Kunst & Kultur

»In C – Marler Partitur«. Ein Projekt von Sasha Waltz für die Stadt Marl auf Initiative der Neuen Auftraggeber

Im September wird Marl zum Schauplatz eines einzigartigen Projekts. Die Choreographin Sasha Waltz hat mit »In C – Marler Partitur« eine Choreographie entwickelt, die weite Teile der Stadtbevölkerung einbeziehen will. Über 120 Tanzende und Publikum bilden dabei eine Prozession und bewegen sich spiralförmig aufs Stadtzentrum zu. Die Bewegung endet mit einer gemeinsamen Aufführung aller Teilnehmenden, zu denen Laien ebenso zählen wie Tänzerinnen und Tänzer der Compagnie Sasha Waltz & Guests. »In C – Marler Partitur« ist ein Modellprojekt, das sich als ständige Praxis in Vereinen, Institutionen und Schulen nachhaltig am Ort etablieren soll.

Initiiert wurde das Projekt von einer Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern, die sich seit vielen Jahren für den Erhalt herausragender Bauwerke in ihrer Stadt engagieren. Als Lehre aus der nationalsozialistischen Diktatur waren in Marl nach dem Krieg demokratische Modellarchitekturen entstanden. Architekten wie Hans Scharoun oder Johannes Hendrik van den Broek und Jacob Berend Bakema hatten gemeinsam mit dem Städteplaner Günther Marschall ein Netzwerk von Gebäuden geschaffen, mit denen die Prinzipien von Teilhabe und Bildung in der städtischen Gemeinschaft verankert werden sollten. Die Marler Initiative wandte sich an das Netzwerk der Neuen Auftraggeber und konnte im Zuge einer mehrjährigen Zusammenarbeit Sasha Waltz für das Vorhaben gewinnen, den demokratischen Aufbruchsgeist der Nachkriegsjahre mit künstlerischen Mitteln zu neuem Leben zu erwecken.

Das Projekt basiert auf Terry Rileys Komposition »In C« (1964). Der Komponist hatte in seiner Komposition musikalische Elemente vorgegeben, es aber den Musikerinnen und Musikern überlassen, wann sie synchron zusammenspielen oder wann sie nach eigenem Ermessen Phrasen wiederholen würden. Sasha Waltz‘ Choreographie »In C« folgt diesem Prinzip. Ihre 53 choreographischen Figuren können sich ebenfalls überlagern und verschieben, ohne das Miteinander aber jemals aus den Augen zu verlieren. Für Marl hat Sasha Waltz eine Variation ihrer Choreographie entwickelt, die »Marler Partitur«. Die Figuren können von Laiengruppen ganz oder teilweise eingeübt werden. Neben gemeinsamen Aufführungen können die Bewegungsmuster in eigene tänzerische, sportliche oder schulische Abläufe eingefügt werden. So wird das Aufführungswochenende im September zum Auftakt für einen Prozess, der die Choreographie nachhaltig in Marl verankern wird.

Vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Polarisierung und sozialer Vereinzelung soll das Projekt die Grundsätze gelebter Demokratie so intuitiv erfahrbar machen. Es bezieht unterschiedlichste Gruppen ein, die einem gemeinsamen Regelwerk folgen – den verabredeten Bewegungsmustern, die auch in Zukunft allen Teilnehmenden wie eine neu erlernte Körpersprache zur Verfügung stehen werden. Die Choreographie schafft ein komplexes Miteinander. Ältere reagieren auf die Bewegungen der Jüngeren, Schnellere passen sich dem Tempo der Langsameren an, einer wird von der anderen abgeholt und mitgenommen. Manchmal eilen Einzelne in ihrem eigenen Rhythmus voraus. Immer wieder aber schließen die anderen auf und die Gruppe findet zusammen.

»In C – Marler Partitur« soll in dem einst aus verschiedenen Dörfern zusammengewachsenen Stadtgebilde ein körperliches Gefühl für den Gesamtzusammenhang und die soziale Gemeinschaft entwickeln. Die Stadtgesellschaft soll sich unabhängig von Sprache, Herkunft und sozialem Hintergrund im Zusammenklang erleben und die Kraft der Vielstimmigkeit als gemeinsame Praxis erfahren.

»Die weltbekannte deutsche Choreographin Sasha Waltz hat für einen ganzen Stadtraum eines der innovativsten Kunstprojekte geschaffen«, sagt Kulturdezernentin Claudia Schwidrik-Grebe. »Marl erwartet ein Kunstspektakel, auf das sich alle Bürgerinnen und Bürger sowie Gäste der Stadt freuen dürfen.«

Wir laden Sie herzlich ein, dieses Experiment in Marl zu erleben und ein Stück ohne Hierarchien kennenzulernen, das niemanden ausschließen und Demokratie stärken will, indem es Kooperation und Zusammenleben von einem abstrakten Gedanken in eine körperliche Erfahrung übersetzt.

