Kammerpräsident: „Das Schlimmste verhindert“
"Das Schlimmste ist verhindert worden: Ziel der EU-Kommission war, die HOAI als verbindliches Preisrecht vollkommen abzuschaffen. Dem ist die Bundesregierung in der Umsetzung des EUGH-Urteils von 2019 sinnvollerweise nicht gefolgt. Damit bleibt die HOAI, auch wenn nicht ausdrücklich im Verordnungstext formuliert, weiterhin die maßgebliche Berechnungsgrundlage für die Herleitung von Architektenhonoraren. Das ist die gute Nachricht des Tages", so der Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, Markus Müller. Die Mindest- und Höchstsätze der Honorartabellen bildeten weiterhin einen wichtigen Kalkulationsrahmen bei der Entlohnung der zunehmend wichtigen Planungstätigkeit. Das Kriterium der Angemessenheit explizit zu erwähnen, sei leider unterlassen worden. Die Architektenkammer fordert in diesem Zusammenhang vor allem öffentliche Bauherren wie die Landesbauverwaltung auf, in einem Akt der beispielgebenden Selbstbindung, die HOAI einzuhalten und damit weiterhin eine angemessene Honorierung von Architektenleistungen zu gewährleisten.
Mit diesem Beschluss nicht gelöst seien inhaltliche Unzulänglichkeiten der HOAI. Die vom EUGH zu Recht aufgeworfenen Fragen zur Qualitätssicherung von Planungsleistungen, gerade im Sinne eines angemessenen Verbraucherschutzes, löst die neue HOAI nicht. Eine zeitnahe Weiterentwicklung und Modernisierung der Honorar- und Gebührenordnung sei deshalb zwingend, so Kammerpräsident Müller. "Klimawandel, Wohnungsmangel und andere Transformationsprozesse zeigen, dass sich Planungsprozesse in vielen Bereichen einer reinen marktwirtschaftlichen Betrachtung entziehen. Die Erfahrungen in Bauprojekten zeigen darüber hinaus, dass zentrale Weichenstellungen weit vor dem Eintritt in die Leistungsphasen der HOAI stattfinden, die auch durch die jetzt beschlossene Honorarordnung gar nicht abgebildet sind." Die Debatte um eine zukunftsgerichtete Planungskultur gehe also weiter.
Hintergrund:
Die Anpassung der HOAI ist Folge des Urteils des Europäischen Gerichtshofes vom 4. Juli 2019, in dem er die Verbindlichkeit der Mindest- und Höchstsätze der Honorar- und Gebührenordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) für mit EU-Recht unvereinbar erklärt hatte. Das Gericht hatte dennoch klargestellt, dass verbindliche Mindestsätze abschreckend auf Billiganbieter und damit insgesamt qualitätssichernd wirken könnten.
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