Finanzen / Bilanzen

Depression in der Tourismusbranche

Die Depression in der Tourismusbranche Bonn/Rhein-Sieg erreicht einen neuen Höchststand, die Geschäftslage ist besorgniserregend schlecht. Das ist das Ergebnis der aktuellen Tourismusumfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Bonn/Rhein-Sieg unter 630 Unternehmen aus den Branchen Gast- und Reisegewerbe (Reisebüros, Reiseveranstalter, Personenbeförderung, Event etc.). Hierüber kann auch nicht die begonnene Entspannung bei der Anzahl der Übernachtungen in August und September 2020 hinwegtäuschen. Demnach bewerten acht von zehn Unternehmen ihre derzeitige Lage als schlecht, 17 Prozent beurteilen sie als befriedigend und nur drei Prozent der Betriebe bezeichnen ihre Lage als gut. Innerhalb des Sektors gibt die Reisebranche eine noch deutlich schlechtere Bewertung der Lage als das Gastgewerbe ab, 90 Prozent der befragten Reiseunternehmen sehen sie als schlecht an. „Die Stimmung in der Branche befindet sich auf einem nie dagewesen Tiefpunkt“, erläutert IHK-Vizepräsidentin Ruth Winterwerp-van den Elzen: „Verschärfend hinzu kommt noch, dass die Umfrage Ende Oktober 2020 abgeschlossen wurde und der derzeitige Teil-Lockdown zum Teil noch gar nicht mitberücksichtigt werden konnte.“

Die IHK spricht sich mit Blick auf die aktuelle Situation für eine Aussetzung der Beherbergungssteuer in der Bundesstadt Bonn bis Ende 2021 aus, um kurzfristig Anreize für Touristen in Bonn zu schaffen und den betroffenen Unternehmen etwas Entlastung zu bringen. Der Geschäftsreise-Tourismus konnte sich den ganzen Sommer über kaum spürbar erholen. Auch die während der Sommermonate gestiegene Nachfrage der Freizeittouristen konnte die ausgefallenen Umsätze durch den Einbruch im Business-Segment nicht ausgleichen. Während der Kreis im Bereich Naturtourismus gut punkten konnte, gelang das in Bonn nur wenigen Übernachtungsbetrieben. „Das Reisegewerbe konnte sich seit dem ersten Lockdown so gut wie gar nicht erholen – die verunsicherten Kunden stornierten oder verschoben eine Reise nach der anderen. Geplante geschäftliche Events und private Feiern wurden abgesagt“, so IHK-Geschäftsführer Professor Dr. Stephan Wimmers: „Trotz der staatlichen Unterstützungsmaßnahmen befürchten wir etliche Geschäftsaufgaben und Insolvenzen.“

Für die kommenden Monate erwarten nur rund neun Prozent der Unternehmen eine günstigere Geschäftsentwicklung. 19 Prozent der Unternehmen rechnen in den kommenden Monaten mit gleichbleibenden Geschäften. Jedoch befürchten sieben von zehn der befragten Unternehmen eine rückläufige Geschäftsentwicklung. Wimmers: „Darin spiegeln sich der Lockdown, aber auch die üblicherweise ruhigen Wintermonate in der Region wider. Es ist zurzeit fraglich, ob das Gastgewerbe während des Winters noch öffnen darf.  Reisen werden zurzeit von kaum jemandem unternommen. Damit darf auch die Reisebranche keine ausreichende Geschäftstätigkeit erwarten.“ Die Situation spiegelt sich dann auch in dem historisch niedrigen Geschäftsklimaindex im Tourismusgewerbe mit 29,3 Punkten, weit unterhalb des Niveaus der Gesamtwirtschaft im IHK-Bezirk (87,9), wider.

Aktuell beabsichtigen nur 48 Prozent der befragten Unternehmen zu investieren. Hauptmotiv für die Investitionen ist vor allem im Gastgewerbe die Modernisierung (72 Prozent). Hier spielt insbesondere die Digitalisierung der Betriebe eine große Rolle. Immer mehr Veranstaltungen, aber auch Buchungs- und Reservierungsvorgänge finden heutzutage über digitale Wege statt. Fast die Hälfte (48 Prozent) der befragten Unternehmen planen mit weniger Beschäftigten. Bedingt durch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie ist ein zusätzlicher Ausbildungsstart am 1. Februar 2021 in der Hotellerie möglich.

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