Gesundheit & Medizin

Stellungnahme zur Diskussion einer Impfpflicht

Das Netzwerk Evidenzbasierte Medizin fordert die Bundesregierung und beteiligte Akteure auf zu einem evidenzbasierten Handeln und transparenten Entscheidungen für oder gegen eine SARS-CoV-2 Impfpflicht.

Politik, die den Anspruch hat, die beste wissenschaftliche Evidenz zu respektieren, benötigt ein Vorgehen nach den Methoden der evidenzbasierten Medizin.
Evidenzbasiertes Entscheiden erfordert ein präzises Abwägen von Nutzen und Schaden konkreter Handlungsalternativen, um die Unsicherheit in der Entscheidung so weit wie möglich zu minimieren.

Evidenzbasierte Politik berücksichtigt die gesamte vorliegende relevante Evidenz, welche transparent nach festgelegten nachvollziehbaren Kriterien bewertet wird.
Nicht-evidenzbasierte Gesundheitspolitik jedoch sucht selektiv und auf Basis unklarer Kriterien nach Einzelstudien oder Expertenmeinungen, die zur jeweils gewünschten Argumentation herangezogen werden, und blendet Alternativen aus.

Das EbM-Netzwerk fordert zu einer präzisen, sachgerechten Diskussion über Nutzen und Schaden klar benannter Alternativen bei der Frage um die SARS-CoV-2-Impfung auf.

Fünf Kernpunkte sind unverzichtbar:

  • Erstens muss klar sein, dass es um den Nutzen und Schaden der Verpflichtung zur Impfung im Vergleich zu keiner Verpflichtung geht. Fragen zum Nutzen und Schaden der freiwilligen Impfung im Vergleich zu keiner Impfung sind separat zu klären.
  • Zweitens muss klar sein, über welche politische Maßnahme und welche Alternative entschieden wird. Die Nutzen-Schaden-Abwägung auf Bevölkerungsebene hängt entscheidend von den nachfolgenden Faktoren ab. Es muss somit exakt und unmissverständlich benannt werden
  • was konkret mit "Impfung" gemeint ist (d. h. welcher Impfstoff, wie oft, in welchem Zeitabstand etc.),
  • welche Zielgruppen konkret betroffen wären (alle Erwachsenen oder abhängig vom individuellen Risiko für COVID-19 und/oder vom individuellen Transmissionsrisiko und/oder vom individuellen Risiko für Nebenwirkungen),
  • wie die Verpflichtungen konkret umgesetzt werden sollen (Art der Umsetzung und Sanktionierungen),
  • wie lange die Maßnahmen gelten sollen.
  • Drittens muss klar sein, welcher Nutzen und welcher Schaden gegeneinander abgewo­gen werden. Insbesondere muss unmissverständlich klar sein, welche individuellen und bevölkerungsbezogenen gesundheitliche Auswirkungen (z. B. Infektion, Krankenhaus­aufnahme, Intensivstationsaufnahme, Mortalität, Lebensqualität, psychomentale Erkran­kungen etc.), aber auch soziale Auswirkungen, ethische sowie juristische Aspekte ent­scheidungsrelevant sind.
  • Viertens muss klar sein, welche Annahmen zur pandemischen Situation bzw. zur Infek­tionsepidemiologie gemacht werden. Hierzu gehören konkrete Erwartungsszenarien zu zukünftiger Verbreitung und den Eigenschaften von SARS-CoV-2 bzw. Varianten.
  • Fünftens muss klar sein, nach welchen Kriterien zu welchem Zeitpunkt eine Neubewer­tung des Nutzens und Schadens erfolgt und wer diese durchführt.

Insgesamt braucht die Diskussion für oder gegen eine SARS-CoV-2 Impfflicht dringend mehr Präzision und Transparenz und muss unbedingt diese fünf Punkte berücksichtigen.

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