Finanzen / Bilanzen

Höhere Innovationsausgaben und mehr forschende Unternehmen

Die deutsche Wirtschaft hat die Ausgaben für Innovationen im Jahr 2021 deutlich um 4,7 Prozent auf 178,6 Milliarden Euro gesteigert. Damit wurde der Rückgang aus dem Jahr 2020 – damals sanken die Innovationsausgaben pandemiebedingt um 3,6 Prozent auf 170,5 Milliarden Euro – wettgemacht. Das Vor-Pandemie-Niveau aus dem Jahr 2019 (176,9 Milliarden Euro) wurde allerdings nur leicht übertroffen. Gleichzeitig erhöhte sich die Anzahl der kontinuierlich forschenden Unternehmen um knapp 8 Prozent auf einen neuen Höchststand von etwa 42.000. Zu diesen Ergebnissen kommt die aktuelle Innovationserhebung 2022, die das ZEW Mannheim im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) jährlich durchführt.

Dazu erklärt Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger: „Es ist eine gute Nachricht, dass die Unternehmen bei den Innovationsausgaben im zweiten Pandemiejahr stark aufgeholt haben und sogar mehr in Innovationen investiert haben als noch im Jahr vor der Pandemie. Mich freut besonders, dass vor allem kleine und mittlere Unternehmen kräftig zulegen konnten. Nur mit Forschung und Innovation können wir die großen Herausforderungen meistern, vor denen unser Land steht. Deswegen wollen wir die Rahmenbedingungen für Innovation und Transfer weiter verbessern. Mit der Zukunftsstrategie Forschung und Innovation werden wir unsere Anstrengungen und Ressourcen als Bundesregierung bündeln und auf die großen Herausforderungen ausrichten. Ein Schwerpunkt ist hierbei die Erhöhung der Innovatorenquote kleiner und mittlerer Unternehmen und die Steigerung der Gründungsrate. So sichern wir Innovationsfähigkeit und damit Wachstum und Wohlstand.“

Wie in den Vorjahren entwickelten sich auch 2021 die Innovationsausgaben in den Dienstleistungssektoren günstiger. Mit einem Wachstum von 9,7 Prozent nahmen sie mehr als dreimal so stark zu wie in der Industrie (+3,0 Prozent). Gleichwohl liegt das Niveau der Innovationsausgaben in den Industriebranchen mit 130,6 Milliarden Euro weiterhin erheblich über dem in den Dienstleistungen (48,0 Milliarden Euro). Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wiesen 2021 mit einem Zuwachs um 9 Prozent eine höhere Dynamik der Innovationsausgaben auf als Großunternehmen, die ihre Ausgaben um 3,9 Prozent steigerten. Damit setzt sich die Entwicklung aus dem Jahr 2020 fort, in dem die Innovationsausgaben der KMU leicht angestiegen waren, während die Großunternehmen einen deutlichen Rückgang zu verzeichnen hatten.  Der Anteil der Innovationsausgaben am Umsatz, die sogenannte Innovationsintensität, sank 2021 zum ersten Mal seit sechs Jahren. Mit 3,0 Prozent lag sie um 0,3 Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Die Ausweitung der Innovationsausgaben im Jahr 2021 hielt damit nicht Schritt mit der kräftigen, zum Teil inflationsgetriebenen, Expansion der Umsätze. Für die Jahre 2022 und 2023 dürften die Innovationsausgaben mit etwa 180 Milliarden Euro kaum weiter zunehmen. Allerdings sind diese Zahlen nur grobe Richtwerte. Aufgrund des unsicheren weltwirtschaftlichen und geopolitischen Umfelds konnten viele Unternehmen keine Planzahlen zur Entwicklung der Innovationsausgaben vorlegen

Konzentration der Innovationstätigkeit auf forschende Unternehmen

Im Jahr 2021 hat sich die Innovationstätigkeit in Deutschland auf weniger Unternehmen konzentriert. Bei insgesamt gestiegenen Innovationsausgaben ging die Anzahl der Unternehmen mit Innovationsaktivitäten auf rund 198.000 (59,6 Prozent aller Unternehmen) zurück. 2020 waren noch mehr als 201.000 Unternehmen (60,9 Prozent) innovationsaktiv gewesen. Dabei stieg die Anzahl der Unternehmen, die auf Basis eigener, kontinuierlicher Forschungs- und Entwicklungs(FuE)-Tätigkeit innovieren, um knapp 8 Prozent auf 42.000 an. Dies ist der höchste Wert seit Beginn der Innovationserhebung Anfang der 1990er-Jahre. Auch die Anzahl der gelegentlich forschenden Unternehmen nahm zu, um 6 Prozent auf rund 33.000. Rückläufig war dagegen die Anzahl der Unternehmen, die ohne eigene FuE Innovationsaktivitäten verfolgen. Ein Teil dieser Unternehmen hatte im Jahr 2020 in Reaktion auf die veränderten Bedingungen durch die Pandemie Innovationsprojekte umgesetzt, die insbesondere die Digitalisierung von Prozessen und Vertriebswegen betrafen. 2021 dürfte dieser Effekt nicht mehr schlagend gewesen sein. Der Anteil der Unternehmen mit Produkt- oder Prozessinnovationen ging im Jahr 2021 um 1,3 Prozentpunkte auf 54,3 Prozent zurück.

Fokus auf Kostenreduktion

Eine weitere Verschiebung der Innovationstätigkeit betrifft den stärkeren Fokus auf Kostensenkungen. Gleichzeitig ging die Anzahl der Unternehmen zurück, die originär neue Produktinnovationen (Marktneuheiten) eingeführt haben. Im Jahr 2021 wiesen rund 44.000 Unternehmen in Deutschland und damit 13,4 Prozent aller Unternehmen kostenreduzierende Prozessinnovationen auf – eine Zunahme von 13 Prozent gegenüber 2020. Nur 21.000 Unternehmen (6,4 Prozent) hatten Marktneuheiten im Angebot, ein Rückgang von 8 Prozent gegenüber 2020. Die mit Prozessinnovationen erzielte durchschnittliche Stückkostensenkung erhöhte sich 2021 auf 3,3 Prozent (2020: 3,1 Prozent). Der Umsatzanteil von Marktneuheiten stieg trotz der rückläufigen Anzahl von Unternehmen mit solchen Innovationen leicht von 3,2 Prozent (2020) auf 3,3 Prozent (2021) an. Hierfür waren allerdings Sondereffekte aus der Einführung von Covid19-Impfstoffen verantwortlich.

Über die Innovationserhebung

Das ZEW Mannheim untersucht im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) jedes Jahr das Innovationsgeschehen in der deutschen Wirtschaft – gemeinsam mit dem Institut für angewandte Sozialwissenschaften (infas) und dem Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung (ISI). Die Studie erfasst Unternehmen mit fünf oder mehr Beschäftigten. Im Jahr 2021 waren dies rund 332.000 Unternehmen mit 18,0 Millionen Beschäftigten und einem Umsatz von fast 6,0 Billionen Euro.

Über ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim

Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind.

Forschungsfelder des ZEW

Altersvorsorge und nachhaltige Finanzmärkte; Arbeitsmärkte und Sozialversicherungen; Digitale Ökonomie; Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik; Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik; Marktdesign; Umwelt- und Klimaökonomik; Ungleichheit und Verteilungspolitik; Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft.

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