Kunst & Kultur

Alexandra Müller-Jontschewa: Gefährdetes Paradies

 

Vernissage: Samstag, 04. März 2023, um 16:00 Uhr in Anwesenheit der Künstlerin

Die ›Leipziger Schule‹, jene Strömung der Malerei im mitteldeutschen Raum, die in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts im Umfeld der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst entstanden ist, doch rasch darüber hinauswuchs und das Kunstgeschehen dominieren sollte, hat ihren höchsten, vorzüglichsten Ausdruck in einem altmeisterlichen Manierismus gefunden, der kunsthistorisch von bleibender Bedeutung ist. Eine führende Repräsentantin dieser Kunst ist Alexandra Müller-Jontschewa, geboren 1948 in Sofia. 1967–72 hatte sie an der Hochschule in Leipzig studiert, um danach als Künstlerin freischaffend tätig zu sein, erst in Leipzig, ab 1979 in Thüringen, seit 2010 in Weida.

Zum 75. Geburtstag der Malerin zeigt das Panorama Museum eine große Retrospektive ihres Schaffens mit etwa 100 Werken vom Beginn ihres künstlerischen Weges um 1973 bis in das Jahr 2022, darunter knapp 70 Gemälde und 30 Zeichnungen, die in kostbaren, figuren- und detailreichen Kompositionen Mythos, Sagenwelt und Geschichte eindrucksvoll zur Synthese bringen.

Das Schaffen von Alexandra Müller-Jontschewa ist tief verwurzelt in der Kunst-, Kultur- und Geistesgeschichte Alteuropas, mit Brückenschlägen bis in den Orient. Souverän zitiert und paraphrasiert sie tradierte Motive und Ikonografien, entwirft neue Sinnbilder und Metaphern, spielt mit Widersprüchen und Verwandlungen, sucht Zusammenhänge und erfindet eine altmeisterlich geschulte, doch überaus zeitaktuelle figuratività, die auch vor kritischen Sujets nicht zurückschreckt, die zeitlos gültig ist und damit zugleich eine scharfsichtige Analyse der wirklich drängenden Fragen von Selbst- und Weltbefund ihrer Zeit leistet.

Als Quellen dienen der Malerin uralte Göttergeschichten, Fabeln, mittelalterliche Legenden, Aspekte aus Alchemie und Mystik, Mirakelbücher und Märchen. Um den Bilderzählungen das nötige Maß an Gültigkeit zu verleihen, stützt sie sich programmatisch wie einst Werner Tübke auf Beispiele aus der Historie, den Mythen der Antike von den Kelten bis zu den alten Griechen, vor allem aber auf Zeugnisse der Kunstgeschichte. Solches bildnerische Vorgehen ermöglicht eine weitgespannte, produktive Deutungsoffenheit, eine Mehrsinnigkeit, die der Analyse und Interpretation bedarf, eines mehrschichtigen Betrachtens, das dank der Motivik und Bildsprache dieser Kunst, die jede allzu große Eindeutigkeit meidet, außerordentlichen Genuss verspricht und fortlaufend überraschende Erkenntnis verheißt.   

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