»In C – Marler Partitur« wird gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. Gefördert von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Weitere Förderer sind die Stadt Marl, die Kluth-Stiftung Jugend und Kultur und Evonik.

FAQs

»In C – Marler Partitur«
10. und 11. September 2022
an unterschiedlichen Orten im Marler Stadtraum

Choreographie und Konzept
Sasha Waltz

Auftraggeberinnen und Auftraggeber
Hannelore Apitzsch, Werner Eisbrenner, Monika Kaczerowski, Kurt Langer, Heidi Pfeifer, Irene Rasch-Erb, Rolf Schumann (†), Brigitte Schumann-Knauff, Dr. Ulrich Spies, Karin Wagner und Paul Wagner

Ein Projekt der Neuen Auftraggeber in Zusammenarbeit mit dem Skulpturenmuseum Marl
Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes, die Stadt Marl, das Kultursekretariat NRW Gütersloh, die Kluth-Stiftung Jugend und Kultur und Evonik Industries AG

Worum geht es?
In Marl wird eine Choreographie von Sasha Waltz die ganze Stadt erfassen. Die Menschen werden sich selbst als Teil einer stadtweiten Bewegung erleben, die weit über Marl hinaus zum Bild für gesellschaftlichen Zusammenhalt wird. Dabei machen sich die Bürgerinnen und Bürger Figuren einer tänzerischen »Partitur« zu eigen, wie Bewegungsabläufe einer körperlichen Übung. Wer sie ausübt, erfährt sich als Teil eines größeren Ganzen.

Wie lautet der Auftrag der Initiativgruppe an Sasha Waltz?
»Wir wollen das kulturelle Erbe der Stadt, Marls einzigartige Bauwerke der 1960er und 1970er Jahre, miteinander verbinden und für eine neue Generation erschließen. Die Stadtgesellschaft soll so ihre Mitte wieder neu entdecken und im Dialog aktiv zusammenfinden.«

Auf welche musikalische Komposition baut das Stück auf?
Terry Rileys Komposition »In C«, an die sich die »Marler Partitur« anlehnt, entstand 1964 und ist ein Meilenstein der Musik des 20. Jahrhunderts. Sie soll in Marl mit Musikerinnen und Musikern der Stadt neu arrangiert und eingespielt werden.

Wer tanzt?
»In C – Marler Partitur« wird am Präsentationswochenende von acht Bürgergruppen an unterschiedlichen Orten in der Stadt aufgeführt. Alle Laientanzgruppen üben die tänzerischen Phrasen der Partitur zuvor in einem Mentoring-System mit Profitänzerinnen und Profitänzern ein. Am Ende des zweiten Tages findet im Stadtzentrum eine Aufführung mit allen Teilnehmenden und Tänzerinnen und Tänzern der Companie Sasha Waltz & Guests statt.

Die Kooperationspartner
AkzepTanz
Albert-Schweitzer-/Geschwister-Scholl Gymnasium Marl
Gymnasium im Loekamp
Hans Böckler Berufskolleg
Martin-Luther-King Schule
Musikschule Marl
Tanzschule Klein
Tanz Kreativ
Willy Brandt Gesamtschule

Das Skulpturenmuseum Glaskasten Marl
Das Skulpturenmuseum Glaskasten verfügt über eine der bedeutendsten deutschen Skulpturensammlungen im öffentlichen Raum und bildet die kulturelle Entsprechung zum demokratischen Bauen Marls: Viele seiner Objekte, darunter Arbeiten von Hans Arp, Ossip Zadkine, Thomas Schütte und vielen weiteren internationalen Künstlerinnen und Künstlern, sind im Stadtgebiet verstreut platziert und für jede Bürgerin und jeden Bürger offen zugänglich.

Das Museum, das in seiner Anfangszeit einem klassischen Sammlungsauftrag gefolgt ist, kooperierte mit den »Neuen Auftraggebern«, um den Auftragsgedanken zum sozialen Raum und für mehr Diversität zu öffnen. Mit Hilfe des Museums wird sich die »Marler Partitur« als soziale Praxis weiter wandeln und öffnen. Zugleich wird das Museum in den kommenden Jahren immer stärker auch ein »Erzählort« sein, an dem skulpturales und kulturelles Handeln über herkömmliche Formate hinaus vielstimmig erfahrbar wird. Ein Gegenstand dieses Dialoges ist auch »In C – Marler Partitur«.

Neue Auftraggeber
Die Gesellschaft der Neuen Auftraggeber bietet Menschen die Möglichkeit, bei namhaften Künstlerinnen und Künstlern neue Projekte der Kunst, Literatur, Architektur oder Musik in Auftrag zu geben. So entstehen Kunstwerke, die Antworten auf drängende Fragen der Gesellschaft und im Lebensumfeld der Auftraggeber geben. Die Gesellschaft der Neuen Auftraggeber unterstützt alle Beteiligten bei der Beauftragung, Finanzierung und Ausführung der Projekte. Die entstehenden Werke sind gemeinnützig, öffentlich und nicht-kommerziell.

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