Finanzen / Bilanzen

Saisonarbeitskräfte in der Landwirtschaft: Drohende Nachzahlungen sind Vergangenheit

Landwirte stellen häufig erst durch eine spätere Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung fest, dass ihre Saisonkräfte die Zeitgrenzen für kurzfristig Beschäftigte bei einem anderen Arbeitgeber bereits überschritten hatten. Sie müssen dann Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen. Das ändert sich jetzt.

Die Deutsche Rentenversicherung prüft über einen Betrachtungszeitraum von mindestens vier Jahren bei einer Betriebsprüfung, ob Saisonarbeiter die jeweils geltenden Zeitgrenzen (siehe Kasten) eingehalten haben. Hatten sie diese bei einem vorherigen Arbeitgeber bereits ausgeschöpft, muss der geprüfte Arbeitgeber Sozialversicherungsbeiträge nachzahlen. „Je nach Anzahl der geringfügig Beschäftigten eines Betriebs und für einen Zeitraum von bis zu vier Jahren kann das eine erhebliche Summe sein“, sagt Adelheid Holme, Rechtsanwältin bei Ecovis in Landshut. Da der Beitragsabzug gesetzlich auf die nächsten drei Lohnzahlungen des laufenden Arbeitsverhältnisses beschränkt ist, kann der Landwirt den Arbeitnehmeranteil vom Arbeitnehmer nicht zurückfordern. „Auch Schadensersatzansprüche gegenüber einer ausländischen Saisonarbeitskraft geltend zu machen, ist praktisch unmöglich“, erklärt Holme.

Lösung für Arbeitgeber in Sicht

Meldet ein Arbeitgeber eine Saisonkraft an, muss er ab 1. Januar 2022 mitteilen, wo die Saisonkraft krankenversichert ist. Im Gegenzug muss die Einzugsstelle mitteilen, ob für die beschäftigte Person aktuell oder zuvor im laufenden Kalenderjahr geringfügige Beschäftigungen bestehen oder bestanden haben. Das ist seit 1. Januar 2022 für die Einzugsstellen verpflichtend.

„Diese neue Regelung ist positiv für Landwirte. Der Personaleinsatz wird dadurch planbarer, und die Arbeitgeber können sich sicher sein, dass der Sozialversicherer später keine Nachzahlungen fordert“, sagt Holme. Einen Wermutstropfen gibt es aber doch: Liegen der Einzugsstelle bereits vorherige Meldungen eines anderen Arbeitgebers vor und überschreitet die geplante Tätigkeit die geltende Zeitgrenze, ist die Saisonarbeitskraft ab dem Zeitpunkt der Rückmeldung durch die Einzugsstelle sozialversicherungspflichtig anzumelden. Dadurch ergeben sich weitaus höhere Belastungen durch die zu zahlenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge, als wenn ein sozialversicherungsfreies Beschäftigungsverhältnis vorliegt.

„Landwirtschaftliche Arbeitgeber sollten ihre Saisonarbeitsverträge überprüfen lassen“, rät Holme. Im Vertrag ist festzuhalten, dass sie sich von Beschäftigten trennen können, wenn diese zu Beginn ihres kurzfristigen Beschäftigungsverhältnisses nicht angeben, ob sie davor schon in einem kurzfristigen Arbeitsverhältnis standen.

Gut zu wissen: Zeitgrenzen für kurzfristig Beschäftigte

  • Seit 1. Januar 2015 galt die Grenze von drei Monaten oder 70 Arbeitstagen.
  • Vom 1. März bis zum 31. Oktober 2020 galten fünf Monate oder 115 Arbeitstage.
  • Vom 1. März bis zum 31. Oktober 2021 waren es vier Monate oder 102 Arbeitstage.

Ob der Gesetzgeber die Zeitgrenzen für 2022 erneut ausweitet, ist noch nicht bekannt.

Adelheid Holme, Rechtsanwältin bei Ecovis in Landshut

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