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„Wir stehen mit der Aufarbeitung noch am Anfang“: ZdK-Vizepräsident Wolfgang Klose zieht Bilanz des Missbrauchsskandals

Die Bilanz des „Arbeitskreises Aufarbeitung“ im Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) macht deutlich: Sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche erfordert anwaltschaftliches Engagement für die Betroffenen auf allen Ebenen. Dafür braucht es weiter ein kritisches Auge auf den Aufarbeitungsprozess der Kirche. Katholische Verbände und Organisationen müssen sich aber auch selbst der Aufarbeitung stellen.

„Das Augenmerk lag in den letzten Jahren vor allem auf der Implementierung einer professionellen institutionellen Präventionsarbeit“, sagte Wolfgang Klose, Vizepräsident des ZdK und Leiter des Arbeitskreises Aufarbeitung. Es sei deutlich erkennbar, „dass die Gremien des ZdK und auch die Menschen, die sich in den Strukturen des verfassten Laienkatholizismus engagieren, heute viel stärker für das Themenfeld Missbrauch, Prävention und Aufarbeitung sensibilisiert sind“. Gleichzeitig stehe „die Aufarbeitung in den Strukturen des Laienkatholizismus an vielen Stellen noch am Anfang“.

Die Ziele des Arbeitskreises, dessen Installierung die Vollversammlung im April 2021 beschlossen hatte, seien weitgehend erreicht. Dazu gehöre die erfolgreich laufende Zusammenarbeit mit Betroffenen, die Analyse und kritische Begleitung der Aufarbeitung in den Bistümern, der regelmäßige Austausch mit Verbänden und Räten zu Aufarbeitungsprojekten sowie die Entwicklung einer Agenda zum Schutz vor sexueller Gewalt und Sicherung des Kindeswohls. Insbesondere der Kontakt zur Politik sei intensiviert worden. Es bestehe „die Hoffnung, dass der Staat sich noch stärker engagiert und eine unabhängige kirchliche Aufarbeitung engmaschiger und konsequenter begleitet, unterstützt und vor allem kontrolliert“, sagte Klose.  Der Generalsekretär des ZdK, Marc Frings, hatte dazu bereits am Vortag öffentlich formuliert: „Wir haben das Anliegen, ganz unmittelbar Paragraph 174c StGB um den Schutz vor sexuellem Missbrauch in Seelsorgebeziehungen zu erweitern – eine Forderung, die sich unmittelbar aus den Erfahrungen rund um den spirituellen Missbrauch ableitet.“

„Es scheint jetzt ein sinnvoller Zeitpunkt, um die anstehenden Aufgaben und Anliegen an die bestehenden Gremien bzw. die operative Arbeit des Präsidiums und des Generalsekretariats zu übergeben“, sagte Wolfgang Klose. Das Präsidium des ZdK werde in der kommenden Sitzung des ZdK-Hauptausschusses im Juni einen Vorschlag machen, wie das Thema fortan intensiv weiter bearbeitet werden könne. Fest stehe: „Es ist ein Hauptthema für uns, für die Arbeit des ZdK“, sagte Klose. Die Vollversammlung hatte zuvor in einer regen Debatte vehement dafür plädiert, das Thema Aufarbeitung zu einer unverändert herausragenden Aufgabe des ZdK zu machen.

Die Kontakte zur Unabhängigen Beauftragten der Bundesregierung, Kerstin Claus, seien gut und setzten den produktiven Austausch, den das ZdK-Präsidium bereits mit ihrem Vorgänger im Amt, Johannes-Wilhelm Rörig, hatte, fort, sagte Klose. Wichtig sei nun „eine gemeinsame Beratung mit der Arbeitsgemeinschaft katholischer Organisationen zum Aufbau möglicher übergeordneter Strukturen für die Aufarbeitung in den katholischen Verbänden und Organisationen“ und die weitere Unterstützung der Diözesanräte in ihrer kritischen Begleitung der Bistümer im Aufarbeitungsprozess.

Am Morgen hatten in einem von Johanna Beck moderierten Gespräch zwei Expert*innen für das Thema verdeutlicht, dass Missbrauch nur in einem Umfeld dauerhaft stattfinden könne, das durch Schweigen, Ko-Klerikalismus und Intransparenz gekennzeichnet sei. Helga Dill, Geschäftsführerin des Instituts für Praxisforschung und Projektberatung in München und für eine Studie im Bistum Essen verantwortlich, sagte: „Die Aufarbeitung ist nicht abgeschlossen, wenn das Gutachten in einem Bistum da ist. Dann geht die Aufarbeitung erst los.“ Es gehe dabei um die unmittelbar Betroffenen, aber auch um die Gemeinden. Sie hätten „ein Recht auf Aufklärung“, müssten aber auch ihre eigene Rolle reflektieren. „Es ist wichtig, die Demokratisierung in der Kirche voranzutreiben“, das ungute Nichthinterfragen der überhöhten Priesterrolle sei gefährlich. Stefan Tiefenthaler, Mitglied der Initiative Sauerteig, die sich als treibende Kraft in der Aufarbeitung engagiert, zeigte sich überzeugt: „Die Kirche kommt die nächsten Jahre mit diesem Thema nicht zur Ruhe.“

Die Vollversammlung des ZdK in München geht heute Mittag zu Ende. Sie hat sich nicht nur mit der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs, sondern auch mit der Frage nach einer Friedensethik in Kriegszeiten sowie mit der Zukunft des Synodalen Weges in Deutschland und der Welt beschäftigt. Selbstbestimmung und Teilhabe in Gesellschaft und Kirche wurden als Grundanliegen bestärkt und eingefordert.

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