Gesundheit & Medizin

„Wir wollen keine Investoren-Medizin“

Mit Erleichterung und Zustimmung haben Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) aktuelle Äußerungen von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach zu Investoren in der Zahnheilkunde zur Kenntnis genommen.

Lauterbach hatte in einem Interview mit der Wochenzeitung „Zeit“ unter anderem gesagt: „Bislang beobachten wir, dass internationale Firmen zum Beispiel Praxen in der Augenheilkunde, von Zahnärzten und in der Dialyse übernehmen, um damit Geld zu machen. Das müssen wir dringend unterbinden. Wir wollen keine Investoren-Medizin. Medizin ist eine Fürsorge auf Grundlage der Wissenschaft. Keine Ware des Kapitalismus. Wir haben in allen Bereichen zu viel Ökonomie und zu wenig Medizin, ob in den Krankenhäusern, durch die Fallpauschalen, bei den Medikamenten, wo es ebenfalls heißt: Hauptsache, billig, und jetzt auch bei den Arztpraxen, wo nun billige Massenabfertigung droht. Das muss aufhören. Wir sind zu weit gegangen.“

Dr. Wolfgang Eßer, Vorsitzender des Vorstands der KZBV, kommentiert die Aussagen des Ministers wie folgt:

„Die Worte von Herrn Lauterbach unterstreichen den politischen Handlungsbedarf, den wir seit Jahren gegenüber der Politik anmahnen und den auch die Gesundheitsministerinnen und -minister der Länder einstimmig sehen. Die weiterhin dynamische Ausbreitung und die konkreten Gefahren von investorenbetriebenen Medizinischen Versorgungszentren für die Patientenversorgung belegen unsere detaillierten Analysen und Gutachten in aller Deutlichkeit. Wir erwarten, dass auf die Worte des Bundesgesundheitsministers jetzt auch schnellstens Taten in Form gesetzlicher Maßnahmen folgen. Der Zustrom großer Finanzinvestoren und Private Equity über den Aufkauf von meist kleinen und maroden Krankenhäusern und der damit einhergehenden Möglichkeit zur Gründung von iMVZ muss gestoppt werden. Wenn überhaupt sollten Krankenhäuser künftig nur dann innerhalb eines bestimmten räumlichen Einzugsbereiches um das Krankenhaus herum berechtigt sein, zahnärztliche MVZ zu gründen und nur, wenn sie auch schon vorher an der zahnärztlichen Versorgung beteiligt waren. Neben dieser räumlich-fachlichen Gründungsbeschränkung braucht es dringend mehr Transparenz im Investoren-Dickicht. Diese Maßnahmen sollten schnellstmöglich Teil eines Gesetzgebungsverfahrens aus dem BMG sein. Herr Minister, Sie sind am Zug!“

Prof. Dr. Christoph Benz, Präsident der BZÄK:

„Die Aussagen unseres Gesundheitsministers können wir uneingeschränkt unterstützen. Wir freuen uns sehr, dass im Bundesgesundheitsministerium das Bewusstsein für die Gefahren dieses Ausverkaufs der Medizin da ist. Die völlige Vergewerblichung der Zahnmedizin und Medizin muss endlich ein Ende haben! Schon in der ARD-Sendung „Panorama“ im April 2022 wurde dokumentiert, dass Umsatzdruck auf von den Investoren angestellte Zahnärztinnen und Zahnärzte zu erheblichen Über- und Fehlbehandlungen führen kann. In der Zahnheilkunde darf nicht der betriebswirtschaftliche Geschäftsführer über Therapien entscheiden, sondern allein der Zahnmediziner frei von wirtschaftlichem Druck und Optimierungstendenzen. Fonds aus aller Welt haben den deutschen „Medizinmarkt“ als Renditeobjekt entdeckt und haben ihre zahnmedizinischen Investoren-MVZ (iMVZ) zu mehr als 80 Prozent in den kaufkräftigen Großstädten gegründet. Zur Versorgung in unterversorgten ländlichen Bereichen oder von vulnerablen Gruppen tragen sie mangels ausreichender Renditeerwartung kaum etwas bei. Wir haben konkrete Vorschläge zur Regulierung der ungebremsten Ausbreitung der iMVZ gemacht und stehen dem BMG für Gespräche dazu jederzeit zur Verfügung.“

Weitere Informationen zu iMVZ können auf den Websites von BZÄK und KZBV abgerufen werden.

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