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Zentralrat begrüßt Urteil von Ungarns Oberstem Gericht zur schulischen Segregation von Roma-Kindern

Ungarns Oberstes Gericht hat nun ein Urteil des Debrecener Berufungsgerichts bestätigt, welches den ungarischen Staat bereits im September 2019 zu Schadenersatzzahlungen für die rechtswidrige segregierte Beschulung von ca. 60 Roma-Kindern im ostungarischen Ort Gyöngyöspata verurteilt hatte. Die staatlichen Stellen hatten die Auszahlung des Geldes verweigert und Berufung eingelegt. Ungarns Oberstes Gericht hat nun die finanzielle Entschädigungen der betroffenen Familien in Höhe von 99 Millionen Forint (280.000 Euro) angeordnet.

"Das Urteil des Obersten Gerichtshofs ist ein wichtiges Signal zur Durchsetzung einer gleichberechtigten Bildungsteilhabe für Roma in Ungarn", so der Zentralratsvorsitzende Romani Rose heute. „Das Urteil zeigt unmissverständlich, dass die gesonderte Beschulung von Kindern auf ethnischer Grundlage nicht nur falsch ist, sondern den Staat auch teuer zu stehen kommt. Das Urteil zeigt auch, dass es in Ungarn noch immer Gerichte gibt, die den rechtsstaatlichen Prinzipien verpflichtet sind. Diese Entscheidung ist auch ein Signal an die ungarische Gesellschaft und die ungarische Regierung, dem zunehmenden Antiziganismus in Staat und Gesellschaft deutlich entgegenzutreten“, so Rose weiter. „Den betroffenen Kindern können die verlorenen Jahre nicht mehr zurückgegeben werden. Für sie ist ein bleibender Schaden im Hinblick auf ihre Zukunftschancen entstanden. Es muß jetzt von den verantwortlichen Behörden erwartet werden, dass sie ihrer gesetzlichen Verpflichtung, den gleichberechtigten Zugang zu Bildung für alle Kinder zu gewährleisten, auch tatsächlich nachkommen“, so der Zentralratsvorsitzende.

Trotz ihres gesetzlichen Verbots im Jahre 2003 ist die schulische Segregation von Roma-Kindern, die diese systematisch vom Zugang zu qualifizierter Bildung ausschließt, nach wie vor weit verbreitet. Der Ort Gyöngyöspata ist zum Sinnbild schulischer Segregation in Ungarn geworden. Bereits am 6. Dezember 2012 urteilte das Landgericht Eger, dass in Gyöngyöspata rechtswidrig die Segregation von Roma-Kindern praktiziert werde. Roma-Kinder wurden gezielt in gesonderten Klassen mit reduziertem Curriculum zusammengefasst und auch räumlich getrennt von den anderen Schülern im Erdgeschoss der Schule untergebracht.

2016 hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn eingeleitet auf Grund der strukturellen Diskriminierung von Roma-Kindern im Bildungsbereich. Die EU Kommission machte  deutlich, dass es gegen die EU Antirassismusrichtlinie (2000/43/EG) verstößt, Roma-Kinder gesonderten Schulen oder ausschließlich aus Roma-Kindern bestehenden Klassen zuzuweisen, die einem Lehrplan auf niedrigem Niveau folgen, und unverhältnismäßig viele dieser Kinder aufgrund ihrer sozialen Benachteiligung als geistig leicht behindert einzustufen.[1]

Gyöngyöspata war im März und April 2011 Schauplatz uniformierter Aufmärsche rechtsextremer „Bürgerwehren“, die über Wochen die dort ansässigen Roma terrorisieren. Die Aufmärsche wurden von staatlicher Seite nur halbherzig und erst nach nationalen und internationalen Protesten zivilgesellschaftlicher Organisationen unterbunden.

[1] https://ec.europa.eu/transparency/regdoc/rep/1/2017/DE/COM-2017-458-F1-DE-MAIN-PART-1.PDF, letzter Aufruf 15.05.2020, S. 4

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