Natur & Garten

Illegaler Vogelabschuss bedroht Auswilderungsprojekt der seltenen Waldrappe

Man sieht es ganz deutlich im Röntgenbild: Zwei Schrotkugeln stecken im leblosen Vogelkörper. Eine im Flügel, eine tief in der Körpermitte. Es gibt keinen Zweifel: Waldrappweibchen "Dieks", das auf dem Weg in die Toskana war, ist Opfer von Wilderern geworden. Illegale Vogeljagd – einfach abgeknallt. "Dieks" Körper wurde von Vogelschützern leblos aufgefunden und zu einem Forensiker ins Labor gebracht. Der Kriminalist bestätigte den Verdacht: Der Waldrapp wurde mit einem Flintenschuss in den Tod gestreckt. Die Vogelschützer ringen um Fassung.

Der seltene Waldrapp, der mühevoll von Artenschützern in Wien im Tiergarten Schönbrunn aufgezogen wurde, starb an einem späten Nachmittag im Arno-Tal nahe Figline Valdarno in der Toskana. "Ein herber Verlust, der uns sehr weh tut", sagt Dr. Johannes Fritz, Leiter des Waldtrappteam Conservation and Research. Fritz ist wütend: "Rund ein Drittel der Verluste in Italien sind eine Folge illegaler Jagdaktivitäten. Sie beeinträchtigt die Bestandsentwicklung erheblich und gefährdet das Überleben unser Waldrappe Jahr für Jahr. Wir fordern endlich effiziente Maßnahmen gegen dieses sinnlose und illegale Töten."

Auch die Deutsche Wildtier Stiftung, die das Projekt des Waldtrappteam Conservation and Research unterstützt, indem sie GPS-Sender für die Waldrappe zur Verfügung stellt, die die Zugrouten genau dokumentieren, fordert eine wirksame und konsequente Bekämpfung der illegalen Vogeljagd in Italien. "Der illegale Abschuss im Mittelmeerraum ist unbestritten die häufigste Todesursache der Waldrappe. Und es werden ja nicht nur Waldrappe, sondern auch geschützte Greifvögel und Störche geschossen – die Dunkelziffer ist hoch", sagt Professor Dr. Klaus Hackländer, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Wildtier Stiftung. Die GPS-Geräte der Deutschen Wildtier Stiftung am Rücken der Waldrappe machen es möglich, illegalen Vogelmord noch besser zu aufzudecken. "Aber es müssen mehr Anstrengungen unternommen und Abkommen getroffen werden, um die Wildtierkriminalität strafrechtlich zu verfolgen", so der Wildtierbiologe.

Auch in diesem Jahr übergibt die Deutsche Wildtier Stiftung wieder GPS-Sender an das Waldtrappteam, um Abflug, Flug-Verlauf und die Ankunft der bedrohten Waldrappe in ihren Sommer- und Winterquartieren zu dokumentieren. Die federleichten Sender werden wie winzige Rucksäcke auf die Rücken der Vögel geschnallt und behindern diese beim Fliegen nicht. Die Zugroute ist bei Waldrappen nicht angeboren, sondern wird von den älteren Tieren weitergegeben. Die Jungvögel schließen sich also vor ihrem ersten Wegzug den erfahrenen Altvögeln an. "Das Waldrappprojekt zeigt, dass eine Wiederansiedlung ausgestorbener Arten funktionieren kann, wenn die Gründe für ihr Aussterben beseitigt werden. Bei den Ibisvögeln lag es am Menschen, der ihre Nester plünderte oder die Tiere tötete. Damit muss im 21. Jahrhundert ein für alle Mal Schluss sein", so Professor Hackländer.

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