Finanzen / Bilanzen

Industrie warnt vor Folgen eines Lieferstopps bei Gas-Knappheit

Müsste die Metall- und Elektroindustrie auf Erdgas verzichten, könnte das Krankenhäuser, Wasserbetriebe, Energieversorger oder Telekommunikationsanbieter ernsthaft bedrohen. Diese Unternehmen der sogenannten kritischen Infrastruktur müssten binnen kurzer Frist auf Maschinen, Ersatz- und Verschleißteile verzichten, die in den Metallbetrieben hergestellt werden. Vor dieser Gefahr warnt der Verband der Metall- und Elektroindustrie in Berlin und Brandenburg (VME). Eine aktuelle Umfrage unter den VME-Mitgliedsbetrieben zeige, dass die Branche intensiv für die kritische Infrastruktur arbeite und mithin unverzichtbar sei, sagte VME-Hauptgeschäftsführer Christian Amsinck am Mittwoch in Berlin.

„Unsere Firmen haben enge Lieferbeziehungen zu nahezu allen Branchen der kritischen Infrastruktur. Sollten wir kein Gas mehr bekommen und die Produktion stoppen müssen, steht die Arbeitsfähigkeit vieler Kunden auf der Kippe. Die M+E-Industrie im Falle eines Embargos oder eines Lieferstopps von der Versorgung abzuschneiden, könnte eine Kettenreaktion auslösen.“ Hintergrund: Nach der gegenwärtigen Rechtslage muss die Industrie bei einem Gas-Engpass grundsätzlich als erstes auf die Belieferung mit dem Rohstoff verzichten.

Der VME-Umfrage zufolge arbeiten 80 Prozent der M+E-Firmen in der Hauptstadtregion für unverzichtbare Unternehmen aus den Sektoren Energie, Ernährung, Finanzen und Versicherungen, Gesundheit, Informationstechnik und Telekommunikation, Medien und Kultur, Abfallentsorgung, Verwaltung, Transport und Verkehr sowie Wasserwirtschaft. Jedes zweite der Unternehmen gab an, mehr als 60 Prozent seines Umsatzes mit den Branchen der kritischen Infrastruktur zu erzielen. Bei jedem sechsten Betrieb liegt der Anteil zwischen 30 und 60 Prozent, bei jeder dritten M+E-Firma bei bis zu 30 Prozent.

Für die Abhängigkeit der kritischen Infrastruktur von der Metall- und Elektroindustrie gebe es eine Reihe von Beispielen, erläuterte Amsinck weiter. „Wir sorgen dafür, dass die Waschmaschinen in den Krankenhaus-Wäschereien funktionieren, wir warten die Röntgengeräte, wir liefern Ersatzteile für Generatoren, Windkraftanlagen und Wasserwerke, wir halten die Internet-Knotenpunkte am Laufen und wir ersetzen die Verschleißteile an Polizeiautos und Feuerwehrwagen“, sagte Amsinck. „Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen.“ Darum spreche vieles dafür, die M+E-Industrie so lange wie möglich mit Gas zu versorgen. „Die Betriebe sofort und in der Breite von der Versorgung abzukoppeln, sobald es an Energie fehlt, ist nicht zu Ende gedacht. Wir brauchen ein differenziertes Herangehen und möglicherweise eine Änderung des Notfallplans Gas der Bundesregierung“, forderte er.

Kurzfristig auf Erdgas verzichten kann die große Mehrheit der M+E-Betriebe nicht, ergab die Umfrage weiter. Neun von zehn Betrieben teilten mit, dass eine Substitution in ihrer Produktion nicht möglich sei. 40 Prozent der Unternehmen setzten Gas für industrielle Prozesse ein. Auch eine Reduzierung des Verbrauchs hält die Branche für schwierig. 60 Prozent der befragten Firmen bezeichneten eine Drosselung des Gas-Einsatzes als unmöglich. 40 Prozent hielten es zwar für denkbar – bei vier von zehn dieser Firmen sei dann allerdings mit Schäden an den Produktionsanlagen zu rechnen.

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