Finanzen / Bilanzen

EMI: Deutsche Industrie auch im Februar auf Wachstumskurs

Befeuert von der hohen Auslandsnachfrage verzeichnete das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland im Februar einmal mehr kräftige Zuwächse. Das zeigt der saisonbereinigte IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI), der auf 60,7 Punkte nach 57,1 im Januar nach oben schnellte. Es ist der höchste Wert seit über drei Jahren, teilte der englische Finanzdienstleister IHS Markit mit. Allerdings nehme der Druck auf die Lieferketten zu. So meldeten im Berichtsmonat mehr Unternehmen als jemals zuvor in fast 25 Jahren EMI-Datenerfassung zum Teil beträchtliche Lieferverzögerungen. „Der nun schon seit fast einem Dreivierteljahr anhaltende Aufwärtstrend des EMI ist ein Beweis für die Robustheit der deutschen Industrie, die sich in der Corona-Krise als echter Stützpfeiler der Konjunktur bewährt“, betonte Dr. Silvius Grobosch, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Dienstag in Eschborn. Sorge bereiten ihm allerdings die größer werdenden Lieferengpässe und die anziehenden Einkaufspreise, fügte Grobosch hinzu.

„Der EMI nähert sich alten Höchstständen – und das trotz Corona. Es ist offensichtlich, dass die Internationalität der deutschen Industrie maßgeblich für die gute Stimmung der Branchen ist“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, am Dienstag auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. „Die großen Pole dieser Welt – USA und China – treiben das Wachstum an, und Deutschland kann davon profitieren“, fügte die Helaba-Bankdirektorin in ihrem Statement für den BME hinzu. Ein Nach-Krisenboom sei jetzt schon abzulesen. Dies gehe mit deutlich steigenden Preisen einher. Auch das zeichne sich schon ab.

„Trotz der auf den ersten Blick guten Zahlen schwindet die Hoffnung auf Wachstum im ersten Quartal 2021 mit jedem Tag hoher Infektionszahlen ein Stückchen mehr. Es ist nicht die Erwartung eines Absturzes wie im ersten Halbjahr 2020 als vielmehr die Befürchtung einer längerfristigen Beeinträchtigung der Wirtschaft – auch nach ersten Öffnungen oder sogar mit wieder neuen Beschränkungen im Jahresverlauf, die die guten Umfrageergebnisse etwas trüben“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, am Dienstag dem BME.

Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise teilte Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG, am Dienstag dem BME mit: „Der Preisauftrieb der wichtigsten Industrierohstoffe setzte sich auch im Februar 2021 fort: Dafür sorgten gut gefüllte Auftragsbücher und eine noch immer knappe Versorgung bei etlichen Rohstoffen. Zudem kam es insbesondere in der ersten Monatshälfte zu witterungsbedingten Transportproblemen. Bei unverändert hohen Eisenerznotierungen und nur leicht sinkenden Schrottnotierungen verteuerten sich die Stahlpreise je nach Sorte nochmals um 4,5 bis sieben Prozent. Während jedoch die Spotmarktpreise im zweiten Quartal ihren Höhepunkt sehen werden, dürften die Kontraktpreise im zweiten Halbjahr 2021 deutlich über dem Niveau der ersten Jahreshälfte liegen. Die Versorgungslage bei Stahl sollte sich jedoch schon im Verlauf des zweiten Quartals deutlich entspannen.“

Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:

Produktion: Auch im Februar steigerten die Hersteller ihre Produktion. Nach der Abschwächung auf ein 5-Monatstief zum Jahresanfang beschleunigte sich das Wachstum wieder und fiel so kräftig aus wie seit November vergangenen Jahres nicht mehr. In den meisten Fällen wurden die Zuwächse dem höheren Auftragseingang zugeschrieben. Das größte Plus wurde im Investitionsgüterbereich verzeichnet, gefolgt von den Vorleistungsgüterherstellern.

Auftragseingang insgesamt: Die Anzahl der Neuaufträge machte im Februar einen kräftigen Sprung nach oben. So kletterte der saisonbereinigte Teilindex auf den höchsten Stand seit Oktober 2020 und signalisierte einen der stärksten Zugewinne in der fast 25-jährigen Umfragegeschichte des EMI. Erneut gaben die meisten Umfrageteilnehmer an, dass die jüngsten Zuwächse in erster Linie auf das generell hohe Nachfrageniveau zurückgehen. Daneben gab es vereinzelt Meldungen über vorzeitig platzierte Aufträge aufgrund von befürchteten Lieferengpässen.

Auftragseingang Export: Auch die Exportaufträge sind im Februar steil angestiegen. Die Zuwachsrate zog den zweiten Monat in Folge an und kletterte auf den höchsten Wert seit Dezember 2017. Hersteller von Investitionsgütern verbuchten den größten Zugewinn, im Konsumgüterbereich hielt sich Nachfrage dagegen in Grenzen. Neuaufträge kamen vor allem aus Asien (insbesondere China), den USA sowie Europa.

Beschäftigung: Die Beschäftigung in der Industrie stabilisierte sich im Februar, womit der seit März 2019 anhaltende Abwärtstrend vorerst endete. Bei den Teilbereichen zeigt sich allerdings ein geteiltes Bild. Firmen im Investitionsgüterbereich verzeichneten aufgrund des extrem hohen Kapazitätsdrucks ein moderates Stellenplus. Die Hersteller von Konsumgütern sowie Vorleistungsgütern bauten hingegen abermals Personal ab.

Einkaufspreise: Die teils massiven Lieferengpässe führten im Februar zu einer weiteren Verschärfung des Kostendrucks in der Industrie. Die Inflationsrate kletterte nicht nur auf einen der höchsten Werte der vergangenen zehn Jahre, sondern auch der Umfragegeschichte (seit 1996). Neben höheren Preisen für eine breite Palette an Materialien – darunter Stahl, Kunststoffe und elektronische Komponenten – meldeten viele Umfrageteilnehmer auch eine Verteuerung der Frachtkosten.

Verkaufspreise: Nach vergleichsweise milden Steigerungen in den vergangenen vier Monaten hoben die Hersteller ihre Verkaufspreise im Februar so deutlich an wie seit fast zweieinhalb Jahren nicht mehr. Am stärksten fiel der Anstieg im Vorleistungsgüterbereich aus.

Geschäftsausblick: Deutschlands Hersteller blickten auch im Februar optimistisch in die Zukunft. Der Teilindex verbesserte sich gegenüber Januar sogar nochmals und erreichte ein neues Rekordhoch (seit Mitte 2012). Nahezu die Hälfte der Befragten (49 Prozent) rechnet mit höheren Produktionsraten binnen Jahresfrist. Die meisten Manager stützen ihre Hoffnungen dabei auf die wachsende Zuversicht der Kunden und den großen Nachholbedarf, sobald die Covid-19-Beschränkungen gelockert werden.

Über den EMI: Der IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Er ist eine Momentaufnahme der Geschäftssituation im Verarbeitenden Gewerbe – errechnet aus den Teilindizes für Auftragseingang, Produktion, Beschäftigung, Lieferzeiten und Vormaterialbeständen. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des BME. Er wird vom Anbieter von Unternehmens-, Finanz- und Wirtschaftsinformationen IHS Markit mit Hauptsitz in London erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern und Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI).

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