Energie- / Umwelttechnik

Verpasste Chance für beschleunigte Industrietransformation und mehr internationale Zusammenarbeit bei Klimaschutz

  • EU-Rat Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) zu CO2-Grenzausgleich: Keine Entscheidung zum schnelleren Ende kostenloser Zertifikate im Emissionshandel
  • Fehlende Unterstützung von besonders betroffenen Handelspartnerstaaten
  • Nachbesserungen im Trilog nun essentiell

Die Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch begrüßt die Einigung der EU Finanzminister zum CO2-Grenzausgleich (CBAM) als einem essentiellen Herzstück des Fit-for-55-Pakets prinzipiell sehr. Die EU Finanzminister sind bei ihrem heutigen Treffen jedoch darin gescheitert, das Instrument ausreichend ambitioniert und gerecht zu gestalten. Die erzielte Einigung bleibt weit hinter den Erwartungen zurück.

„Die Mitgliedstaaten hatten die Chance, den Kommissionsvorschlag an entscheidenden Punkten nachzubessern, um für die nötige Ambition zur Klimagerechtigkeit zu sorgen. Diese Ratsposition hat die Klimazielerreichung in der Industrie zu wenig im Blick und kann aufgrund fehlender Kooperationsangebote problematische Gegenreaktionen in Handelspartnerländern auslösen“, so Anne Gläser, Referentin für CO2-Preise bei Germanwatch.

Der größte Knackpunkt – das Ende der kostenlosen Abgabe von Zertifikaten im Emissionshandelssystem – wurde beim heutigen Beschluss ausgeklammert und den Umweltminister:innen überlassen. „Was wir heute gebraucht hätten, war das klare Bekenntnis zu einem schnellen Ende der kostenlosen Zuteilung in den vom CBAM abgedeckten Sektoren, damit endlich Tempo in die Industrietransformation kommt“, so Gläser. Der Vorschlag der Kommission sei in dieser Hinsicht völlig unzureichend. Das Absenk-Tempo dieser Zuteilungen in den betroffenen Sektoren ab 2026 müsste laut Germanwatch im Vergleich zum Kommissionsvorschlag mindestens verdoppelt werden. Gläser: „Hier sind jetzt die EU-Umweltminister:innen gefragt, die im Rahmen ihres Beschlusses zur Reform des Emissionshandels dringend auch ein frühes Ende der kostenlosen Zuteilung unterstützen sollten“.

Klimaschutzpartnerschaften mit betroffenen Handelspartnerländern gefragt

Auch in Hinblick auf den Beitrag des CO2-Grenzausgleichs zu mehr internationaler Klimaschutzkooperation und Klimagerechtigkeit zeigt sich Germanwatch enttäuscht. „Der Beschluss enthält weder eine Ausnahmeregelung für die ärmsten Staaten noch eine belastbare Zusage für eine Unterstützung besonders betroffener Handelspartnerländer“, sagt Gläser. „Die Einnahmen aus dem Grenzausgleich sollten genutzt werden, um ärmere Handelspartner durch den demnächst zu beschließenden Solidaritätsfonds auf ihrem Weg Richtung Klimaneutralität zu unterstützen und nicht im EU-Haushalt aufgehen. Die EU sollte zudem für Klimagerechtigkeit und eine höhere internationale Akzeptanz des CBAM mit besonders betroffenen Handelspartnerländern Klimaschutzpartnerschaften als wichtiges flankierendes Instrument eingehen.“ Nach der Einigung der Finanzminister bestehe die Gefahr, dass der Grenzausgleich im Ausland als konfrontativer Protektionismus wahrgenommen wird, mithilfe dessen die EU auf Kosten ärmerer Staaten ihren Haushalt sanieren will.

Auch was die Sektorenabdeckung angeht, blieben die Finanzminister hinter den Erwartungen zurück. „Hier hatte das Europaparlament einen guten Vorschlag gemacht, der eine größere Zahl an Sektoren vorsieht. Die Mitgliedstaaten unterstützen nun jedoch den ängstlichen Vorschlag der Kommission, in dem wichtige Sektoren wie Wasserstoff und Plastik fehlen“, so Gläser.

Rat, Parlament und Kommission sollten in den anstehenden Trilog-Verhandlungen den Grenzausgleich so nachbessern, dass er die Industrietransformation sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU beschleunigt und dabei nicht zu Lasten der ärmsten Staaten geht. Zudem muss der CO2-Grenzausgleich im nächsten Schritt mit einem nicht exklusiven Klimaclub verzahnt werden um Synergieeffekte für Klimagerechtigkeit, Klimaambition und Wettbewerbsschutz zu erzielen. Hier ist nun insbesondere die deutsche Bundesregierung in ihrer Koordinierungsrolle gefragt.

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