„Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick“
Zuletzt hatte sich die EKD 2007 in einer Denkschrift zur Friedensfrage geäußert. Sie zielte vor allem darauf ab, den alten Grundsatz „Wenn du den Frieden willst, bereite den Krieg vor“ zu überwinden und durch das Motto „Wenn du den Frieden willst, bereite den Frieden vor“ bzw. die Idee des „gerechten Friedens“ zu ersetzen. (2007, S. 52) Nun aber steht der „Schutz vor Gewalt im Zentrum“. Dementsprechend heißt es: „In Verteidigung muss investiert werden, denn sie dient dem Schutz von Menschen, Rechten und öffentlicher Ordnung.“ (2025, S. 13)
Auch im Hinblick auf die atomare Abschreckung weicht die neue Denkschrift von der vorangegangenen ab. Dort war zu lesen: „Aus der Sicht evangelischer Friedensethik kann die Drohung mit Nuklearwaffen heute nicht mehr als Mittel legitimer Selbstverteidigung betrachtet werden.“ (2007, S. 103) Nun aber wird erklärt: „Ethisch ist die Ächtung von Atomwaffen aufgrund ihres verheerenden Potenzials geboten. Der Besitz von Nuklearwaffen kann aber angesichts der weltpolitischen Verteilung dieser Waffen trotzdem politisch notwendig sein …“ (2025, S. 15)
Wie kommt die neue Denkschrift darauf? Zunächst nennt sie „vier Grundüberzeugungen des christlichen Glaubens …: 1. Jesus Christus hat den vollständigen Verzicht auf Gewalt gelehrt. 2. Sein Gebot der Nächsten- und Feindesliebe ist unser ethisches Leitbild. 3. Jeder Mensch ist ein gleichberechtigtes Geschöpf Gottes. 4. Wir leben in einer unerlösten Welt.“ Dann aber behauptet sie, dass „radikale Gewaltfreiheit nur die ethische Entscheidung von Einzelnen oder kirchlichen Gemeinschaften sein“ könne. Der Pazifismus sei zwar ein deutliches Zeichen des Friedens, lasse sich aber „als universale politische Ethik … nicht legitimieren.“ (2025, S. 34) Dabei wird auf das „Schutzgebot gegenüber den Nächsten“ hingewiesen, das es erforderlich mache, „denjenigen notfalls auch unter Androhung und Anwendung von Gewalt Einhalt zu gebieten, die das Leben, die Freiheit oder das Hab und Gut der Mitmenschen bedrohen.“ (2025, S. 31)
Die Friedensbotschaft Jesu provoziert
Aber muss Schutz ausschließlich militärischer Art sein? Und will christliche Friedensethik überhaupt eine „universale politische Ethik“ sein? Die Kirche Jesu Christi ist der Botschaft Jesu verpflichtet. Mit ihr wird sie provozieren und irritieren – und sollte das auch tun, weil Menschen dadurch auf andere Gedanken kommen.
Wie könnte sie das tun? Zum Beispiel, indem sie immer wieder erklärt, dass Krieg dem Willen Gottes widerspricht, in prophetischer Weise auf die Defizite und die unheilvollen Folgen der Idee hinweist, Krieg sei eine „Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln“, und ihre Mitglieder dazu aufruft, vom Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung Gebrauch zu machen.
In diesem Sinne hat die Freikirche der Siebenten-Tags-Adventisten im Dezember 1983 erklärt: „Durch die Existenz der Massenvernichtungssysteme ist der Mensch zum ersten Mal in der Geschichte imstande, die Erde zu vernichten oder unbewohnbar zu machen. Das wäre die Umkehr der guten Schöpfung Gottes, die Rückverwandlung der Welt in das Chaos. Wir lehnen heute Krieg in jeder Form ab und sehen deshalb in der Entwicklung, der Produktion, dem Besitz, der Drohung mit und dem Einsatz von diesen Waffen einen Verstoß gegen den Willen Gottes.“ Konsequenterweise sprach sich die Erklärung – stärker als alle Denkschriften der EKD – für die Kriegsdienstverweigerung aus: „Wir halten die im Grundgesetz verbriefte Möglichkeit, den Wehrdienst aus Gewissensgründen zu verweigern, für ein Grundrecht und raten, von diesem Recht Gebrauch zu machen.“
Gilt das noch? Auch innerhalb der adventistischen Freikirche sollte darüber geredet und dann auch gehandelt werden! Aufgrund der Diskussion über eine Wiedereinführung der Wehrpflicht baut die „Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Kriegsdienstverweigerung und Frieden“ (EAK), in der auch die adventistische Freikirche in Deutschland seit vielen Jahren mitarbeitet, wieder ein Beratungsnetzwerk auf. Das wird gebraucht – für die Jugendlichen in den Kirchen und darüber hinaus für alle, die darüber nachdenken.
Michael Mainka,
Pastor der Adventgemeinde Leben im Zentrum (Darmstadt),
Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) in Darmstadt, die seit Beginn des Kriegs in der Ukraine jeden Montag ein Ökumenisches Friedensgebet abhält.
Buchveröffentlichung zum Thema: „Da hilft nur noch beten!?… Biblische Impulse für Friedensgebete“
Quellen
- Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen. Eine Denkschrift des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (2007) Als kostenloses PDF: www.ekd.de/friedensdenkschrift-2025-91393.htm
- Welt in Unordnung – Gerechter Friede im Blick. Evangelische Friedensethik angesichts neuer Herausforderungen (2025) Als kostenloses PDF: www.ekd.de/friedensdenkschrift.htm
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