Finanzen / Bilanzen

Tschechischer Premier heute zu Gast beim Ost-Ausschuss

  • Petr Fiala hält Key Note bei der Jahresveranstaltung
  • Tschechien zweitgrößter deutscher Wirtschaftspartner in Mittel- und Osteuropa
  • Neujustierung von Wertschöpfungsketten eröffnet neue Chancen
  • Ost-Ausschuss verstärkt Unterstützung der Ukraine

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft begrüßt heute Abend den tschechischen Premierminister Petr Fiala als Gastredner auf seiner Jahresveranstaltung in Berlin, die zum ersten Mal seit drei Jahren wieder physisch stattfindet. Der Regierungschef wird erstmals in der deutschen Öffentlichkeit das Programm der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft vorstellen, die am 1. Juli beginnt. Tschechien ist der elftgrößte Handelspartner Deutschlands weltweit und steht unter den 29 Ost-Ausschuss-Ländern bei Handel und Investitionen an zweiter Stelle. „18 Jahre nach dem Beitritt Tschechiens zur EU ist das Land ein industrielles Kernland Europas“, sagt der stellvertretende Ost-Ausschuss-Vorsitzende Hans-Ulrich Engel. „Von dieser Stärke profitiert auch die deutsche Wirtschaft.“ Deutsche Unternehmen haben dort über 26 Milliarden Euro investiert und dabei 350.000 Jobs geschaffen.

„Die deutsch-tschechischen Wirtschaftsbeziehungen sind eine europäische Erfolgsgeschichte“, sagt Engel. Die deutsche und die tschechische Wirtschaft kooperierten bereits sehr erfolgreich in Forschung und Entwicklung und der Industrie 4.0. „Es gibt kaum ein anderes Land, mit dem die deutsche Wirtschaft derart eng verbunden ist“, so Engel. Zugleich stünden beide Länder vor gemeinsamen Herausforderungen wie der Fachkräfteverfügbarkeit und einer sicheren und nachhaltigen Energieversorgung. „Tschechien hat die niedrigste Arbeitslosenquote in der ganzen EU“, sagt der stellvertretende Ost-Ausschuss-Vorsitzende. „Dieser Erfolg hat auch eine Kehrseite, denn Facharbeiter sind knapp.“ Hier seien gemeinsame Anstrengungen zur Qualifizierung von Arbeitnehmern nötig. Ein gemeinsames Arbeitsfeld eröffne sich auch im Energiesektor, etwa durch den Bezug von LNG und perspektivisch auch von Wasserstoff über die deutschen Seehäfen. „Nur mit einer Energiewende in Tschechien und anderen Ländern der Region wird es einen erfolgreichen Green Deal in Europa geben“, sagt Engel. Der Ost-Ausschuss werde dazu eine ‚Kontaktstelle Green Deal‘ einrichten, die deutsche Unternehmen beim Zugang zu Energie- und Klimaprojekten in Osteuropa unterstützen und Kooperationsprojekte anbahnen soll.

Russischer Überfall auf die Ukraine als Einschnitt

Den russischen Überfall auf die Ukraine bezeichnet Engel als „tiefen Einschnitt für Europa, für die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland und damit auch für die Arbeit des Ost-Ausschusses“. Der 1952 gegründete Verband begeht in diesem Jahr sein 70-jähriges Jubiläum. Es werde künftig darum gehen, die globalen Wertschöpfungsketten neu zu justieren. Dies eröffne mittelfristig neue Chancen nicht nur für Tschechien und andere östliche EU-Mitglieder, sondern auch für die Nachbarländer der EU im Osten. Globale Herausforderungen wie der Klimawandel oder die Sicherung der Welternährung, aber auch die Erhaltung unseres Wohlstands machten internationale wirtschaftliche Kooperation auch mit schwierigen Ländern und Märkten unumgänglich. „Kooperation ja – aber in klaren Grenzen und ohne einseitige Abhängigkeiten, das muss eine Lehre aus diesem Jahr 2022 sein“, sagt Engel. „Ich persönlich bin davon überzeugt, dass Abschottung und der Abbruch von Handelsbeziehungen diese Welt nicht sicherer und friedlicher machen.“ Gerade die weltweit engagierten deutschen Unternehmen seien Botschafter für das europäische Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell und schüfen damit Werte im doppelten Sinne des Wortes.

Ost-Ausschuss richtet Service Desk für die Ukraine ein

Ein Schwerpunkt der Ost-Ausschuss-Arbeit wird die Unterstützung der Ukraine bei der Instandsetzung der zerstörten Infrastruktur und dem Wiederaufbau sein. Der Ost-Ausschuss hat daher beschlossen, sein Engagement für die Ukraine zu institutionalisieren. „Über die bereits laufenden Initiativen wie die Sammlung von Spenden, Integrationsmaßnahmen für Geflüchtete und Initiativen zur Instandhaltung des ukrainischen Energiesektors hinaus wird der Ost-Ausschuss dazu kurzfristig einen ‚Service Desk Ukraine‘ einrichten“, sagt die stellvertretende Ost-Ausschuss-Vorsitzende Cathrina Claas-Mühlhäuser. Ziel sei es, deutsche und ukrainische Unternehmen noch schneller und effizienter miteinander zu vernetzen, um die Wiederherstellung der ukrainischen Infrastruktur zu beschleunigen. „Die deutsche Wirtschaft steht bereit, die weitere Integration der Ukraine in den europäischen Markt und den Wiederaufbau des Landes tatkräftig zu unterstützen“, sagt Claas-Mühlhäuser. Dazu gab es gestern bereits ein Ost-Ausschuss-Treffen mit Oleksij Tschernyschow, dem Sondergesandten des ukrainischen Präsidenten für den Wiederaufbau. „Das größte Flächenland Europas mit über 40 Millionen Einwohnern und vielen gut ausgebildeten Fachkräften wird ein immer wichtigerer Wirtschaftspartner für Deutschland werden“, sagte Claas-Mühlhäuser. „Im Bereich der Autozulieferung und bei einigen Agrarprodukten ist die Ukraine schon heute systemrelevant.“

Zur Jahresveranstaltung werden rund 250 Vertreter aus Diplomatie, Politik, Wirtschaft Mitgliedsunternehmen und von deutschen Auslandshandelskammern, darunter der AHKs in Tschechien und der Ukraine, erwartet, mit denen der Ost-Ausschuss eng kooperiert. Im Rahmen einer Spendenaktion für die Ukraine sorgt die Sängerin Susanna Chakhoian von der ukrainischen Nationaloper für die musikalische Untermalung der Veranstaltung.

Über den Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V.

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V. (gegründet 1952) fördert die deutsche Wirtschaft in den 29 Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas, des Südkaukasus und Zentralasiens. Der deutsche Osthandel steht insgesamt für rund ein Fünftel des gesamten deutschen Außenhandels und ist damit bedeutender als der Handel mit den USA und China zusammen. Der Ost-Ausschuss hat rund 350 Mitgliedsunternehmen und -verbände und wird von sechs Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft – BDI, BGA, Bankenverband, DIHK, GDV und ZDH – getragen.

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