Finanzen / Bilanzen

„Geht es der Industrie schlecht, leidet die Region an Sieg und Rhein“

„Für die Zukunft unserer Region an Sieg und Rhein brauchen wir eine leistungsfähige und innovative Industrie, gerade auch unser einzigartiges Kunststoffcluster. Geht es der Industrie schlecht, leidet unsere Region.“ Peter Kuhne, Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg und Geschäftsführer der Kuhne Anlagenbau GmbH, unterstrich seine Aussagen beim heutigen Pressegespräch mit Zahlen zur Bedeutung der Industrie im IHK-Bezirk. Demnach erzielen über 330 Unternehmen mit fast 33.000 Unternehmen einen Umsatz von 7,5 Milliarden Euro. Die Lohnsumme beläuft sich auf rund 1,6 Milliarden Euro; Geld, das zu einem großen Teil in der Region bleibt. Das Kunststoffcluster Rhein-Sieg zählt über 130 Betriebe mit über 6.000 Beschäftigten und weist zahlreiche Weltmarktführer wie Siegwerk, Reifenhäuser, Kautex, Kuhne, Lemo oder Hennecke auf. Kuhne: „Die Kunststoffindustrie ist Teil der Lösung bei den großen Problemen, vor denen wir stehen: Klima, Gesundheit oder Ernährung. Wir arbeiten seit langem daran, das Verwerten und Minimieren von Kunststoffverpackungen so zu optimieren, dass etwa die Hygiene, Qualität und Haltbarkeit von Lebensmitteln erhalten bleibt. Kunststoffe sind, wie in den letzten Wochen deutlich geworden ist, für das Gesundheitswesen oder in der Medizintechnik unersetzlich.“

Die Einschränkungen infolge der Corona-Pandemie haben die regionale Industrie hart getroffen. Der Geschäftsklimaindex der Industrie fiel im Mai 2020 um 30 Punkte auf 67 Punkte. „Das ist der niedrigste Wert, der jemals gemessen wurde. Zu Anfang des Jahres betrug dieser noch 97 Punkte, Mitte 2018 noch 139 Punkte“, sagte IHK-Geschäftsführer Professor Stephan Wimmers. Nur 20 Prozent der Industrie schätzt ihre aktuelle Lage als gut ein. Die Erwartungen für gute Geschäfte in der Zukunft liegen bei lediglich 15 Prozent. Wimmers: „Besonders betroffen ist die exportorientierte Industrie. Dazu gehört auch der in der Region stark vertretene Maschinenbau, wo nur vier Prozent der Unternehmen von einer guten Lage sprechen.“

Die IHK begrüßt die Maßnahmen der Politik, um Bevölkerung und Mitarbeiter vor dem Virus zu schützen und Unternehmen durch Soforthilfen, Kredite und Liquiditätshilfen zu unterstützen. Kuhne: „Die Unsicherheit ist aber weiterhin groß, denn die Corona-Pandemie ist noch nicht überwunden. Zum Wiederanfahren benötigt die Industrie jetzt möglichst viel Planungssicherheit. Wir brauchen auch zusätzliche Investitionsanreize wie beispielsweise eine befristete Investitionszulage. Bleibt die Hilfe jetzt aus, wird es für viele Unternehmen richtig eng.“ Auf die Herausforderungen ging auch Wimmers ein: „Schnellstmöglich müssen internationale Wertschöpfungsketten wiederhergestellt und weiterhin unbürokratische Liquiditätshilfen bereitgestellt werden.“ Schnell wirksame und zielgerichtete Impulse, wie eine befristete Entlastung bei der EEG-Umlage oder die Ausweitung des Verlustrücktrags, unterstützen die Industriebetriebe in der Krise. Das Konjunktur- und Zukunftspaket enthalte hier Anreize für Investitionen in Forschung und Entwicklung, Digitalisierung und Klimaschutz.

Regional gehe es darum Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und Bürokratie abzubauen. Zudem sei die Verkehrsinfrastruktur – für Industrieunternehmen ein sehr wichtiger Standortfaktor – in einem schlechten Zustand. Wimmers: „Die Region kämpft seit Jahren mit steigenden Stauzeiten. Damit Lieferketten funktionieren und eine ressourceneffiziente „Just-in-time“-Produktion möglich ist, muss die Infrastruktur ertüchtigt und Angebote für Pendler geschaffen werden.“ Weiterhin spricht sich die IHK für ausreichende Gewerbeflächen in der Region aus, damit die Industrie weiter wachsen könne.

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