Energie- / Umwelttechnik

Perspektive der Fernwärme: Energieeffizienzverband AGFW, Hamburg Institut und Prognos AG stellen neue Studie vor

Im Rahmen einer Online-Veranstaltung mit 250 Teilnehmern haben gestern der Energieeffizienzverband AGFW als Auftraggeber sowie das Hamburg Institut und die Prognos AG die neue Studie „Perspektive der Fernwärme – Aus- und Umbau städtischer Fernwärme als Beitrag einer sozial-ökologischen Wärmepolitik“ vorgestellt. Die neue Studie beschäftigt sich mit den Rahmenbedingungen, die für den kontinuierlichen Ausbau der urbanen Fernwärme und deren Vergrünung in Deutschland notwendig sind. So könne der Anteil der Fernwärme in städtischen Gebieten durch den Ausbau und die Verdichtung der Wärmenetze langfristig auf etwa 30 Prozent des Wärmebedarfs der Gebäude gesteigert werden. Stimmten die Förderkonditionen, könne zudem die Zielmarke von 45 Prozent erneuerbarer Wärme bis 2030 erreicht werden. 

Wohnungswirtschaft begrüßt Aus- uns Umbau der Fernwärme

Zu den Mitwirkenden der Veranstaltung gehörte unter anderem Axel Gedaschko, Präsident des GdW Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Gerade für die Wohnungswirtschaft sei die Studie und das darin gezeigte Potential der Fernwärme ein „extrem wichtiger Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität“. Gedaschko: „Zum einen sind fast 50 Prozent der Wohnungsbestände der mehr als 3.000 Mitgliedsunternehmen des GdW an die Fernwärme angeschlossen. Zum anderen zeigt sich leider immer deutlicher, dass trotz aller Investitionen in die Energieeffizienz weder der Energieverbrauch, noch der CO2-Footprint der Wohnungen wie eigentlich erwartet absinken. Es wird vielmehr immer klarer, dass deutlich mehr Energie für Raumwärme und Warmwasser benötigt wird als theoretisch berechnet. Daher kommt dem letztlich bezahlbaren Umbau der Fernwärmesysteme eine herausragende Bedeutung für einen sozial vertretbaren Pfad zur Erreichung der Klimaziele zu.“

33 Milliarden Investitionen insgesamt nötig – Förderbedarf von jährlich 1,8 Milliarden Euro 

Um den angestrebten Aus- und Umbau der Fernwärme auf 30 Prozent des Wärmebedarfs von Gebäuden in urbanen Räumen und einem Anteil erneuerbarer Wärme von 45 Prozent bis 2030 zu erreichen, haben die Autoren der Studie einen Gesamtinvestitionsbedarf von rund 33 Milliarden Euro errechnet. „Im Zeitraum bis 2030 ergibt sich zur Schließung der Wirtschaftslücke ein Fördermittelbedarf etwa 1,8 Milliarden Euro pro Jahr“, erklärt Marco Wünsch, Principal bei der Prognos AG.

Die Wärmegestehungskosten für Wärme aus erneuerbaren Energien lägen heute noch höher als die von Wärme aus fossilen Brennstoffen. Auch würden künftig mehr Wärmespeicher benötigt. Bestehende Instrumente wie das KWKG oder EEG deckten zum Teil Elemente des Ausbaus und der Transformation der Wärmenetze ab, beispielsweise die Förderung des Wärmenetzausbaus im KWKG. Die Förderung sei aber sowohl im KWKG als auch im EEG an die Stromerzeugung gekoppelt, so Wünsch. Erneuerbare Wärme werde mit diesen Gesetzen nur indirekt und in Verbindung mit der Stromproduktion gefördert. „Investitionen im Fernwärmebereich werden mit einer längerfristigen Perspektive getroffen. Für die Stadtwerke und Wärmenetzbetreiber sind daher verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit wichtig, um die notwendigen Investitionsentscheidungen treffen zu können.“

Fernwärme ermöglicht sozialverträgliche Dekarbonisierung des Wärmesektors

Das geplante Programm „Bundesförderung effiziente Wärmenetze“ besitze das Potenzial, die bestehende Förderlücke im Bereich der erneuerbaren Fernwärmeerzeugung zu schließen – sofern die Ausgestaltung realistisch erfolge, betont Christian Maaß, Geschäftsführer des Hamburg Instituts. Eine ausreichende Fördermittelausstattung sei wesentlich für den Erfolg des Fernwärmeausbaus in den kommenden Jahren. „Vor allem in Anbetracht der perspektivisch steigenden Kosten für fossile Heizenergieträger und der oft hohen spezifischen Kosten für tiefgehende energetische Gebäudesanierungen ist die Erzeugung und Verteilung erneuerbarer Wärme ein sozialverträgliches Mittel zur Dekarbonisierung des Wärmesektors“, so Maaß. „Der Ausbau erneuerbarer Wärmeversorgungsstrukturen unterstützt eine Form der Wärmeerzeugung, die auf lokalen Ressourcen basiert und durch langjährige Wärmeliefer-Verträge abgesichert ist.“

Energiewirtschaft stellt sich Verantwortung, bedarf aber politischer und wirtschaftlicher Unterstützung

Für AGFW-Geschäftsführer Werner Lutsch stellt die neue Studie die logische Weiterentwicklung der viel beachteten 70/70- und 40/40-Strategien des AGFW dar. „Fernwärme aus einem stetig wachsenden Anteil erneuerbarer Energien bildet eine der Schlüsseltechnologien für das Gelingen der Wärmewende in Deutschland.“ Besonders im Gebäudesektor stecke enormes Potenzial. Dieser müsse bis spätestens 2050 klimaneutral versorgt werden, um die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 90 Prozent oder mehr zu senken. „Mit der Studie zeigen wir, welcher Investitionsbedarf auf die Energieversorger und Stadtwerke zukommt und welche Förderkulissen für einen effizienten Aus- und Umbau der Fernwärmeversorgung in Deutschland notwendig sind. Hier sehen wir die Politik in der Pflicht, die Rahmenbedingungen passgenau zu gestalten, indem beispielsweise Förderprogramme mit einer langfristigen Perspektive und einer ausreichenden finanziellen Ausstattung geschaffen werden. Die Energiewirtschaft ist sich ihrer Verantwortung bewusst, kann sich diesen großen Herausforderungen aber nicht allein stellen.“

Weitere Informationen zur neuen Studie finden Sie unter www.agfw.de

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