Gesundheit & Medizin

Tag des Notrufs am 11.2.: Der Mensch am anderen Ende – Die Arbeit in der Leitstelle des Vogelsbergkreises

Nachts kurz auf Toilette, der Stolperer über die Teppichkante, ein Sturz und vielleicht ein gebrochener Oberschenkelhals. Die Ehefrau ruft die 112 an – und erreicht Einsatzbearbeiter Kevin Tillich in der Zentralen Leitstelle des Vogelsbergkreises. Dieser hört zu, sagt sachlich und pragmatisch was zu tun ist, beruhigt und dirigiert von seinem Arbeitsplatz aus den Einsatz des Rettungswagens und die Zuweisung ins Krankenhaus.

Tillich hat Erfahrung darin, auch in stressigen und hektischen Einsatzlagen ruhig und professionell zu arbeiten: Schließlich blickt er auf insgesamt 18 Jahre Erfahrung als Zeitsoldat und Rettungsassistent zurück. In der Leitstelle arbeitet Tillich seit 2020, und hat zusätzlich eine Ausbildung zum Einsatzbearbeiter an der Landesfeuerwehrschule in Kassel abgeschlossen.

Sein Arbeitsplatz in der Leitstelle ist bestens vernetzt: Acht Bildschirme geben ihm ein umfassendes Bild zum Einsatzgeschehen. Fahrzeuge mit GPS-Sender, Wachenstandorte, oder Rettungspunkte sind schnell lokalisiert und auf verschiedenen Kanälen kann er Fahrzeugbesatzungen, Einsatzkräfte, Leitstellen anderer Landkreise, die Polizei oder die Krankenhäuser der Region kontaktieren. „Über das IVENA-System kann ich beispielsweise in Echtzeit die Belegung der Krankenhäuser einsehen, und mit der Rückmeldung der Einsatzkräfte zum Beispiel Notfallpatienten schon im passenden Haus anmelden und die Notaufnahme in Kenntnis setzen“, erklärt Tillich.

In seiner Zeit als Rettungsassistent hat er gelernt, worauf es im Notfall ankommt, wie man bei internistischen Notfällen, Schlaganfällen oder Herzinfarkten, handeln muss, und was bei Verkehrsunfällen zu tun ist. Diese Erfahrungen helfen ihm bei der Arbeit in der Leitstelle. Professionell und beruhigend kann er so den Menschen zur Seite stehen. „Gerade in Notsituationen funktioniert das am besten, wenn man den Einsatzbearbeitern die Gesprächsführung überlässt. Keiner muss Angst haben, beim Notruf wie in der Schule abgefragt zu werden“, stellt Tillich klar. Der Einsatzsachbearbeiter und seine 12 Kolleginnen und Kollegen sind in der Gesprächsführung geschult, wissen worauf es ankommt, welche Informationen sie benötigen und helfen weiter – allein in 2022 haben sie dies bei 25.000 Notrufen in der Leitstelle getan. Im Durchschnitt fast 70 Mal pro Tag, an 365 Tagen im Jahr.

Allerdings ist das nur ein Schwerpunkt der Arbeit in der Leitstelle: Denn auch die Einsätze der Feuerwehren im Kreisgebiet werden über die Zentrale Leitstelle koordiniert. „Auch dabei ist es sehr wichtig, welche Informationen wir von der Einsatzstelle bekommen. Wir versuchen die Menschen per Telefon abzuholen, um so möglichst viele für uns wichtige Informationen zusammenzutragen“, sagt Tillich. Der Standort, die Zahl der Menschen in Not, handelt es sich um einen medizinischen Notfall, ein Feuer, ein Unfall, „all das benötigen wir und hilft uns weiter. Denn auf diesem Wissen basiert das Einsatzstichwort, mit dem die Rettungskräfte alarmiert werden“, ergänzt er. Zum Beispiel steht „F 2 Y“ für einen Brand in Wohngebäuden mit Menschenleben in Gefahr oder „H2“ für einen „Unfall mit umgestürztem Fahrzeug ohne Menschenleben in Gefahr“. Danach werden dann Brand-, Hilfeleistungs- oder Rettungsdiensteinsätze über die Funkmeldeempfänger und gegebenenfalls über Sirenen weitergegeben und Einsatzkräfte alarmiert. Am Einsatzort koordinieren dann die Einsatzkräfte. „Wir sind allerdings noch immer im Spiel. Halten beispielsweise Kontakt zu den Menschen, die den Notruf abgesetzt haben, bis die Einsatzkräfte da sind, oder alarmieren weitere Einheiten nach, wenn es die Einsatzlage es erfordert“, sagt Tillich.

Die Verpflichtung, die die Mitarbeiter der Leitstelle haben, ist groß. Menschen – meist in absoluten Ausnahmesituationen – sind auf der Suche nach Hilfe. „Da tragen wir eine große Verantwortung. Wir müssen Entscheidungen treffen und Einsatzkräfte auf den Weg bringen“, sagt Tillich. Hin und wieder sind dabei auch ein rauerer Ton der Anrufer oder Bagatellanrufe zu verzeichnen. Oft sind diese Menschen dann auf der Suche nach medizinischem Rat oder wären beim Hausarzt richtig. Das komme vor, berichtet Tillich– auch wenn das nicht die originäre Aufgabe der Notrufnummer 112 ist. Trotzdem: zwischen „schon drei Wochen Rückenschmerz“, schlimmer Sturz in der Nacht, Telefonreanimation, Blechschaden oder Massenkarambolage auf der Autobahn – das Spektrum ist ein großes.

Für die Schicht am Tag des Notrufs am Samstag des 11.2. haben die Mitarbeiter der Vogelsberger Leitstelle nichts Besonderes geplant. Und auch wenn es keine 70 Anrufe am Tag wären – jeder einzelne wird professionell und konzentriert bearbeitet.

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