der Schutz ihrer Privatsphäre sehr wichtig sei, während sie gleichzeitig im Internet äußerst freigiebig ihre persönlichen Daten herausgeben. Blankertz, Projektleiterin der Stiftung Neue Verantwortung, schlägt als mögliche Gegenmaßnahme dieser Überforderung kollektive Verhandler vor: „Ich wünsche mir Dienste, die im Interesse von Verbraucher:innen agieren, eine Art Datentreuhänder, dem ich den Schutz meiner Privatsphäre anvertrauen kann.“ Blankertz begrüßt, dass viele Schutzvorkehrungen in der Datenschutz-Grundverordnung bereits grundsätzlich angelegt seien. Als Beispiel nannte sie Privacy Icons – also leicht verständliche Symbole, über die die Nutzenden rasch ihre Datenschutzeinstellungen vornehmen können. Allerdings bemängelt Blankertz die fehlende praktische Umsetzung. Im Bereich Privacy Icons gebe es derzeit nicht mehr als ein paar Entwürfe.

Symbole sollten den Umgang mit Datenschutzeinstellungen stark vereinfachen

Wie schwer es jedoch ist, eine gesetzliche Vorgabe in Technik zu übersetzen, beleuchtete Lorrie Cranor. Die Informatikerin, die an der Carnegie Mellon University in Pennsylvania lehrt, erläuterte, warum es so wichtig ist, dass Datenschutzeinstellungen für Verbraucher:innen nicht nur nützlich, sondern auch nutzbar sind. Demnach sollten die Einstellungen leicht zu finden, verständlich und rasch zu bedienen sein. In der Praxis seien sie meist das Gegenteil: schwer zu finden, mühsam zu verstehen, zeitaufwändig zu lesen und auszuüben. Manche seien missverständlich oder führten sogar absichtlich auf eine falsche Fährte. Das Team um Cranor entwickelte daher in einem längeren Entwicklungs- und Testverfahren Privacy Icons, die eine Mischung aus Symbolen und begleitenden Schlagworten darstellen. Mit Blick auf die europäische Datenschutz-Grundverordnung betonte Cranor, dass es wichtig sei, dass die Nutzenden die sie betreffenden Datenschutzeinstellungen auch verstünden, um ihre Privatsphäre auch effektiv schützen zu können. Hier könnte der Einsatz von Symbolen hilfreich sein. Ihres Erachtens müsste es aber eine Institution geben, die diese allgemeinverständlichen Datenschutz-Symbole einführt und standardisiert, damit jeder Nutzende rasch lernt, welche Datenschutzeinstellungen mit den Symbolen gemeint sind.

„Mit der interdisziplinären Forschung des „Forum Privatheit“ können Geschäftsmodelle entwickelt werden, in denen der Datenschutz ein Verkaufsargument ist“, sagte Ingo Höllein vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Er lobte die in Fachkreisen geschätzte Arbeit des Gremiums und gab folgenden Ausblick: „Wir wissen, dass wir einen europäischen Weg der Digitalisierung gehen wollen. Der Forschungsverbund „Forum Privatheit“ ist für uns eine Art Laterne, der diesen Weg gut ausleuchtet. Denn neben der rein technologischen Forschung brauchen wir auch einen Diskussionsrahmen, der sowohl unsere europäischen Werte als auch unsere ethischen Vorstellungen reflektiert.“

Im Forum Privatheit setzen sich Expertinnen und Experten aus sieben wissenschaftlichen Institutionen interdisziplinär, kritisch und unabhängig mit Fragestellungen zum Schutz der Privatheit auseinander. Das Projekt wird vom Fraunhofer ISI koordiniert. Weitere Partner sind das Fraunhofer SIT, die Universität Duisburg-Essen, das Wissenschaftliche Zentrum für Informationstechnik-Gestaltung (ITeG) der Universität Kassel, die Eberhard Karls Universität Tübingen, die Ludwig-Maximilians-Universität München sowie das Unabhängige Landes­zentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Forum Privatheit, um den öffentlichen Diskurs zu den Themen Privatheit und Datenschutz anzuregen.

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