Gesundheit & Medizin

Testung von Pflegeroboter ist ein Meilenstein für die Pflegewissenschaft am Klinikum Karlsruhe

Mit erweiterten Aufgabenszenarien für den Prototypen HoLLiE will ein Forscherteam in der Praxis herausfinden, ob und wie die Pflegekräfte in Zukunft bei administrativen und wiederkehrenden Tätigkeiten von multifunktionalen Robotern entlastet werden können.

Im März 2022 war HoLLiE zum ersten Mal im Städtischen Klinikum Karlsruhe im Einsatz – jetzt ist der multifunktionale Serviceroboter, der wissenschaftliche Erkenntnisse über eine mögliche Entlastung der Pflegekräfte in Krankenhäusern durch Assistenzsysteme liefern soll, mit neuen Eigenschaften zurück. Dank technischer Weiterentwicklungen schiebt HoLLiE inzwischen Rollstühle auf vordefinierten Strecken und ist in der Lage, die aus der Pflegepraxis entwickelten Testszenarien unter Anleitung der Technikpartner auszuführen. 

„Wir haben an drei Tagen in verschiedenen Szenarien getestet, inwieweit der Roboter die neuen Fähigkeiten in der realen Umgebung eines Krankenhauses umsetzen kann“, berichtet Matthias Brünett, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung (DIP), das das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Verbundprojekt koordiniert. „Die Herausforderung liegt dabei in der Verknüpfung von Steuerung, Navigation, Umgang mit Gegenständen sowie Interaktion mit Patienten und Pflegepersonal.“

In den verschiedenen Szenarien bewerteten die Forscher unter anderem, wie verlässlich HoLLiE inzwischen Patienten zu einer Untersuchung begleiten oder einen Rollstuhl schieben kann. „Beim kooperativen Gehen reagiert der Roboter z.B. auf die Bewegungen des Menschen und passt seinen Fahrweg entsprechend an“, skizziert Brünett. Ein weiteres Szenario war die Anleitung des Patienten bei Bewegungsübungen. Zeitgleich wurde auf einem Monitor das sogenannte „Skeletton tracking“ dargestellt, um HolliEs Sicht auf die Bewegungsübung veranschaulichen und hierdurch die robotische Perspektive für Zusehende zu verdeutlichen. In einem weiteren Szenario assistierte der Roboter den Pflegekräften bei der Wunddokumentation. 

Wissenschaftlicher Ansatz des Projekts ist die Fragestellung, inwieweit robotische Systeme in Zukunft Pflegekräfte bei administrativen und wiederkehrenden Tätigkeiten entlasten können. „Einer Studie zufolge verbringen diese mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit (56 Prozent) mit administrativen Aufgaben,“ betont Elvira Schneider, Pflegedirektorin am Klinikum. „Deshalb haben wir großes Interesse daran, herauszufinden, wo wir die Pflegenden gezielt unterstützen und ihnen so wieder mehr Zeit für Tätigkeiten am Patienten ermöglichen können.“

Befürchtungen, dass der Roboter das Personal ersetzt oder die Behandlung im Krankenhaus anonymer macht, sind aus Sicht der Kooperationspartner unbegründet. „Dies ist weder möglich, noch gewünscht“, stellt Schneider klar. „Uns geht es konkret um die Unterstützung bei wiederkehrenden Tätigkeiten, bei denen es nicht auf menschliche Zuwendung ankommt. In den Operationssälen sind Assistenzsysteme bereits seit vielen Jahren im Einsatz.“

Das nun abgeschlossene Projekt HoLLiE diente dazu aufzeigen, wie robotische Systeme zukünftig im Stationsalltag integriert werden können. „Ein wesentlicher Bestandteil im Hinblick auf das Projektergebnis waren neben den Realtestungen auch die Befragungen von Mitarbeitenden in verschiedenen Funktionen in der Pflege nach ihren Einschätzungen zu Anforderungen und Grenzen von Robotik im klinischen Arbeitsalltag“ führt Silke Albert, Projektverantwortliche im Klinikum, aus. „Es wurde hierbei deutlich, wie individuell scheinbar einfache Pflegehandlungen ablaufen und wie komplex diese für eine robotische Umsetzung sind, da kaum eine Standardisierung der Arbeitsinhalte gegeben ist.“

Anschließen werden sich nun weitere Forschungsprojekte, die gezielt nach Entlastungspotenzialen im Pflegealltag suchen. „Wir haben großes Interesse daran, in der Pflege wissenschaftliches Denken zu stärken“, ergänzt Scheider. „Deshalb werden wir in den kommenden Wochen mit unseren Kooperationspartnern diskutieren, wie die im Projekt HoLLiE gesammelten Erkenntnisse gezielt weitergenutzt werden können.“

Neben dem DIP sind das Forschungszentrum für Informatik (FZI), das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die ArtiMinds Robotics GmBH, das AWS-Institut für digitale Produkte und Prozesse (AWSi), das Fraunhofer IOSB sowie das Knappschaftsklinikum Saar Teil des Projekts, dessen Name HoLLiE für „House of Living Labs intelligent Escort“ steht. Dass der Prototyp niemals serienreif im Krankenhaus eingesetzt werden kann, war Brünett von Beginn an bewusst. „Wir betreiben hier Forschungsarbeit und die Kollegen unserer Technikpartner nehmen aus jedem realen Einsatz auf einer Station wichtige Erkenntnisse für die Weiterentwicklung der Robotik mit.“

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